Serie "Wirtschaftswunder":An der Loisachschleife

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Die Familie Urban führt das Gasthaus zur Mühle in Beuerberg seit 108 Jahren. Manfred Urban und seine Frau Katharina empfangen gerne Menschen und verwöhnen sie mit gutbürgerlicher Küche. Die Gäste wissen das zu schätzen

Von Alexandra Vecchiato, Eurasburg

Es gibt Tage, da ist ein Schnitzel einfach genau das Richtige. Vegetarier mögen das anders sehen. Aber in Beuerberg, Gemeinde Eurasburg, ist jeden Donnerstag Schnitzeltag. Der Renner im Gasthaus zur Mühle. Idyllisch liegt das Wirtshaus unterhalb des Klosters an der Loisach, ein wenig versteckt, weitab der Hauptstraße. Fast schon ein Dorf im Dorf mit Maibaum und Festwiese. Am Lokal führt der Jakobsweg vorbei. Radfahrer machen hier gerne Station. Seit 108 Jahren ist die Wirtschaft im Besitz der Familie Urban. Die Gaststätte ist allerdings älter, 1832 soll sie erbaut worden sein. Seit 2010 leiten Katharina und Manfred Urban das Traditionshaus. Lange Arbeitstage, wenig Urlaub - anders haben möchten es beide nicht.

Der 34-Jährige ist der Herr hinterm Herd. Manfred Urban lernte im Altwirt in Gelting Koch, arbeitete anschließend zweieinhalb Jahre im Gasthaus Limm in Münsing. Dort habe er vieles mitbekommen, sagt er. Seine Küche beschreibt er als gutbürgerlich-ländlich. "Einfach, aber gut" solle sie sein. Der Erfolg gibt dem Chef der Mühle recht. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Gaststube nicht gut besucht ist. Bei schönem Wetter finden etwa 80 Gäste Platz im Biergarten und der Terrasse daneben - mit Blick auf die Loisach, die sich vor dem Gasthaus zur Mühle in einer Schleife krümmt.

Seinen Namen hat das Wirtshaus von der ehemaligen Wassermühle, die über einem aus der Loisach abgeleiteten und leicht angestauten Mühlbach stand. In Teilen ist sie noch vorhanden. Ein privates Wasserkraftwerk macht Gäste im Biergarten glauben, nebenan rauschen bayerische Niagara-Fälle in die Tiefe. All das macht das besondere Flair der "Location" aus.

In der Stube ist Platz für etwa 50 Personen, ebenso viele könnten im Nebenraum bedient werden, sagen die Wirtsleute. In einem separaten Gebäude, etwas zum Gasthaus versetzt, befindet sich der große Saal. Je nach Veranstaltung fasst er 120 bis 160 Personen. Viel Platz zum Feiern, der auch besonders von den Vereinen in der Gemeinde gerne genutzt wird. Nicht nur Einheimische schätzen die Mühle, die Küche und der schöne Biergarten locken Besucher aus dem fernen München. Es sei schön, erzählt die 26 Jahre alte Katharina Urban, wenn die Leute immer wieder kämen. "Es macht Spaß, sich zu ihnen zu setzen und zu ratschen."

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im Biergarten des Gasthauses zur Mühle hört man das Wasser...

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

...über das Loisachwehr rauschen.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Der alte runde Stein erinnert an die frühere Wassermühle.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Manfred und Katharina Urban führen den Familienbetrieb weiter.

Seit fünf Jahren sind Katharina und Manfred Urban verheiratet. Er sei in den Betrieb "so hineingewachsen", sagt der 34-Jährige. Auf die Frage, warum er Koch geworden ist, antwortet Manfred Urban: "Ich tu es halt gerne." Seine Frau, sie lernte in einer Metzgerei, habe er vorgewarnt, was auf sie als Junior-Chefin zukommen werde. Alles halb so wild, sagt Katharina Urban. Das Leben als Wirtin gefalle ihr gut. Immer Menschen um sich zu haben, bereite ihr Freude. Bereut habe sie den Schritt nie.

Das Gasthaus zur Mühle ist fast ein reiner Familienbetrieb. Zwei feste Angestellte beschäftigen die Urbans und nach Bedarf Aushilfen. Ansonsten springen die Senior-Wirtsleute ein oder Manfreds Geschwister. Sein Bruder Johann und Schwägerin Manuela Urban betreiben die angrenzende Pension. Gutes Personal zu finden sei in der Gastronomie schwierig. Keiner wolle nachts und am Wochenende gerne arbeiten. Vor eins oder zwei in der Früh komme man kaum ins Bett. "Die Arbeit wär' schon da", sagt Manfred Urban. Und auch die vielen Gäste würden nahelegen, das Lokal zu vergrößern. Aber neben dem Problem, ausreichend Bedienungen oder Küchenhilfen zu finden, machen die geografischen Gegebenheiten solchen Überlegungen schnell ein Ende. "Auf der einen Seite die Loisach, auf der anderen der Steilhang zum Kloster - wir kommen ned aus", sagt der Wirt.

Damals, in den Anfängen der Gaststätte, hatte die Mühle nur am Wochenende geöffnet. Haupterwerb war die Landwirtschaft. Davon übrig geblieben ist die Schafzucht, die Leidenschaft von Senior-Wirt Hans Urban. Die Urbans schlachten selbst. Lamm ist denn auch die Spezialität in der Mühle. "Rasenmäher-Trupp" nennt der Junior-Chef die Tiere.

Manfred Urban bemüht sich, möglichst Lebensmittel aus der Region in seiner Küche zu veredeln, etwa Fisch aus dem Starnberger See. Im Übrigen bietet die Küche Saisonales. Reherl, also Pfifferlinge, führt der Koch als Beispiel an.

Auf Experimente stehe er nicht, betont Manfred Urban. Er greift gerne auf Bewährtes zurück, mit kleinen Variationen. Im Schnitt stehen zehn Gerichte auf der wechselnden Tageskarte, zehn auf der Standard-Speisekarte - ohne Brotzeiten und Salate. Natürlich dürften Gäste spezielle Wünsche äußern, sei es wegen Allergien oder weil sie sich vegan ernährten. Man gehe auf die Leute ein "so gut es geht".

Großen Wert legen die jungen Wirtsleute darauf, ihre Speisen frisch zuzubereiten. Spätzle aus der Tüte kommen nicht auf die Tische in der Mühle. Auch der Kaiserschmarrn muss selbst gemacht sein. "Das ist doch selbstverständlich", sagt Katharina Urban. Dazu ein "gut gepflegtes Bier". Eben einfach und gut, betont Manfred Urban noch einmal. Die Gäste wüssten dies zu schätzen. Gerade bei Hitze äßen viele gerne Salate. "Dann stellen wir uns darauf ein." Und auch für einen schnörkelloser Steckerlfisch im Gasthaus zur Mühle kämen die Gäste gerne von weit her.

Die Feste im Gasthaus zur Mühle sind legendär. Etwa der Hausball an Fasching oder die Feier am Kirchweihmontag. Im Angebot ist ferner ein musikalischer Frühschoppen unterm Maibaum. Vielleicht werde man in Zukunft Grillen mit Musik anbieten, sagt Manfred Urban. Grillen sei überhaupt ein Thema. Die Arbeit gehe nicht aus, betont der 34-Jährige erneut, dieses Mal mit einem Lächeln. Aber sie wollten es so. Auch wenn an einem schönen Sommertag mehrere Hundert Gäste die Mühle aufsuchten und man mit dem Bedienen nicht mehr nachkomme. So soll es bleiben. So, und nicht anders.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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