Airline:Warum Lufthansa in Gefahr ist

Flugreise

Die Gefahr besteht, dass die Lufthansa zu einer x-beliebigen Airline wird.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Krach mit den Hinterbliebenen der Germanwings-Katastrophe, Pilotenstreiks, unzufriedene Kunden. Hat Lufthansa-Konzernchef Spohr das richtige Konzept?

Kommentar von Caspar Busse

Der öffentlichkeitswirksame Streit mit den Hinterbliebenen der Opfer des tragischen Germanwings-Absturzes in den französischen Alpen, die harten Tarif-Auseinandersetzungen mit den eigenen Piloten und dem übrigen Kabinenpersonal, die Streiks, der enorme Druck der Konkurrenten - Lufthansa, die größte europäische Fluggesellschaft und ihr Chef Carsten Spohr stehen gerade ziemlich im Feuer. Jedes einzelne dieser Probleme ist schon komplex genug. Bei Lufthansa kommen sie nun alle zusammen.

Spohrs Vorgänger und das Management haben viele Fehler gemacht: Die Fluggesellschaft hat sich zu lange auf ihrem guten Ruf ausgeruht, hat auf die Veränderungen der Märkte, etwa den rasanten Erfolg von Billiganbietern, viel zu spät reagiert, hat stattdessen weitergemacht wie bisher. Die anspruchsvollen Fluggäste kritisieren, teilweise zu Recht, einen immer schlechter werdenden Komfort, dabei ist gerade Lufthansa für Service und Pünktlichkeit berühmt. All das sind Gründe, warum der Umbau, der jetzt endlich stattfindet, so schmerzhaft ist.

Eine Wirtschaftsnation wie Deutschland braucht eine erfolgreiche Fluggesellschaft

Spohr, selbst ein ausgebildeter Pilot, muss aus einer Lufthansa, die ins Mittelmaß abrutschen könnte, wieder eine Fluggesellschaft machen, die führend ist. Sein Kurs ist richtig. Er muss das Angebot verbessern, die Kosten senken, neue Tarife einführen und trotzdem dafür sorgen, dass Lufthansa auch in Zukunft unverwechselbar ist, nicht zu einer x-beliebigen Airline wird. Sonst wäre der Wettbewerbsvorteil dahin. Lufthansa darf von der Konkurrenz nicht abgehängt werden, eine weltweit agierende Wirtschaftsnation wie Deutschland braucht auch eine international erfolgreiche Fluggesellschaft. Die Luftfahrt hat die Globalisierung und die enge Verflechtung der Welt erst möglich gemacht, die deutsche Wirtschaft ist einer der Profiteure des Welthandels.

Es geht um viel. Lufthansa ist nicht irgendein deutsches Unternehmen. Auf den Flughäfen der Welt steht der gelbe Kranich für Deutschland und für deutsche Zuverlässigkeit. Der ehemalige Staatsbetrieb, der in den Neunzigerjahren vollständig privatisiert wurde, aber noch immer das Wort "Deutsche" im Namen trägt, ist der Stolz des Landes - so wie Siemens, wie Daimler, wie Bayer und wie - früher zumindest - die Deutsche Bank. Noch immer wird Lufthansa von vielen Passagieren, wenn auch eher von ausländischen als von deutschen, geschätzt - für Sicherheit, Pünktlichkeit, Qualität. Hundert Millionen Passagiere befördern Lufthansa und seine Tochterunternehmen Germanwings, Swiss, Austrian Airlines und Brussels im Jahr. Eine Million Flüge jährlich werden durchgeführt mit insgesamt 615 Flugzeugen, die Mehrheit davon gehören Lufthansa.

Stagnierender Umsatz, Niedriger Gewinn, große Konkurrenz

Eine Position der Stärke, könnte man meinen. Doch die Airline ist in Gefahr. Der Umsatz stagniert, der Gewinn ist niedrig. Dazu kommt: Das Geld ist knapp. Die langfristigen Pensionsverpflichtungen für die Piloten, das Kabinenpersonal und die Beschäftigen am Boden - in guten Zeiten vereinbart - gehen in die Milliarden, angesichts der niedrigen Zinsen sind diese kaum noch zu finanzieren. In den kommenden Jahren muss der Konzern außerdem neue Flugzeuge anschaffen. Der tief greifende Umbau, den Spohr jetzt angefangen hat, kostet auch Geld.

Die Konkurrenten bedrängen Lufthansa von vielen Seiten. Airlines wie Ryanair oder Easyjet sind billiger und nehmen Geschäft in Deutschland und Europa weg. Gerade erst hat Turkish Airlines Pläne angekündigt, gegen die Deutschen mit einer Billig-Tochter anzutreten. Auf lukrativen Langstrecken-Verbindungen haben die staatlich unterstützten Golf-Airlines wie Emirates oder Etihad bessere Angebote.

Die Frage ist, ob Spohr und seine Leute bei alldem den richtigen Ton treffen. In den schwierigen Verhandlungen mit den Piloten muss jedenfalls bald eine Lösung her, weitere Streiks wären verheerend. Auch im Streit um die Entschädigungen für die Hinterbliebenen des Germanwings-Absturzes, der auch die stolzen Lufthanseaten schwer getroffen hat, muss es eine Einigung geben. Es ist das gute Recht der Anwälte, so viel möglich für die Betroffenen herauszuholen - auch wenn die Art und Weise nicht vornehm ist. Lufthansa sollte sich großzügig zeigen. Das ist eine Frage des Respekts, nicht der Betriebswirtschaft.

Seit 15 Monaten ist Spohr inzwischen im Amt. Der Vorstandsvorsitzende, der schon 21 Jahren lang für das Unternehmen arbeitet, wusste, dass er einen schwierigen Job übernimmt. Aber so hat er sich das ganz sicher nicht vorgestellt. Spohr muss die lahme Lufthansa wieder flott bekommen - und das möglichst schnell. Ob ihm das am Ende auch gelingt, ist keineswegs ausgemacht.

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