Fußball-Regionalliga:Ein Punkt fürs Publikum

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Ausgleichende Kraft: Alexander Piller (re.) vom SpVgg Greuther Fürth egalisierte die Ingolstädter Führung durch Sammy Ammari. (Foto: Claus Schunk)

Beim 2:2 gegen Ingolstadt ist die SpVgg Unterhaching fast eine Halbzeit lang in Unterzahl. Nach dem Platzverweis für Kapitän Welzmüller füllen die Fans die Lücke - bis kurz vor Schluss ein 17-Jähriger rifft

Von Stefan Galler, Unterhaching

Nur ein knappes Dutzend Unterhachinger Feuerwehrleute hatte auf der riesigen Gegengeraden Platz genommen, im Gästeblock und auf der Nordtribüne stand gar keiner. Der erste Eindruck, den man am Freitagabend im Unterhachinger Sportpark von der Regionalliga erhielt, war: trostlos. Doch keine zwei Stunden später tobten die offiziell 1200 Zuschauer auf Haupt- und Südtribüne, sie feierten ihre junge Mannschaft, die sich gegen den FC Ingolstadt II ein hochverdientes 2:2 (1:1)-Remis erkämpft hatte und dabei eine Halbzeit lang in Unterzahl spielen musste.

Präsident Manfred Schwabl war dementsprechend euphorisiert: "Gigantisch, wie uns die Fans in der Schlussphase angefeuert haben. Ich hatte absolut Gänsehaut und kam mir vor wie beim Relegationsspiel zwischen Sechzig und Kiel." Das Unentschieden sei "ein Punkt fürs Publikum", sagte Schwabl. Auch Cheftrainer Claus Schromm zeigte sich von der Reaktion der Anhänger gleichermaßen überrascht wie begeistert: "Es war das erste Heimspiel nach dem Abstieg aus der dritten Liga. Wir wussten da selbst nicht so genau, was uns erwartet, aber die Unterstützung von den Rängen war großartig." Vor allem in den letzten Minuten habe die Anfeuerung der Elf "noch mal den entscheidenden Push gegeben, der auch ausschlaggebend für den Last-Minute-Ausgleich war".

Vor der Partie hatte Schromm eine Hiobsbotschaft hinnehmen müssen: Jonas Hummels, zuletzt wegen zweier Kreuzbandrisse über ein Jahr außer Gefecht, musste passen. Zunächst bestand der Verdacht auf Muskelbündelriss, Schwabl konnte am Wochenende aber Entwarnung geben: "So schlimm ist es nicht, es ist wohl nur eine Zerrung." Der 24 Jahre alte Innenverteidiger war am Freitag dennoch ganz nah dran an der Mannschaft, immer wieder motivierte Hummels seine Teamkameraden, nicht die Flügel hängen zu lassen. Nach dem späten 2:2 war er dann mittendrin in der Jubeltraube - die junge Unterhachinger Schicksalsgemeinschaft hält offenbar zusammen wie Pech und Schwefel.

Dabei offenbarte sich am Freitag bisweilen, wie schwer es die sehr talentierten, aber zum größten Teil völlig unerfahrenen Spieler in dieser Saison bekommen dürften. Zu Beginn wussten sie aus ihrer klaren Überlegenheit kein Kapital zu schlagen. Nach einer Ecke von Alexander Sieghart verpasste Markus Einsiedler die Kugel knapp (6.), einen Sieghart-Schuss parierte Ingolstadts Thomas Bauer (12.), eine Flanke von Ulrich Taffertshofer köpfelte Sebastian Wiesböck freistehend am rechten Kreuzeck vorbei (17.). Und nach einem Missverständnis im Ingolstädter Mittelfeld bediente Wiesböck Alexander Piller, der den Ball überhastet über den Querbalken drosch (20.).

Keine fünf Minuten später jubelte dann die vom früheren Unterhachinger Stefan Leitl trainierte FCI-Reserve: Ludwig Räuber setzte sich rechts durch, die Abwehr reklamierte Abseits, doch das Spiel lief weiter, und der ehemalige Heimstettener Sammy Ammari drückte die Hereingabe aus kurzer Distanz über die Linie. Die Hachinger kamen vorübergehend völlig aus dem Tritt; als Ingolstadt plötzlich Pressing spielte, irrten die Gastgeber durcheinander wie ein Hühnerhaufen. Doch sie fingen sich wieder, Piller gelang mit einem scharfen Schuss ins Eck der 1:1-Ausgleich (33.).

Der Anhang der Rot-Blauen durfte auf einen Premierensieg hoffen, da kam der Dämpfer nur wenige Sekunden nach dem Beginn der zweiten Halbzeit: Kapitän Josef Welzmüller wusste sich an der eigenen Strafraumkante nur noch per Foul zu wehren, Schiedsrichter Eduard Beitinger wertete die Attacke als Notbremse und zückte die rote Karte. Trainer Schromm wollte hinterher keinen Kommentar abgeben, man merkte ihm jedoch an, wie sehr er sich auf die Lippen beißen musste. "Zum Schiedsrichter nur so viel: Er hat mich allen Ernstes gefragt, wer ich überhaupt bin", sagte der Coach hinterher.

In Unterzahl kassierte Haching das 1:2 durch einen Kopfball des eingewechselten Aloy Ihenacho (74.) - und das ausgerechnet in einer Phase, als man sich auf die neue Ausgangslage eingestellt zu haben schien. Doch dann schickte Schromm seine beiden jungen Joker ins Getümmel - und die sorgten letztlich für jene Hochstimmung, die dem Präsidenten Gänsehaut bescherte: Luca Marseiler, Jahrgang 1997, bediente Orestis Kiomourtzoglou, Jahrgang 1998, und der Ball lag im Ingolstädter Netz (87.). "Das versüßt mir das Wochenende", sagte Schwabl, der sich wunderte, wie abgebrüht das Junioren-Duo diesen Treffer herausgespielt hatte. "Nur gut, dass wir beide unter Vertrag haben. Ein Hoch auf unser Nachwuchsleistungszentrum", jubelte der Präsident.

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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