Anzeigenbranche:Wie eine echte Story

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Normale Anzeigen im Internet bringen zu geringe Erlöse. Die "New York Times" setzt deswegen immer stärker auf Werbung, die nicht so aussieht. Aber auch deutsche Verlage machen mit bei diesen umstrittenen Werbeformen.

Von Max Hägler

Für viele Werbeagenturen ist es das Ideal: Die Botschaften ihrer Kunden direkt platziert im Umfeld von journalistischen Stories, kurzweilig erzählt und hübsch bebildert - als ob die Werbegeschichte eine ganz echte wäre. So brennt sich eine Botschaft am besten in Herz und Hirn des Konsumenten. Advertorial heißt es im Zeitungswesen, wenn Werbung beinahe daherkommt wie ein journalistischer Text, nur sanft abgegrenzt durch einen Hinweis; die Onliner ergänzen das oft um Bewegtbilder und haben es neu getauft: Native Advertising. Journalisten sehen das eine wie das andere indes kritisch: Verschwimmen da nicht Werbung und unabhängige Inhalte?

Nun baut ausgerechnet die weltweit wichtigste Tageszeitung dieses Angebot aus: Die New York Times (NYT) eröffnet ein Büro in Europa, das sich um die bei der NYT "paid posts" genannten digitale Werbeformen kümmern soll. Vorerst vier Mitarbeiter sollen von London aus Kunden dazu bewegen, journalistisch anmutende Werbung auf der NYT-Website zu schalten, einer der beliebtesten englischsprachigen Nachrichtenseiten. In der Zentrale in New York arbeiten bei dem entsprechenden Dienstleister T Brand Studios bereits 37 Mitarbeiter an solchen Projekten.

Der Gedanke dahinter: Mit Bannerwerbung lässt sich zu wenig Geld verdienen; das Geschäft dort wächst auch kaum noch. Nun soll also diese Werbeform Umsatz bringen; die bei jungen Menschen beliebte Website Buzzfeed lebt davon bereits überwiegend. Die NYT hat im vergangenen Jahr immerhin etwa 40 umfangreiche Stories realisiert und damit mehrere Millionen US-Dollar Umsatz gemacht, in die Erstellung der Kampagnen sind zwischen 25 000 und 200 000 US-Dollar geflossen. Noch ist das nur ein Zubrot, nicht mehr als zehn Prozent der digitalen Anzeigenerlöse sind das (die im vergangenen Jahr bei 182 Millionen US-Dollar lagen). Aber das kann und soll sich eben ändern. Von einem "immensen Potenzial" sprechen sie bei dem US-Blatt - und auch in Deutschland wird diese Werbeform stärker: Gruner + Jahr ( Stern, Neon, Geo) bewirbt die Werbeform bei Anzeigenkunden und der Bauer-Verlag ( Bravo, Closer, Maxi) hat erst jüngst Personal dafür eingestellt.

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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