WM-Triumph für die USA:Japan wird vom ICE überrollt

  • Schon nach einer Viertelstunde ist die Partie entschieden: Die USA gewinnen das einseitigste Frauen-WM-Finale seit langem überlegen 5:2.
  • Carli Lloyd gelingen dabei drei Treffer. Bei den Japanerinnen kullern die Tränen.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Frauenfußball-WM.

Von Maria Kurth

Azura Iwashimizu war untröstlich. Tränen kullerten Japans Innenverteidigerin die Wange herunter. Egal wie viele Mitspielerinnen ihr durch die Haare wuschelten oder welche Arme zum Klammergriff ansetzten - sie konnte nicht aufhören zu weinen.

Erst 33 Minuten waren im WM-Finale in Vancouver gespielt, als sie durch Homare Sawa, Weltfußballerin des Jahres 2011, ersetzt wurde. Das Gesicht tief in die Hände gepresst, nahm Iwashimizu auf der Bank Platz. Dabei wollte Trainer Norio Sasaki seine Spielerin nicht bestrafen. Es war vielmehr der Versuch, dieses WM-Finale gegen die USA aus dem Einbahnstraßen-Modus rauszuholen, auf eine andere Straße zu manövrieren.

Der Versuch scheiterte. Denn Iwashimizus Tränen wurden zwar weniger, doch die Dominanz der USA blieb bestehen und mündete in einem 5:2-Sieg - nie endete ein WM-Finale der Frauen deutlicher. Schon Nadine Angerer hatte die Offensive der Amerikanerinnen vor dem Halbfinale gegen Deutschland mit einem ICE verglichen. Was Angerer damit meinte, dürfte nach dem Finale klar sein. Dieser ICE überrollte die Japanerinnen und entriss ihnen bereits nach einer Viertelstunde die Kontrolle. Lokführerin war erneut Kapitän Carli Lloyd mit drei Treffern. Sie wurde nach dem Spiel zur besten Spielerin der WM gewählt. "Ich war auf einer Mission und wollte dem Team helfen", sagte Lloyd unter Tränen nach dem Spiel.

Nach zwei Standardsituationen brachte sie ihr Team per Doppelpack bereits nach fünf Minuten in Führung. Lauren Holiday erhöhte nach verunglückter Kopfballabwehr von Iwashimizu zum 3:0 (14.), ehe Lloyd von der Mittellinie mit ihrem Treffer das 4:0 markierte (16.). Amerikanisches Fast Food ist seiner schönsten und aus japanischer Sicht reichhaltigsten Form. Die "Nadeshiko" verkürzte noch einmal durch Yuki Ogimi (27.) und ein Eigentor von Julie Johnston (52.) zum 2:4. Doch auch die Ehre, den Schlusspunkt hinter ein denkwürdiges Finale zu setzen, ließen sich die USA nicht nehmen: Tobin Heath traf nach Vorarbeit von Morgan Brian zum 5:2. Mission erfüllt.

"Ich bedauere, dass das Team am Anfang nicht konzentrierter war", erklärte Japans Coach Sasaki. Schon gegen England hatte sein Team im Halbfinale nicht überzeugt. Nur das kuriose Eigentor des WM-Dritten bescherte Japan den 2:1-Sieg und hielt die Hoffnung auf eine Titelverteidigung aufrecht. Trotz des Blitzstarts der USA versuchte Sasaki im BC Place Stadium in Vancouver mit frischen Kräften noch einmal für Belebung zu sorgen. Die 36-jährige Sawa übernahm nach ihrer Einwechslung die Regie im Mittelfeld, Mizuho Sakaguchi rückte in die Abwehrkette.

Japans berühmteste Fußballerin konnte jedoch kaum Akzente setzen, das US-Spiel schien für die 36-Jährige schlichtweg zu schnell. Überraschend kam die Auswechslung von Nahomi Kawasumi (39.). Sie hatte bis dato eine gute Partie gemacht und das Tor von Ogimi vorbereitet. Dennoch musste sie das Feld für Yuika Sugasawa räumen.

Japan spielt zu langsam

Soccer: Women's World Cup-Final-Japan at United States

WM-Sieg: Amerikas Fußballerinnen jubeln.

(Foto: USA Today Sports)

Mit ganz anderen Voraussetzungen ist die US-Elf von Trainerin Jill Ellis ist Spiel gegangen. Im Halbfinale waren die Amerikanerinnen eine Klasse besser als Deutschland, die Erwartungen entsprechend groß. Zudem kam das Finale für Lloyd und Co. einem Heimspiel gleich. Gerade einmal 50 Kilometer trennen Vancouver von der amerikanischen Grenze. 55 000 Zuschauer, knapp 95 Prozent davon hatten den Titel für die USA fest eingeplant. Eine erneute Niederlage nach dem verlorenen WM-Finale 2011, das Japan im Elfmeterschießen gewann, war nicht denkbar.

Und so gingen die USA nicht mit der Angst zu scheitern in dieses Finale. Eher überwog das Selbstverständnis, diesen WM-Titel nach Hause zu bringen.

Damit trafen im Finale auch zwei Mentalitäten aufeinander. Dominierende Leidenschaft auf der einen, taktisches Kalkül auf der anderen Seite. Die Japanerinnen sind für ihr kontrolliertes Spiel bekannt. Es baut auf viel Ballbesitz und taktischer Disziplin auf. Diese Spielphilosophie stößt jedoch dann an ihre Grenzen, wenn der Gegner mit energischem Pressing und enormer Zweikampfstärke dagegen hält - mit viel Herzblut also. Und so lief mit Aya Miyama die laufstärkste Spielerin der WM zwar erneut viele Meter, fand aber keinen Abnehmer für den finalen Pass.

Ellis vertraute erneut auf ihr kompaktes Spiel im Zentrum. Dadurch ergaben sich viele freie Räume für die japanischen Außenverteidigerinnen. Einziges Problem: Saori Ariyoshi und Saki Kumagai waren gegen Megan Rapinoe und Lauren Holiday in der Defensive gebunden. Immer wieder spielte Japan zu langsam in die Spitze, um ernsthaft für Gefahr zu sorgen. Zu wenig, um den WM-Titel zu verteidigen.

Und so gelang den USA die ersehnte Wiedergutmachung und auch die Rückkehr als führende Großmacht im Frauenfußball. Abby Wambach und ihre Teamkolleginnen waren schon vor vier Jahren beim Finale in Frankfurt klar überlegen. Sie nutzten nur ihre Chancen nicht. Schon damals war Iwashimizu der Pechvogel der Partie. Nach einer Notbremse sah sie in der 120. Minute die Rote Karte. Am Ende hieß der Sieger aber Japan. Es flossen Tränen, aber eben aus anderen Gründen.

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