Vegan:Kissen ohne Federn

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Mehr als 900 000 Menschen sollen in Deutschland bereits vegan leben. Langsam erkennen auch die großen Reiseveranstalter, dass diese Zielgruppe für sie interessant ist - weil sie wächst. Und weil sie Kaufkraft hat.

Von Leonie Gubela

Schnitzel und Schweinebraten gibt es in jeder Dorfgaststätte. Wer vegetarisch lebt, kann in der Regel wenigstens auf Pommes oder Kässpatzen ausweichen. Wenn aber Veganer reisen, stellt das ihre Standhaftigkeit ernsthaft auf die Probe. Wer auf jedes tierische Produkt verzichtet - selbst auf Eier, Milch oder Honig - kann sich oft nur mit Müsliriegeln durchschlagen. Nur langsam erkennen die großen Reiseveranstalter, dass Veganer eine wachsende und oft kaufkräftige Zielgruppe sind. 900 000 Deutsche leben laut Vegetarierbund inzwischen vegan.

"Als Veganer hat man oft nur die Wahl, seinen Prinzipien untreu zu werden oder mit knurrendem Magen wieder nach Hause zu fahren", sagt Thomas Klein, "deshalb haben wir unsere Website ins Leben gerufen." 2012 hat Klein zusammen mit seiner Frau das Hotelportal "Vegan Welcome" online geschaltet. Darauf versammeln die ehemaligen Journalisten Hotels aus aller Welt, die zu jedem Menü auch eine vegane Alternative anbieten. Die Hotels müssen darauf achten, dass die veganen Lebensmittel getrennt von nicht-veganen aufbewahrt werden; ebenso wird beim Zubereiten unterschiedliches Besteck verwendet. "Außerdem sollte der Gast nicht mit großen Augen angeschaut werden, wenn er nach einem Kissen ohne Federn verlangt", sagt Thomas Klein.

Indien ist einfach für Veganer. Aber Achtung bei Butterschmalz!

Wer in Europa unterwegs ist, wird im Westen mehr vegane Restaurants finden als im Osten. Eine Ausnahme sei Warschau, sagt Klein: "Die Stadt wird nach Berlin zum neuen europäischen Veganer-Hotspot." Auch Asien sei ein gutes Reiseland für Veganer, dort esse man in vielen Ländern generell weniger Fleisch. Vor allem in Indien sei es einfach, sich vegan zu ernähren. "Gebraten wird jedoch häufig mit Butterschmalz, nachhaken lohnt sich", empfiehlt Klein. Kulinarischer Dolmetscher ist der "Vegan Passport", erhältlich auf der Website der Tierschutzorganisation Peta. Darin wird in mehr als 70 Sprachen aufgeklärt, was auf dem Teller landen darf und was nicht. Das Internetportal "Happy Cow" rezensiert vegane Unterkünfte, Gaststätten und Lokale.

Auf dem Markt gibt es ständig neue Angebote - von "Veggie-Wanderungen" durchs Périgord bis hin zur "veganen Flusskreuzfahrt". "Wir wollten den Schiffsreisen das angestaubte Image nehmen", sagt der Gründer der gleichnamigen Firma, Dirk Bocklage. Er chartert Schiffe, auf denen selbst die Wellnessprodukte garantiert vegan sind. Das Geschäft laufe gut, sagt Bocklage. Eine "vegane Yoga-Kreuzfahrt" startet an diesem Donnerstag auf der Donau, sie sei so gut wie ausverkauft.

Die großen Reiseveranstalter ziehen langsam nach: Auf der Internetseite der Tui wird es vom Jahresende an eine Suchfunktion geben, mit der sich Hotels mit veganer Küche ermitteln lassen. "Gesundes Essen ist bei den Urlaubern absolut im Trend", sagt Tui-Sprecherin Susanne Stünckel. In den Viverde-Häusern, die nachhaltig wirtschaften müssen, gebe es auch vegane Menüs. Bei Thomas Cook werden Veganer in den Sentido-Hotels umworben. Jede Unterkunft beschäftige einen Allergen-Beauftragten; das Küchenpersonal werde regelmäßig geschult, so ein Sprecher.

Am Ziel also können Veganer oft entspannter sein als unterwegs. Die Lufthansa und Air Berlin bieten auf Vorbestellung veganes Essen ohne Zuschlag an. Im Bordbistro der Fernzüge der Deutschen Bahn aber gibt es bis dato nur ein veganes Nudelgericht.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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