Finale der Frauenfußball-WM:Furiose US-Girls entthronen Japan

  • Nach 1991 und 1999 gewinnen die US-Frauen zum dritten Mal die Fußball-Weltmeisterschaft.
  • Den Grundstein zum 5:2 gegen Japan legen vier Tore in den ersten 16 Minuten.
  • Überragende Spielerin des Finales ist Kapitänin Carli Lloyd mit drei Treffern.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Frauenfußball-WM.

Von Kathrin Steinbichler, Vancouver

Gegen 18.15 Uhr Ortszeit brach im BC Place Stadion von Vancouver ein Jubelsturm los, der wohl bis weit in den Pazifik hinein zu hören war.

Es war der Moment, in dem US-Rekordstürmerin Abby Wambach gemeinsam mit Teamkollegin Christie Rampone den WM-Pokal in die Höhe stemmen durfte. 16 Jahre nach dem WM-Sieg der legendären Generation um Mia Hamm feierten die USA damit ihren dritten Triumph im Frauenfußball und vor 53 341 lauthals jubelnden Zuschauern die Rückkehr an die Weltspitze.

Schon Stunden vor dem Spiel ging es los mit der Überflutung der Innenstadt von Vancouver: Tausende angereiste Fans aus den Staaten tauchten die Straßen rund um das BC Place Stadion in ein rot-weiß-blaues Meer. Wann immer eine Fangruppe auf eine andere traf, gellte ein lautes Kreischen über die Straße, dann zogen die Gruppen gemeinsam weiter bis zu dem eindrucksvollen Oval am 777 Pacific Boulevard.

Lloyds frühe Tore schocken Japan

Die Fans aus den USA, so viel war klar, waren nicht nur erwartungsvoll, sondern auch absolut gewillt, ihre Mannschaft zum dritten Weltmeister-Titel nach 1991 und 1999 zu schreien. Kaum waren die Hymnen vor dem Anpfiff verklungen, setzte sich der auf- und abschwellende Stimmenorkan auch im Stadion fort.

US-Nationaltrainerin Jill Ellis vertraute bei der Neuauflage des WM-Finales von 2011 erneut der Elf, die schon im Halbfinale gegen Deutschland eine starke Leistung gezeigt hatte. Und wie schon gegen Deutschland durfte Spielführerin Carli Lloyd dank der Hereinnahme von Morgan Brian erneut eine etwas offensivere Rolle im Mittelfeld einnehmen.

Das Vertrauen in Lloyds Durchschlagskraft und Siegeswillen zahlte sich unmittelbar aus: Mit einem Hattrick in den ersten 16 Minuten des Spiels verschaffte Lloyd ihrer Mannschaft einen Start in dieses Endspiel, der zu ungläubig aufgerissenen Augen führte.

Schon in der 3. Minute ging es los mit dem Offensivsturm: Brian Morgan holte für die USA den ersten Eckball heraus, Megan Rapinoe schlug den Ball scharf in den Strafraum. Und plötzlich sprintete aus dem Rückraum Lloyd heran und setzte den Ball mit Überzeugung zum 1:0 ins Netz.

Zwei Minuten später trat Lauren Holiday einen Freistoß vor das japanische Tor, wieder war es Lloyd, die an der richtigen Stelle war und sich mit dem Abschluss zum 2:0 belohnte (5.). Nach dem ausgelassenen Jubel beim 1:0 blickten sich die Zuschauer ungläubig an, während Lloyd im Sprint auf die Auswechselbank zulief und dort in einem Pulk von Spielerinnen verschwand: Sollte der Traum vom dritten Titel, von dem das Team seit Monaten gesprochen hatte, sich wirklich so einfach erfüllen?

Offenbar, denn schon in der 14. Minute setzte Holiday mit ihrem satten Torschuss zum 3:0 den unwiderstehlichen Sturmlauf des US-Teams fort. Japans Trainer Norio Sasaki dagegen war bedient, die Defensive seiner Mannschaft löste sich auf wie Matcha-Teepulver in heißem Wasser. Japans Spielführerin Aya Miyama sammelte ihre Mannschaft daraufhin am eigenen Strafraum, so konnte es nicht weitergehen.

Kurioses Traumtor

Doch schon zwei Minuten später jubelten die USA erneut: Carli Lloyd luchste im Mittelfeld ihrer Gegenspielerin den Ball ab, lief damit noch ein, zwei Meter in die gegnerische Hälfte und zog einfach kurz hinter der Mittellinie ab. Torfrau Kaihori stand zu weit vor ihrem Kasten, streckte sich, kam mit der Hand auch noch heran, konnte aber nicht verhindern, dass der Ball vom Innenpfosten ins Netz trudelte (16.).

Lloyd lief nach ihrem kuriosen Traumtor direkt zu Hope Solo, ihrer Torfrau und Zimmergenossin, und umarmte sie, bevor die Meute die beiden erreichte. Noch nach dem Halbfinale gegen Deutschland hatte Lloyd gesagt: "Wir sind nicht hier, um Zweiter zu werden. Ich möchte ein Vermächtnis hinterlassen und die Leute sollen sich an mich erinnern." Das dürfte der 32-Jährigen mit diesem WM-Finale gelungen sein.

Plötzlich entdeckten jedoch auch die Japanerinnen, dass sie zum Fußballspielen hier waren: Rumi Utsugi traute sich auf dem Flügel endlich in einen Zweikampf und flankte auf Yuki Ogimi. Die Stürmerin des VfL Wolfsburg schüttelte Julie Johnston durch eine simple Körperdrehung ab und traf zum 1:4-Anschluss (27.).

Am Ende darf Abby Wambach noch aufs Feld

Trainer Norio Sasaki hatte genug und ließ ein erstes Mal wechseln: Homare Sawa, die Grande Dame des japanischen Frauenfußballs, kam nach etwas mehr als einer halben Stunde für Innenverteidigerin Azusa Iwashimizu, die an den ersten drei Gegentoren beteiligt war. Dafür rückte Mittelfeldspielerin Mizuho Sakaguchi in die Abwehrkette ein (33.). Schon sechs Minuten später wechselte Sasaki erneut: Stürmerin Yuika Sugasawa sollte jetzt anstelle von Mittelfeldspielerin Nahomi Kawasumi für mehr offensive Durchschlagskraft sorgen.

Japan kam jetzt verstärkt nach vorne, doch nicht zu guten Chancen, so ging es in die Halbzeitpause. Nach dem Seitenwechsel allerdings sorgte der Titelverteidiger zunächst für einen gehörigen Schreck im Stadion: Nach einer Flanke von Miyama zwang Sawa Johnston zum Zweikampf und in der Folge zum Eigentor - unvermittelt war da der 2:4-Anschlusstreffer (52.), und plötzlich lag wieder etwas Spannung in der Luft. Allerdings nur für zwei Minuten - dann sorgte Tobin Heath mit ihrem 5:2 nach einer Ecke endgültig für die Entscheidung (54.).

Der größte Applaus aber brandete auf, als sich in der 79. Minute Abby Wambach anschickte, an der Partie teilzunehmen. Und unmittelbar, nachdem die 35-Jährige auf den Rasen gelaufen war, ging Spielführern Carli Lloyd, die später als beste Spielerin der WM ausgezeichnet wurde, zu Wambach und legte der Rekordstürmerin die Kapitänsbinde um den Arm. Es war eine Geste des Respekts und der Ehrerbietung für eine verdiente Spielerin, die bei dieser WM die Rolle als Ersatzspielerin angenommen und ihrem Team damit Geschlossenheit verschafft hatte.

"Wenn du bei der Weltmeisterschaft das beste Team sein willst, musst du die besten Mannschaften schlagen", hatte Abby Wambach vorab gesagt. Die USA haben bei dieser WM nicht nur die besten Mannschaften, sondern auch die eigene Vergangenheit besiegt.

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