Erderwärmung:Hummeln unter Druck

Erderwärmung: Hummeln reagieren empfindlich auf wärmere Temperaturen, können aber kaum in andere Regionen ausweichen

Hummeln reagieren empfindlich auf wärmere Temperaturen, können aber kaum in andere Regionen ausweichen

(Foto: Yuri Kadobnov/afp)

Der Klimawandel setzt Hummeln besonders zu. Die Erderwärmung verkleinert ihren Lebensraum radikal.

Von Tina Baier

Oft ist die Rede vom Bienensterben. Viel weniger im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist, dass auch andere Insekten seltener werden, die für die Bestäubung von Pflanzen wichtig sind - zum Beispiel die Hummeln. Ein internationales Forscherteam hat jetzt nachgewiesen, dass der Klimawandel die Ursache für den zum Teil dramatischen Rückgang der Hummeln in Europa und Nordamerika ist (Science, Bd. 349, S. 177, 2015).

Die Wissenschaftler um Jeremy Kerr von der University of Ottawa haben festgestellt, dass das Verbreitungsgebiet der Hummeln auf beiden Kontinenten im Zuge des Klimawandels geschrumpft ist. Demnach haben sich die Insekten aus Regionen mit den höchsten Durchschnittstemperaturen zurückgezogen. Dieser Effekt ist auch schon bei anderen Tierarten, zum Beispiel Schmetterlingen, beobachtet worden. Allerdings schaffen es die meisten Spezies, den Verlust zu kompensieren, in dem sie ihr Verbreitungsgebiet in Erdteile ausdehnen, wo es vor der Klimaerwärmung zu kühl war. Die Science-Studie zeigt nun, dass den Hummeln die Umsiedelung nicht gelingt. "Sie sind wie in einer Art Klimaschraubstock gefangen", sagt Jeremy Kerr. Sowohl in Europa als auch in den USA haben die Tiere im wärmeren Süden bis zu 300 Kilometer ihres Verbreitungsradius eingebüßt.

Die Herkunft der Hummeln könnte ihre Empfindlichkeit erklären

Um das herauszufinden, haben die Wissenschaftler Daten ausgewertet, die zwischen den Jahren 1901 und 2010 über insgesamt 67 verschiedene Hummelspezies gesammelt worden waren. "Ich war überrascht, dass derart viele Hummelarten dieses Problem haben", sagt Laurence Packer von der York-Universität in Toronto. "Für mich war erschreckend, wie schnell sich die Situation verändert hat", sagt seine Kollegin Sheila Colla. Hummelspezies, denen es vor 50 Jahren noch sehr gut ging, hätten jetzt mit einem starken Rückgang zu kämpfen.

Warum gerade Hummeln es nicht schaffen, neue Lebensräume in kühleren Regionen zu erobern, können die Wissenschaftler noch nicht erklären. Sie vermuten aber, dass sie auf einen Anstieg der Temperatur empfindlicher reagieren als andere Insekten. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Tiere "einen ungewöhnlichen evolutionären Ursprung in der kühlen Paläarktis haben", schreiben die Wissenschaftler in Science. Viele andere Insekten seien in tropischem Klima entstanden. Letzteren falle es möglicherweise leichter, sich einem Anstieg der Temperaturen anzupassen.

Der Einsatz von Pestiziden und eine intensive Landwirtschaft, die oft als Ursachen für das Bienensterben diskutiert werden, beeinträchtigen die Hummeln dagegen weniger. "Die Hummeln verschwinden aus warmen südlichen Regionen auch dann, wenn dort kaum Landwirtschaft betrieben wird und keine Pestizide eingesetzt werden", sagt Kerr.

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