Weber bei CSU-Bezirkswahlen:Söders sachliches Gegengewicht

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Seehoferist: In den neuen Bezirksvorsitzenden von Niederbayern, Manfred Weber, setzt der CSU-Chef besondere Hoffnungen. (Foto: dpa)
  • Bei den Bezirksparteitagen der CSU werden die Vorsitzenden mit 99 und 99,5 Prozent gewählt.
  • Der Niederbayer Manfred Weber gilt als Hoffnungsträger von Ministerpräsident Horst Seehofer - und soll gezielt als Gegengewicht zum polarisierenden Markus Söder aufgebaut werden.
  • Klar wird auch: Die Mobilmachung in Markus Söders Lager in der Nachfolgerdebatte hat längst begonnen.

Von Wolfgang Wittl, Essenbach/Barbing

Es sind die Bezirksparteitage neun und zehn, die letzten also, die CSU-Chef Horst Seehofer auf seiner Reise durch das Innenleben seiner Partei besucht. Er hat viele Hände geschüttelt, oft dasselbe gesagt und den gewählten Bezirkschefs mal mehr, mal weniger herzlich gratuliert.

In Niederbayern aber zeigt er eine Reaktion, die außergewöhnlich ist. Als der Bezirksvorsitzende Manfred Weber mit 194 von 195 gültigen Stimmen im Amt bestätigt wird, belässt es Seehofer nicht beim üblichen Handschlag oder Schulterklopfen, sondern drückt den Niederbayern plötzlich an sich. Weber weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Doch das Signal ist unübersehbar: Hier steht einer, in den Seehofer besondere Hoffnungen setzt.

Auf dem Landesparteitag im Herbst soll Weber, 43, zum stellvertretenden CSU-Chef gewählt werden. Seehofer bittet die Delegierten am Samstag in Essenbach bei Landshut persönlich um ein gutes Ergebnis für ihren Vorsitzenden - also ob das nötig wäre. Seit Jahren stehen die Niederbayern geschlossen hinter Weber, beim letzten Mal statteten sie ihn mit 99,5 Prozent der Stimmen aus.

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Einvernehmlicher geht es kaum: In Niederbayern hat die CSU ihren Bezirksvorsitzenden Manfred Weber mit fast hundert Prozent der Stimmen wiedergewählt. Er dürfte allerdings nicht mehr allzu lange im Amt bleiben.

Genauso viele sind es auch diesmal, und damit exakt ein halbes Prozent mehr als jene 99 Prozent, die zur gleichen Zeit Albert Füracker in Barbing bei Regensburg erhält. Der 47-Jährige wird dort als Nachfolger von Sozialministerin Emilia Müller, die nicht mehr angetreten war, zum Bezirkschef der Oberpfalz gewählt. Die Statik in der Partei könnte sich dadurch leicht verschieben.

Mobilmachung in Söders Lager

Müller gilt als jederzeit loyale Gefolgsfrau Seehofers. Füracker hingegen zählt als Staatssekretär von Finanz- und Heimatminister Markus Söder - Seehofers derzeit aussichtsreichster Nachfolger und schärfster Rivale - zu dessen engsten politischen Vertrauten. Seit mehr als zwanzig Jahren kennt und schätzt Füracker den Franken Söder. Man kann es daher durchaus als weiteren Akzent in der bereits laufenden Nachfolgedebatte verstehen, wenn der neue Oberpfälzer Bezirksfürst ruft: "Bloß weil man in Oberbayern ist", sei man "nicht automatisch Ober-Bayer". Eine Spitze gegen Söders Konkurrentin, die oberbayerische Frontfrau Ilse Aigner?

Die Mobilmachung in Söders Lager hat längst begonnen. Vor wenigen Tagen hatte der Münchner Bundestagsabgeordnete Florian Hahn den Finanzminister im Bierzelt zur möglichen Nummer eins in Bayern gekürt - ein offener Affront gegen Aigner. Die Kritik aus dem Bezirksvorstand folgte prompt.

In Essenbach fällt der Name Söder kein einziges Mal, doch die Delegierten ahnen auch so, wer gemeint sein könnte, wenn Seehofer sagt: Mit Schwadronieren könne man vielleicht mal einen Abend lang die Leute unterhalten, aber nicht unbedingt geeignet für die Führung eines Landes sein. Oder wenn er Weber "einwandfreien" Charakter bescheinigt: "Intrigen kennst du nicht." Seehofer lobt den Chef der EVP-Fraktion, der größten im Europaparlament, über den grünen Klee. Weber habe inzwischen einen besseren Zugang zu Regierungschefs als er, spiele politisch "in der Champions League".

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"Bei uns steht nicht das Ego im Mittelpunkt"

Dass der sachliche Niederbayer als weiteres Gegengewicht zum polarisierenden Söder aufgebaut werden soll, ist in der Partei kein Geheimnis. Der Erfolg von Politik, sagt Weber, bemesse sich an Ergebnissen für die Menschen und nicht an Show oder Schlagzeilen: "Bei uns steht nicht das Ego im Mittelpunkt, sondern das Wir." Und dass die CSU schnell Schluss machen müsse "mit dem Kronprinzen-Gehabe". Auch das kann als Seitenhieb verstanden werden.

Doch auch bei den geschlossenen Niederbayern hat ein Gerangel um die Nachfolge bereits eingesetzt. Sollte Weber im November erwartungsgemäß zu Seehofers Stellvertreter gewählt werden, wird er seinen Chefposten in Niederbayern laut Satzung abgeben müssen. In Essenbach vermeidet Weber jede Erwähnung von möglichen Nachfolgekandidaten und jede Vorfestlegung.

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Von Daniela Kuhr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Namentlich gelobt werden nur jene, die mit dem Bezirksvorsitz nichts zu tun haben werden. Einen ersten Hinweis liefert die Wahl der Stellvertreter: Kultusstaatssekretär Bernd Sibler (Deggendorf) erhält nach dem Streit um die Behördenverlagerung nur 85, der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr hingegen fast 98 Prozent. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer aus Passau, der ebenfalls Interesse bekundet, bekommt derweil abseits schon erste Glückwünsche von Unterstützern. Etwas früh, wie Kenner finden. Das Rennen sei völlig offen. Seehofer ist da bereits auf dem Weg zur Oberpfalz-CSU. Den wichtigsten Moment, die Kür Webers, hatte er ja begleitet.

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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