Post:Lehrstück über Streiks

Der Tarifstreit zeigt, wo die Grenzen der Gewerkschaften liegen.

Von Detlef Esslinger

Nun geht der Streik bei der Post zu Ende, und man kann aus ihm eine Lehre ziehen: was eine Gewerkschaft erreichen kann, und was nicht. Kaum irgendwo hat Verdi so viele Mitglieder wie in diesem Konzern, schätzungsweise vier von fünf Beschäftigten gehören der Organisation an. Aber ganz egal, wie viele Truppen sie also hat, und ganz egal, wie sehr ihre Anführer während eines Arbeitskampfs die Backen aufblasen: Strategische Entscheidungen eines Unternehmens kann sie nicht verhindern.

Um eine Entscheidung dieser Kategorie handelte es sich, als der Konzern beschloss, einen Teil der Paketzustellung in Billigfirmen auszulagern. Der Vorstand gab an, andernfalls nicht mehr konkurrenzfähig zu sein; um dies zu bleiben, spart er lieber an den Mitarbeitern als an den Aktionären (deren Dividende er gerade erst erhöhte). An dieser Entscheidung ließ er auch nach vier Wochen Streik nicht rütteln, und Verdi stand vor der Abwägung: den Mitgliedern und dem Land noch mehr Streik zuzumuten, mit ungewissem Ausgang - oder wenigstens Schutzrechte auszuhandeln, etwa für die im Konzern verbleibenden Zusteller.

Das ist der Gewerkschaft gelungen. Niemand bei der Post muss befürchten, dass der Konzern nun nach und nach allen Beschäftigten ans Geld will, dass die Billigfirmen also nur der Anfang einer umfänglichen Billigstrategie sind. Das wird nicht passieren. Immerhin.

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