Nach Blitzeinschlag:Rathaus seit vier Wochen ohne Telefon

Höhenkirchen-Siegertsbrunn,Telefonausfall im Rathaus

Nach einem Telefonausfall im Rathaus behelfen sich Mitarbeiter und Bürgermeisterin mit mehreren Handys.

(Foto: Angelika Bardehle)

Seit einem Blitzschlag sind im Rathaus von Höhenkirchen-Siegertsbrunn die Leitungen tot. Telekom und Vodafone weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Die Verwaltung kommuniziert in der fünften Woche mit privaten Handys.

Von Michael Morosow

Wenn heute das Telefon auf ihrem Tisch klingeln würde, Höhenkirchens Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) wäre wohl außer sich vor Freude. Aber es wird nicht klingeln, es ist tot - wie alle Telefone im Rathaus und das bereits seit einem Monat, präzise seit dem frühen Morgen des 8. Juni, als ein Blitz über der Gemeinde niederging und mit einem Schlag alle Vodafone-Anschlüsse im nahen Umfeld der Rosenheimer Straße außer Betrieb setzte.

Während alle anderen Betroffenen inzwischen wieder über ein Netz verfügen, ist die Gemeindeverwaltung heute noch telefonisch von der Außenwelt abgeschnitten. Die Angestellten halten die dienstliche Kommunikation mit ihren privaten Handys und über das Internet notdürftig aufrecht.

Die Bürgermeisterin will den Anbieter auf Schadenersatz verklagen

"Es ist zum aus der Haut fahren", ereifert sich Rathaussprecherin Christina Lorenz, die inzwischen mehreren Technikern von Vodafone und Telekom bei der Ursachenforschung beobachten, aber keinem für die Problemlösung danken konnte. Seit Montag funktioniert wenigstens eine Rufumleitung von der Festnetznummer des Rathauses auf eines von fünf Handys, die Ursula Mayer zum Notbehelf hatte kaufen lassen. Die Bürgermeisterin will den Telefonanbieter nun auf Schadenersatz verklagen und hat dazu am Montag ein Anwaltsbüro eingeschaltet.

"Wir sitzen zwischen zwei Stühlen", sagt Rathaussprecherin Lorenz und beschreibt damit die Unstimmigkeiten zwischen Anbieter Vodafone und Netzbetreiber Telekom, die jeweils den anderen in der Verantwortung sehen. "Der Service und die Kommunikation mit dem Kunden ist Sache des jeweiligen Vertragsunternehmens", heißt es auf SZ-Anfrage in einer Stellungnahme der Telekom, die am Mittwoch dennoch abermals einen Techniker zum Rathaus beorderte, der nach eingehender Untersuchung zu diesem Schluss kam: "Von Seiten der Telekom ist alles okay."

Diese Auskunft beruhigte die 45 Rathausmitarbeiter freilich keineswegs, denn aller Voraussicht nach bedeutet dies, dass mit Sicherheit von einer sogenannten Großraumstörung ausgegangen werden muss, die vom Anbieter Vodafone zu beheben ist. Und Vodafone hatte der Gemeinde bereits mit Schreiben vom 29. Juni mitgeteilt: "Derzeit können wir Ihnen keinen Endtermin für die Entstörung mitteilen." Der Nachsatz: "Haben Sie weitere Fragen, wenden Sie sich bitte erneut an unsere telefonische Kundenbetreuung" ist für Christina Lorenz ein Treppenwitz. Die halbe Belegschaft changiert mittlerweile zwischen Galgenhumor und Frust.

Chronologie der Ereignisse nach dem Blitzeinschlag:

8. Juni: Die Telefonanlage im Rathaus ist tot, vermutet wird ein Schaden am Verteilerkasten. Ein Telekom-Techniker kommt, die Anlage funktioniert wieder.

11. Juni: Die Anlage ist tot. Vodafone kündigt eine Störungsbehebung binnen drei bis vier Werktagen an.

Vier Werktage später: Ein "sehr freundlicher Kundenbetreuer von Vodafone" teilt mit: "Status hat sich nicht verändert."

29. Juni: Vodafone bedankt sich schriftlich "für das angenehme Gespräch" und bestätigt, dass für den Telefonanschluss 08102/88 (0000-9999) seit dem 16. Juni eine Großraumstörung vorliegt. Vodafone schlägt vor, alle Rathausnummern auf ein Handy umzuleiten. Ursula Mayer findet, das sei keine Lösung. Die Bürgermeisterin storniert die Einzugsermächtigung, lässt fünf Vodafone-Handys kaufen, weil Vodafone nicht bereit ist, der Gemeinde die Handys zu stellen. Bauamt, Einwohnermeldeamt, das Vorzimmer der Bürgermeisterin, die Kämmerei und die Zentrale sollen je ein Handy bekommen. Die Rufumleitung von den Festnetzanschlüssen auf die Mobiltelefone soll am Montag, 6. Juli stehen.

6. Juli, Dienstbeginn: Christina Lorenz testet das Vorzimmer-Handy und ruft: "Super, geht, juhu", wundert sich aber nach 20 Minuten, dass kein Anruf von draußen eintrifft. Sie ruft von ihrem privaten Handy das Vorzimmer an und hört: "Kein Anschluss unter dieser Nummer." Lorenz wendet sich an Vodafone. Vodafone teilt mit: "Das muss die Telekom sein."

7. Juli: Ein Telekom-Techniker kommt, findet alles o.K. und sagt, das müsse Vodafone sein. Vodafone teilt mit, dass sie zwecks der beantragten Rufumleitung einen schriftlichen Auftrag per Fax benötigten. Lorenz fragt zurück: "Per Fax, wie soll das gehen ohne Telefonanschluss?" Vodafone lenkt ein und akzeptiert auch einen Auftrag per E-Mail.

8. Juli: Rufumleitung funktioniert, aber leider nicht gesplittet auf fünf Handys. Alle Anrufe landen auf einer Handynummer. Ein Telekom-Techniker kommt und sagt: Alles in Ordnung von Telekom, aber Vodafone muss noch splitten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: