Vogel-Drama:Flucht aus dem Dachgeschoss

Mauersegler

Vogel-Ersatzvater: Der Olchinger Gerhard Wendl hat derzeit einige Mauersegler in Pflege. Diese suchen Schutz bei ihm.

(Foto: Günther Reger)

Vogelschützer sorgen sich um junge Mauersegler, die sich wegen der Hitze in den Nestern in die Tiefe stürzen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Unterm Dach ist es besonders heiß, wenn draußen Sommer ist. Das wissen die Bewohner von Dachgeschossen aus leidvoller Erfahrung. Weniger bekannt ist, dass es auch in den Wohnstuben mancher Vogelarten ein Hitzeproblem gibt, das bisweilen sogar tödlich endet. Weil Mauersegler ihre Nester an Gebäuden unter den Dachpfannen oder in Mauerlöchern bauen, haben sich diese Nester in den vergangenen heißen Tagen besonders aufgeheizt, "auch mal auf bis zu 100 Grad", weiß Christiane Geidel, Biologin beim Landesbund für Vogelschutz (LBV). Auch wenn es vorübergehend ein wenig kühler geworden ist, suchen viele Jungvögel noch immer im wahrsten Sinn des Wortes die Flucht nach vorne. Die Jungvögel würden angesichts der Hitze in den Nestern versuchen, sich immer weiter nach vorne in Richtung Öffnung zu schieben, wo es kühler ist, erläutert Gerhard Wendl: "Wenn dann da vielleicht vier Junge im Nest sitzen und das hintere schiebt, dann fallen zwei runter."

Wendl ist in der LBV-Kreisgruppe Fürstenfeldbruck der Fachmann für den Vogelnotruf. Wer im Landkreis einen Vogel findet, der Hilfe braucht, der bringt ihn zu ihm. Drei Mauersegler hat Wendl derzeit in Pflege - "in allen Größen", wie er sagt: einer ist noch nackt, die anderen beiden haben schon Gefieder. Erkennbar sein werden sie später an den langen, sichelförmigen Flügeln und dem kurzen gegabelten Schwanz. Im Flug werden die Mauersegler oft mit Schwalben verwechselt. Mit denen aber sind sie nicht einmal verwandt, leiden aber unter ähnlichen Problemen: Bei der diesjährigen Vogelzählung "Stunde der Gartenvögel" im Mai hatten die Vogelschützer beklagt, dass die Bestände von Kulturfolgern wie Schwalben und Mauerseglern zurückgingen, weil sie immer weniger Nistmöglichkeiten vorfänden: Neubauten hätten keine Nischen und Spalten mehr, wo die Vögel nisten könnten, und wo es ihnen dennoch gelingt, eine Kinderstube unter dem Dachgesims einzurichten, würden die Hausbesitzer das häufig nicht tolerieren und die Vogelnester zerstören.

Vor allem in Stadtvierteln und Siedlungen mit hohem Altbaubestand kommen Mauersegler vor. Sie suchen sich ihre Unterkünfte aber auch in höheren Flachdachgebäuden, Kirchen, Industriebauten. In München sei das Problem deshalb sehr viel ausgeprägter gewesen als etwa im Landkreis Fürstenfeldbruck, sagt Wendl: "Aber länger hätte die Hitze bei uns auch nicht mehr dauern dürfen." Er weist darauf hin, dass auch die Haus- und Feldsperlinge ähnlich wie die Mauersegler unter dem Hitzeproblem in ihren Nestern zu leiden gehabt hätten. Etwa 20 Spatzen hat er deshalb bei sich, um sie aufzupäppeln.

Die jungen Mauersegler indes müssen vom Moment des Ausfliegens an sofort selbständig ohne Unterstützung ihrer Eltern zurecht kommen. Wenn sie zu früh aus dem Nest fallen und den Sturz überleben, "dann droht der Tod durch Verhungern", sagt Christiane Geidel. Die LBV-Zentrale in Hilpoltstein gibt zwar Tipps zur Erstversorgung verletzt aufgefundener Vögel, weiß aber auch um die Tatsache, dass gerade die Fütterung von Mauerseglern "eigentlich in die Hände von Experten" gehört. Einen Mauersegler hochpäppeln, das erfordert Können", weiß auch Gerhard Wendl. Wer einen solchen oder auch andere verletzte Vögel im Landkreis findet, für den ist Wendl unter der Handynummer 0176/53 56 56 98 erreichbar.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: