Plagiat aufgedeckt:Schreibhilfe

Ein Redakteur der Schweizer "Weltwoche" bedient sich großzügig bei einer Buchrezension aus dem britischen "Telegraph". Der Autor dieses Textes wird in der "Weltwoche" als "Historikerkollege" zitiert.

Von Charlotte Theile

Urs Gehriger, Auslandsredakteur der rechtskonservativen Schweizer Zeitung Weltwoche, ist von der Neuen Zürcher Zeitung eines Plagiats überführt worden. Wie das Blatt in seiner Sonntagsausgabe schreibt, hat sich Gehriger Anfang Juli bei der Rezension der Schlachtenrekonstruktion Ardennes 1944 von Historiker Antony Beevor großzügig aus dem Artikel eines Kollegen des britischen Telegraph bedient. Dessen Autor Keith Lowe hatte bereits im Mai über das Buch berichtet.

Beide Artikel beginnen exakt gleich: "Antony Beevor hat schlaflose Nächte." Auch die folgenden Sätze ähneln sich auffällig. Der entscheidende Unterschied: Während Keith Lowe beschreibt, dass er den Schriftsteller in London besucht hat, schreibt Gehriger, er habe den Schriftsteller telefonisch erreicht. Dann geht es in der Weltwoche mit einem direkten Zitat weiter: "Natürlich darfst du schreckliche Ereignisse nicht direkt an dich ranlassen, weil du die Fakten korrekt haben musst. Aber ein paar Nächte später holt es dich ein. Dann wachst du plötzlich schweißgebadet auf." Fast wortgleich die Aussage, die Beevor im Telegraph zugeschrieben wird.

Lowe, mit dem Gehriger nie persönlich gesprochen hat, wird in der Weltwoche zwar zitiert - allerdings nicht sauber als Quelle benannt. Einzelne Sätze aus seinem Artikel werden ihm in den Mund gelegt; "sagt Historikerkollege Keith Lowe", heißt es dann. Der britische Journalist nimmt es gelassen. Dass sein Artikel derart verlockend gewesen sei, dass Gehriger "große Teile davon" kopieren wollte, sei für ihn die höchste Form des Lobes. Wenn auch ein "etwas unanständiges".

Gehriger teilte unterdessen mit, er sei von seiner Chefredaktion für dieses Vorgehen gerügt worden: "Es wird nicht mehr vorkommen."

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