Zweite Stammstrecke:Es ist Zeit für den Schlussstrich

Baustelle S-Bahnhof Donnersbergerbrücke

Irgendwas gibt es immer zu bauen an den Münchner S-Bahnhöfen.

(Foto: Florian Peljak)

Das Überraschendste an den neuesten Hiobsbotschaften zur zweiten Stammstrecke ist, dass sich keiner mehr darüber wundert. Deshalb gibt es für das Problem nur eine Lösung - und ein prominentes Vorbild.

Kommentar von Frank Müller

Höhere Baukosten, aha. Verschiebungen im Zeitplan, soso. Die neuen Nachrichten bei der Stammstrecke setzen fort, was jeder kennt. Mithin ist das eigentlich Erschütternde an der neuesten Variante des ewigen Duos Kostensteigerung plus Bauzeitverschiebung, dass sich schon keiner mehr darüber wundert. Die Menschen haben gelernt, das Projekt zu nehmen wie eine ewige Fata Morgana. Sie rückt immer weiter in die Ferne, je näher man ihr vermeintlich kommt.

Das können jetzt alle Beteiligten beliebig so fortsetzen. Es wird immer einen Grund geben, warum Kosten in die Höhe schießen. Und es wird sich immer eine Begründung dafür finden lassen, warum der endgültige Beschluss über den Bau noch ein bisschen verschoben werden muss. Mal lässt ein Planfeststellungsbeschluss auf sich warten, mal sollen, wie jetzt, erste Ausschreibungen abgewartet werden.

Jeder einzelne Schritt lässt sich plausibel rechtfertigen, das Gesamtbild ist in der Summe desaströs. Wie eine Erlösung wird den Münchnern der zweite S-Bahn-Tunnel seit vielen Jahren versprochen. Aber es passiert nichts Greifbares. Was an Verbesserungen im Detail denkbar wäre, unterbleibt: Man muss ja erst auf die große schöne Gesamtlösung warten.

Das Projekt steht unter keinem guten Stern

Währenddessen steigt der Unmut über das fast tägliche Nahverkehrschaos. Dank moderner Kommunikationsformen ist der Pendler über den ständigen Wahnsinn aus Stellwerksstörungen und anderen Folterinstrumenten aus dem täglichen Berufsverkehr recht gut informiert. Der Fahrgast verfolgt, am Bahnsteig stehend auf seinem Smartphone über den Streckenagenten, minutiös, warum sein Zug ausfällt.

So kann es nicht mehr weitergehen. Es ist Zeit dafür, sich einzugestehen, dass dieses Stammstrecken-Projekt unter keinem guten Stern steht. Und dass es seit Jahren verhindert, was es zu erreichen vorgibt: den Menschen ihren Weg durch den öffentlichen Nahverkehr zu erleichtern. Sieben Jahre ist es her, da stieg Bayern aus dem Transrapid aus, der den Münchner Flughafen und die Innenstadt verbinden sollte. Die geschätzten Kosten waren zuvor explodiert: auf 3,4 Milliarden Euro. Davon ist die aktuelle Summe für die Stammstrecke nicht mehr weit entfernt.

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