Containerschiffe:Größer ist besser - noch größer ist noch besser

The Suez Canal Viewed From The Ebba Maersk Container Ship

Mit 400 Metern Länge gehört die Mærsk Mc-Kinney Møller zu den weltweit größten Containerschiffen (hier nach der Durchfahrt des Suezkanals)

(Foto: Bloomberg)
  • Am Wochenende wird in Hamburg das größte Containerschiff der Welt getauft: die MSC Zoe.
  • Mit immer größeren Schiffen wollen die Reeder die Kosten senken.
  • Für die Häfen sind die Schiffe jedoch oft zu groß.

Von Angelika Slavik

An diesem Sonntag wird es in Hamburg wieder Häppchen geben. Häppchen und Champagner und weiße Tischdecken und pinkes Licht. Das ist das Hamburger Standardszenario, wenn es einen Weltrekord zu feiern gibt. Es hat sich eine gewissen Routine eingespielt, schließlich gab es ziemlich viele dieser Weltrekord-Partys in jüngster Zeit.

Der neueste Weltrekordhalter ist 395 Meter lang und 59 Meter breit. Am Sonntag wird er auf den Namen MSC Zoe getauft. Die MSC Zoe ist dann das größte Containerschiff der Welt. Für ein paar Wochen zumindest. Dann wird ein anderes Schiff kommen, und die Hamburger werden die weißen Tischdecken wieder hervorholen und das pinke Licht, sie werden Häppchen reichen und Champagner.

Auf den Weltmeeren herrscht aktuell Größenwahn: Fast wöchentlich kommen die Meldungen von immer neuen Kapazitätsrekorden auf Containerschiffen. Die MSC Zoe schafft eine Ladung von 19 244 Teu, wie die Reeder das nennen, also 19 244 Standardcontainer. Es sind Container voller iPads und Turnschuhe, voller billiger Klamotten und teurer Bauteile. Schon ein Schiff, das 8000 Standardcontainer schafft, gehört in die Klasse der "Megacarrier". Aber 8000 Container sind längst nicht mehr genug für die konsumverzückte Welt des Jahres 2015 - und sie sind auch nicht genug für die Reeder. Denn für die gilt: Größer ist besser. Noch größer? Ist noch besser.

20 Prozent weniger Treibstoff

Vor der MSC Zoe stand vor einigen Wochen die baugleiche MSC Oscar im Mittelpunkt, davor galt die weltweite Aufmerksamkeit dem Monsterschiff CSCL Globe, das 19 100 Container transportieren kann. Die Mærsk Mc-Kinney Møller hatte 18 270 Container Kapazität. Und im Jahr 2013 wurde in Hamburg die Marco Polo der Reederei CMA CGM als weltweit größtes Containerschiff begrüßt und gehuldigt. Die Marco Polo fasst 16 000 Container. Das ist aus heutiger Sicht fast schon, ja, niedlich. Die Maßstäbe habe sich verschoben in den vergangenen zwei Jahren. Zuvor konnten die größten Containerschiffe der Welt 15 000 Einheiten transportieren - sie behielten die Rekordposition sechs Jahre lang.

Die neue Lust auf Größe ist auf den ersten Blick ein wenig verwirrend, schließlich kämpfen die Reedereien weltweit seit Jahren mit sinkenden Frachtraten. Die Frachtraten sinken, weil die Reeder Überkapazitäten haben, es gibt auf den Schiffen also meist mehr Platz als Ladung. Ist es da nicht absurd, immer größere Schiffe bauen zu lasen, auf denen dann mitunter noch mehr Transportfläche ungenutzt bleibt? Die Reeder allerdings rechnen anders. Sie hoffen, gerade mit den Riesenschiffen einen Weg aus der Krise zu finden. Denn große Schiffe drücken die Kosten pro Einheit. Der Treibstoffverbrauch pro Container ist auf einem Megacarrierer etwa 20 Prozent niedriger als auf einem kleineren Schiff. Für die angeschlagene Branche könnte das ein entscheidend sein.

Die Größenjagd ist noch nicht an ihrem Ende angekommen, nicht, wenn es nach den Schiffsbauern geht. Schiffe mit einer Kapazität von bis zu 24 000 Einheiten wären technisch kein Problem, heißt es - zumindest wäre es kein Problem in der Herstellung. Im Betrieb allerdings sieht die Sache anders aus: Denn während die Werften und die Reedereien den Trend zu immer größeren Frachtern befeuern, ist diese Entwicklung für andere durchaus problematisch: für die Häfen. Ein 24 000-Teu-Schiff wäre nämlich nicht nur noch länger, sondern auch noch breiter als die aktuelle Riesenfrachter-Generation. Und dabei bringt schon die die Häfen an ihre Grenzen.

Die Elbe wird zur Einbahnstraße

Als im Januar die CSCL Globe in Hamburg einlief, musste sie einen Teil ihrer Fracht in Rotterdam zurücklassen - denn voll beladen hat sie 16 Meter Tiefgang, zu viel für die Elbe. Mit reduzierter Ladung degradierte sie dann die Fahrrinne zwischen Glückstadt und Wedel vor den Toren Hamburgs zur Einbahnstraße: Bei einer Schiffsbreite von fast 60 Metern passt da bestenfalls noch ein Schlauchboot daneben.

Hamburg und Bremen zum Beispiel versuchen deshalb seit einiger Zeit, die Fahrrinnen von Elbe und Weser vergrößern zu lassen. Doch die Vorhaben sind juristisch umstritten, allein die korrekte Auslegung der EU-Wasserschutzrichtlinie befasste diverse Instanzen über Monate. Zudem haben Umweltschützer Bedenken - nicht nur wegen der unmittelbaren Auswirkungen auf die Wasserqualität, sondern auch wegen der Folgen für Flora und Fauna in der jeweiligen Umgebung. Dazu kommt, dass große Schiffe auch große Containerbrücken benötigen, damit die Ladung zügig weitertransportiert werden kann. All das wird Häfen, Terminalbetreiber und Kommunen viel Geld kosten. Vor allem aber verschärft es den Konkurrenzkampf zwischen den Häfen. Wer die Riesenschiffe nicht in Empfang nehmen kann, wird von den Reedereien schlicht nicht mehr angesteuert werden. In Hamburg macht dieses Szenario die Politik so nervös, dass alle Parteien die Elbvertiefung durchsetzen wollen, unabhängig von den juristischen Schwierigkeiten.

Ein Ende der Rekordjagd ist auch nicht in Sicht: Schiffe mit einer Kapazität von 21 000 Containern sind schon bestellt, von 2017 an sollen sie auf den Weltmeeren unterwegs sein. Die MSC Zoe, die an diesem Wochenende in Hamburg mit Häppchen gefeiert wird, wird dann nur noch eine Randnotiz sein.

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