Neuer Heeresinspekteur:Erfahrener Reformer

Nato-Übung 'Noble Jump 2015' in Marienberg

Er gehört zu jden Offizieren, die durch den Einsatz in Afghanistan erlebt haben, was Waffen anrichten: Jörg Vollmer wird neuer Inspekteur des Heeres.

(Foto: Peter Endig/dpa)

Generalleutnant Jörg Vollmer wird neuer Inspekteur des Heeres - und Chef einer Truppe im Wandel. Damit hat er seit langem Erfahrung.

Von Joachim Käppner

Als General der Bundeswehr muss man die Kunst des professionellen Optimismus beherrschen. Wenn das Glas halb leer ist, sagt man: Erfreulicherweise ist das Glas halb voll. Der General muss loyal bleiben und trotzdem seine Positionen klar vertreten. Generalleutnant Jörg Vollmer beherrscht diese Kunst, und er wird sie mehr denn je brauchen. Am Donnerstag dieser Woche soll der 1957 in Bremen geborene Vollmer nach Informationen der Süddeutschen Zeitung neuer Inspekteur des Heeres werden und damit Chef der meisten Bundeswehrsoldaten. Der Mann mit dem Walrossschnauzer gehört zu den erfahrensten Offizieren der Bundeswehr.

Bisher ist er "Kommandeur Einsatz" und stellvertretender Heeresinspekteur. 2013/14 befehligte Vollmer das Nato-Regionalkommando Nord in Afghanistan. Im Hauptquartier in Masar-i-Scharif sagte er kurz vor der Rückkehr nach Deutschland: "Man sollte die afghanischen Sicherheitskräfte nicht unterschätzen. Sie haben enorme Fortschritte gemacht."

Man musste auf die Zwischentöne hören. In offiziellen Statements hieß es, die Nato rücke nach erfolgreicher Mission nun endlich vom Hindukusch ab. Vollmer machte kein Geheimnis daraus, dass er Afghanistans Armee nicht zutraut, ohne Beratung und Ausbildung durch die Nato auszukommen. Er war schon während des Katastrophenjahres 2009 als Kommandeur dort, als Bundeswehrsoldaten in einem Krieg starben, für den sie schlecht ausgerüstet und vorbereitet waren und der offiziell nicht mal Krieg heißen durfte. In diese Zeit fiel der fatale Bombenangriff von Kundus, über den Vollmer erst nachträglich informiert wurde und den er missbilligte. 2014 war die Lage tatsächlich erheblich stabiler. Vollmer gehört zu jenen Offizieren, die durch Afghanistan wirklich erlebt haben, was der Einsatz von Waffen anrichtet.

Wie Bruno Kasdorf, den er nun ablöst, kommt Vollmer von den Panzergrenadieren; er ist seit 1978 Soldat, war Kommandeur der Divisionen "Spezielle Operationen" und "Schnelle Kräfte". Vollmer genießt in der Truppe hohes Ansehen. Er gilt als ruhiger Kommandeur, der Autorität besitzt und nicht ständig auf sie pochen muss. Das Heer, für das er verantwortlich sein wird, befindet sich in einem Wandel, der das Amt nicht leichter macht. Die Ukrainekrise verlangt eine maßvolle Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung; in den Jahren der Auslandseinsätze war der eigentliche Hauptauftrag der Bundeswehr beinahe in Vergessenheit geraten. Schon Vorgänger Kasdorf hatte in der SZ moniert, es fehlten dafür mindestens vier Milliarden Euro. Vollmer könnte im Amt zum wichtigen Reformer werden. Schon als die Wehrpflicht entfiel, sagte Vollmer: "Das ist jetzt die sechste Reform, die ich mitmache." Jetzt also Nummer sieben. Zumindest ist der neue Heeresinspekteur Kummer gewohnt.

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