Starnberg:Der Altbürgermeister mischt mit

Interview mit Ferdinand Pfaffinger

Pfaffinger war von 2002 bis 2014 Bürgermeister von Starnberg. Die UWG will nicht länger auf ihn verzichten und wählte ihn zum neuen Vorsitzenden .

(Foto: Fuchs)

Die Unabhängige Wählergemeinschaft Starnberg bestimmt Ferdinand Pfaffinger zu ihrem neuen Vorsitzenden. Das kann durchaus als Kampfansage an Eva John und die Stadtratsmehrheit interpretiert werden

Von Peter Haacke, Starnberg

Mit großer Zuversicht war die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) im Frühjahr in den Wahlkampf gezogen, das Ergebnis war ernüchternd: Nach der Stimmenauszählung der Starnberger Stadtratsneuwahl im April fehlte der einst stärksten Fraktion ein weiteres Mandat, eine überwiegend desinteressierte Wählerschaft hatte den Ausschlag gegeben. Mit nur drei Stadträten zählt die UWG damit zu den kleinen Gruppierungen im Stadtrat. Doch die Zeichen stehen auf Erneuerung: Knapp 30 Mitglieder kürten am Montag Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger, 69, einhellig zum neuen UWG-Chef, der gemeinsam mit einem runderneuerten Vorstand den Blick auf die Kommunalwahlen 2020 richten und verloren gegangenes Terrain in Starnberg zurückerobern will. Die UWG will die Wahl Pfaffingers als sichtbares Zeichen dafür interpretiert wissen, dass man sich angesichts der jüngsten Wahlniederlage nicht beleidigt zurückzieht, sondern weiterhin engagiert und kompetent an Lösungen für die Stadt mitarbeiten will.

Versammlungsleiter Ulrich Müller, der ebenso wie Patrick Janik und Thorsten Schüler zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde, skizzierte zum Auftakt die Ereignisse der letzten Monate. Als "erschreckend und alarmierend" bezeichnete er die allgemeine Politikverdrossenheit in der Kreisstadt. Betrug die Wahlbeteiligung an Kommunalwahlen in den 90er-Jahren noch rund 73 Prozent, sank sie in der Folge stetig auf zuletzt 48,8 Prozent. Müller brachte die Sache auf den Punkt: Es sei "viel geredet und zerredet" worden zu den Themenkomplexen Tunnel oder Umfahrung, Seeanbindung und Bahnverträge, Lösungen aber gebe es keine. "Viele haben die Schnauze voll", sagte Müller. Der jüngste Wahlkampf sei geprägt gewesen von Emotion statt Information, letztlich hätten "unrealistische Visionen und Populismus" dem politischen Gegner - also WPS, BMS, FDP und BLS - den Erfolg beschert.

Von insgesamt 65 UWG-Mitgliedern hatte sich knapp die Hälfte zu den ersten Vorstandswahlen seit 2009 eingefunden. Der bis dahin amtierende Vorstand war nicht als politisches Sprachrohr wahrgenommen worden, die UWG wähnte sich mit Bürgermeister und sechs Stadträten bestens vertreten. Das soll nun anders werden: Mit Pfaffinger an der Spitze, seinen drei Stellvertretern, den Stadträten Jürgen Busse und Winfried Wobbe sowie den weiteren Vorstandsmitgliedern Reinhard Dirr, Materna Weßkamp, Otto Gaßner und Walter Mayer will die UWG Impulse setzen; Geschäftsführerin ist Claudia Bader.

Pfaffinger, der nach seinem Wechsel von der Bürgerliste seit knapp zehn Jahren UWG-Mitglied ist, betonte, dass er seit Mai 2014 nicht von der politischen Bühne verschwunden sei. Allein aus Altersgründen hatte er nicht für eine dritte Amtsperiode als Bürgermeister kandidieren können, wirkt aber weiterhin als Kreisrat für die Freien Wähler. "Ich fühle mich nicht alt genug", sagte der Altbürgermeister, der die Starnberger Verhältnisse nach zwölf Jahren im Amt bestens kennt. Angesichts der enormen Herausforderungen und eines überbordenden Themenkatalogs forderte er, die Prioritäten zu überprüfen. "Starnberg kann nicht alle Großprojekte gleichzeitig stemmen", mahnte Pfaffinger. Zudem stellte er in Frage, ob die von seiner Nachfolgerin Eva John eingeleiteten Schritte zu Verkehrsentwicklung oder Seeanbindung ausreichend seien. Auch die neue Informationspolitik des Rathauses - etwa zum Haushalt - stellt Pfaffinger vor Rätsel. Die Arbeit im Stadtrat werde nicht einfacher, zumal die WPS die Linie vertritt: "Mehrheit ist Wahrheit" - möglicherweise aber zum Schaden der Stadt. Pfaffinger plädiert dagegen für "realistische und realisierbare Lösungen für Starnberg".

Geehrt für jahrelanges Engagement in der UWG wurden Hella Baehr-Rödel, Schatzmeister Christian von Villiez sowie Professor Otto Gaßner, der den Sprung in den Stadtrat knapp verpasst hatte. Trotz eines teuren Wahlkampfs mit jeweils rund 40 000 Euro 2014 und 2015 ist in der UWG-Kasse noch Geld. "Eine Weihnachtsfeier", befand der scheidende Schatzmeister, "werden wir uns noch leisten können."

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