Debatte:"Die Party geht wohl weiter"

Bayer. Immobilienkongress

Wie kann man das Wachstum bewältigen? Darüber diskutierten in der vergangenen Woche die Teilnehmer des bayerischen Immobilienkongresses.

(Foto: BFW Bayern)

Auf dem bayerischen Immobilienkongress diskutiert die Branche darüber, wie sie mehr Wohnungen und Büros bauen kann. Doch den Projektentwicklern machen die steigenden Preise und Baukosten zu schaffen.

Von Andreas Remien

Die Nachfrage nach Wohnungen in den Städten ist ungebrochen, auch Bürogebäude, Shopping-Center oder Hotels in den Ballungszentren verkaufen sich prächtig. Die Voraussetzungen waren also nicht schlecht, einen sorglosen Branchentreff abzuhalten. Doch auf dem bayerischen Immobilienkongress in der vergangenen Woche in München zeigte sich, dass die Unternehmen zunehmend mit den Nebenwirkungen des Wachstums zu kämpfen haben. In der Alten Kongresshalle diskutierten etwa 400 Teilnehmer über die Entwicklung der Märkte und die politischen Rahmenbedingungen.

Die Investoren gehen in den Städten weiter auf Einkaufstour

Steigende Wohnungspreise, hohe Mieten, volle Bahnen und verstopfte Straßen sorgen vor allem in der Metropolregion München für eine zunehmende Wachstumsskepsis. Die Stadt Erding wolle höchstens um ein Prozent pro Jahr wachsen, sagt deren Oberbürgermeister Max Gotz, denn "irgendwann ist der Raum ausgereizt". Mit diesem Standpunkt war der Lokalpolitiker aus dem Münchner Umland nicht allein. Für die Vertreter der Immobilienbranche ging es daher auch darum, ziemlich grundsätzliche Botschaften zu senden. Ralf Possinger, Geschäftsführer der Demos Wohnbau, verwies darauf, dass die Umlandgemeinden Ende der Neunzigerjahre mehr gebaut hätten als zuletzt. Sie dürften sich jetzt nicht wie gallische Dörfer abschotten. "Wachstum ist positiv und darf nicht verteufelt werden", betont Andreas Eisele, Präsident des Verbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Bayern (BFW). Es zu meistern, sei "eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen".

Nach Ansicht der Immobilienbranche sind die politischen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau aber nicht optimal. "Die Investitionsbedingungen haben sich sogar verschlechtert", kritisiert Eisele. Immer höhere Anforderungen an den Brand- und Schallschutz oder strengere energetische Standards trieben die Preise in die Höhe. "Bauen muss wieder einfacher werden", fordert daher der BFW-Präsident, "übertriebene Regulierungen sind der falsche Weg". Von der Bundespolitik erwartet der Verband außerdem mehr steuerliche Anreize, um den Neubau für Investoren attraktiver zu machen. An Investoren mangelt es zumindest der Region München aber nicht. Was aber fehle, sei die nötige Infrastruktur, betont Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Sie fordert die Branche daher dazu auf, in Berlin vor allem für bessere Verkehrsanbindungen zu werben. "Mobilität ist die Schlüsselfrage für die Weiterentwicklung der Region", sagt Merk.

Für gewerbliche Investoren, die Bürotürme oder Hotels in München kaufen, scheinen die Verkehrsprobleme keine Rolle zu spielen. Sie gehen weiter auf Einkaufstour: Immobilienfonds, Versicherungen oder Pensionskassen haben im ersten Halbjahr in München Gewerbeimmobilien für 2,8 Milliarden Euro erworben. Dies sind 35 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie Peter Bigelmaier, Managing Partner bei Colliers International München, berichtet. Zu den größten Deals gehören unter anderem der Verkauf des "Elisenhofs" am Hauptbahnhof und des Bürohauses "88north". Wie bei den Wohnungen nehmen die Käufer seit Jahren immer weiter steigende Preise und damit sinkende Renditen in Kauf. Manche Experten warnen daher auch im Gewerbesegment vor überhitzten Märkten. Es gebe aber keine Immobilienblase, sagt Colliers-Experte Bigelmaier. Im Vergleich zu Bundesanleihen seien die Renditen nämlich "so hoch wie fast nie zuvor". Sollten die Zinsen allerdings steigen, würde dieser Vorteil schrumpfen. Außerdem wäre die Finanzierung für Käufer dann teurer. Eine Zinswende würde die Wetterlage in der Branche daher schlagartig ändern.

Weil die Metropolen immer teurer werden, gewinnen die kleinen Städte an Bedeutung

"Es gibt Anzeichen dafür, dass man aufpassen muss", sagt Edgar Zoller, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Bayern-LB. Eine große Blase sieht aber auch der Banker nicht. "Die Party geht wohl noch zwei, drei Jahre weiter", vermutet auch Oliver Reiß, Geschäftsführer des Projektentwicklers Reiß & Co. Real Estate München. Anders als auf den Wohnungsmärkten haben die Projektenwickler von Büros das Problem, dass die Mieten kaum steigen. "Wir haben kein Mietpreiswachstum", sagt Wolfgang Roeck, Geschäftsführer von Wöhr + Bauer. München sei zwar bei Unternehmen beliebt. "Es ist aber nicht so, dass die Büromieter Schlange stehen", sagt Roeck. Wegen der Krisen in Griechenland und der Ukraine seien viele Unternehmen vorsichtig, berichtet Bigelmaier. Weil die Büromieten stagnieren, die Grundstückspreise aber nach oben schießen, wird der Münchner Markt für die Projektentwickler zu einem immer riskanteren Unterfangen.

Investoren und Projektentwickler sind daher seit einigen Jahren häufiger in den kleineren, sogenannten B-Städten aktiv. "Auch die kleineren Kommunen sind sehr verlässlich", betont Thomas Goller vom Amt für Strategische Entwicklung der Stadt Bamberg, "sie haben außerdem den Vorteil, dass sie schlanke Hierarchien haben". Die ganz großen Investoren sind dort aber noch kaum zu finden. Dies liegt zum einen daran, dass institutionelle Anleger gerne viel Geld auf einmal ausgeben - die Projekte in den kleineren Städten haben aber oft nur ein vergleichsweise kleines Volumen. "Große Investoren wollen aber große Volumina", sagt Volker Koch, Geschäftsführer der Kochinvest Unternehmensgruppe. Für die kleineren Städte gebe es außerdem oft wenig Zahlenmaterial. Gerade für internationale Investoren sind die Mittelstädte daher schwer zu fassen.

Neue Immobilien werden in vielen kleineren Städten dringend gebraucht - Wohnungen ebenso wie Büros. "In Regensburg zum Beispiel gibt es fast keine Leerstände", berichtet Thomas Dietlmeier, Geschäftsführer der Immobilien Zentrum Gesellschaft. "Es gibt in der Stadt ein Wirtschaftswachstum, aber wenig neue Projekte", sagt Dietlmeier. Anders als in den Metropolen wird in den kleineren Städten nämlich meist erst dann gebaut, wenn es einen konkreten Mieter gibt. In München dagegen werden Projekte auch spekulativ geplant. Investoren hoffen, dass ihnen das Wachstum dann einen solventen Mieter bescheren wird.

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