"Walkie-Talkie" in London:Das hässlichste Hochhaus der Stadt

Walkie-Talkie in London

Sieht hässlich aus und ist auch noch gefährlich: der 160 Meter hohe Wolkenkratzer "Walkie-Talkie".

(Foto: Simon Dawson/Bloomberg)

Es schmilzt Autos und erzeugt gefährliche Fallwinde: Das "Walkie-Talkie" in London ist Sinnbild für die Probleme der Stadt.

Von Alexander Menden

Es gehört schon Einiges dazu, in London, einer Stadt, die vor Bausünden wimmelt, regelmäßig als unbeliebtestes Gebäude tituliert zu werden. Aber das "Walkie-Talkie" hat sich seinen Ruf redlich verdient. Wie man es auch betrachtet: Man findet nichts Gutes an dem 160 Meter hohen Wolkenkratzer des uruguayischen Architekten Rafael Viñoly im Bankenviertel.

Zunächst mal ist er sehr hässlich. Unproportioniert und kopflastig ragt er aus der Fenchurch Street wie ein dicker Quadratschädel, der sich in ein viel zu enges Mieder gezwängt hat. Dann stellte sich kurz nach der Vollendung vergangenes Jahr rasch heraus, dass die konkave Glasfront zur Straße hin bei direkter Sonneneinstrahlung eine fatale Brennglaswirkung entfaltet. Die Ladengeschäfte auf der anderen Straßenseite heizten sich gefährlich auf; die Hitze reichte sogar, um die Kunststoffteile von Karosserien gegenüber dem Walkie-Talkie geparkter Autos zu verformen. Die gesamte Front musste schließlich mit einem Lamellengitter überzogen werden, um die Anrainer zu schützen.

Nun zeigt sich, dass das Gebäude noch eine weitere unschöne Überraschung bereithält: Wenn der Wind aus Südwesten weht, fängt er sich in der geschwungenen, 36 Stockwerke hohen Fassade. Das erzeugt extrem starke Fallwinde. Man hört von Passanten und Café-Schildern, die davon umgeweht wurden. Es ist amtlich: Das Walkie-Talkie ist in jeder Hinsicht ein absolutes Desaster. Und doch wurde seine Errichtung von den Planungsbehörden durchgewinkt.

Kritik wird als "undemokratisch" abgeblockt

Die Gebietskörperschaft der Londoner City, die City of London Corporation, hat jetzt gefordert, vor der Baugenehmigung für neue Projekte alle von Architekten und Bauträgern vorgelegten Berechnungen noch einmal unabhängig prüfen zu lassen. Zu oft hätten sich in jüngster Zeit "die Ergebnisse nicht mit den Erwartungen gedeckt". Ein Missverhältnis, auf das die "Skyline Campaign" schon länger hinweist. Die Kampagne, zu der Londoner Architekten wie David Adjaye und Eric Parry gehören, fordert eine Baupolitik, die schlechtem, umgebungsfeindlichem Design einen Riegel vorschiebt. In ihrem Manifest kritisiert die "Skyline Campaign", Londons Bauplanung sei geprägt von "einem schockierenden Mangel an öffentlicher Kenntnis, Beratung oder Debatte".

Doch solche Stimmen sind bisher selten, wenn es um Londons Entwicklung geht. Bürgermeister Boris Johnson treibt den sich rapide beschleunigenden Hochhausboom in der Stadt voran und blockt jede Kritik als "undemokratisch" ab - was in diesem Fall vor allem als "marktfeindlich" zu lesen ist. Und solange Neubauprojekte von Bauherren wie Baubehörden weniger als Wohn- und Arbeitsraum, sondern fast ausschließlich als Investitionsmöglichkeit betrachtet werden, dürfte sich daran nichts ändern.

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