Soziale Netzwerke:Mehr als nur eine Idee

The sun sets on the entrance sign at Facebook's headquarters in Menlo Park the night before its IPO launch

Facebook-Zentrale in Menlo Park, Kalifornien: Das soziale Netzwerk hat weltweit fast 1,5 Milliarden Nutzer, während Twitter auf gerade einmal 304 Millionen Mitglieder kommt.

(Foto: Beck Diefenbach/Reuters)

Facebook und Twitter bieten ähnliche Dienste - und könnten doch kaum unterschiedlicher sein. Beim einen läuft es glänzend, beim anderen mies.

Von Varinia Bernau

Auf den ersten Blick machen die beiden Unternehmen genau das Gleiche: Sie bieten all den Menschen mit hohem Mitteilungsbedürfnis eine Plattform. Auf den zweiten Blick aber könnten sie nicht unterschiedlicher sein - und dies zeigte sich nun auch einmal mehr auf dem Börsenparkett. Während die Aktie von Twitter binnen eines Tages um fast 15 Prozent abstürzte, hielt sich die von Facebook nahezu stabil. Dabei hatten beide Unternehmen Zahlen für das abgelaufene Quartal vorgelegt, die in beiden Fällen eher mittelmäßig waren.

Warum trauen Börsianer Facebook zu, was sie Twitter nicht zutrauen?

Beweise statt Behauptungen

Facebook hat gezeigt, dass das Unternehmen Geld verdienen kann. Und zwar selbst Kritikern, die zum Börsengang im Mai 2012 noch bemängelten, dass es in der App keinerlei Anzeigen gab. Facebook justierte nach. Heute stammen drei Viertel der Werbeerlöse aus Kampagnen, die auf mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets laufen. Twitter hingegen ist diesen Beweis noch schuldig geblieben. Seit dem Börsengang im Herbst 2013 hat der Konzern in keinem einzigen Quartal schwarze Zahlen geschrieben.

Beide Unternehmen bieten ihre Dienste weitgehend kostenlos an - und setzen auf Erlöse aus Werbung. An die Werbebudgets kommt aber nur, wer glaubhaft machen kann, dass er dafür eine gute Abspielfläche bietet. Twitter hat gerade einmal 304 Millionen Mitglieder. Auf so viele kommt inzwischen fast allein das auf Fotos spezialisierte Netzwerk Instagram, das zum Reich des Internetkonzerns Facebook gehört. Den digitalen Plaudertreff Facebook hingegen nutzen mittlerweile 1,49 Milliarden Menschen. Wer sich dort anmeldet, muss dies mit seinem echten Namen tun - und gibt zumeist auch freigiebig Auskunft über seinen Lebenslauf und seine Gewohnheiten. Mit all diesen Informationen kann Facebook nicht nur Werbung passgenauer platzieren, sondern seinen Dienst auch stetig verbessern. Das zeigt Wirkung: Bei Facebook verbringen die Menschen deutlich mehr Zeit als bei Twitter - und deshalb schalten Unternehmen dort auch lieber ihre Werbung.

Der Richtige auf dem Chefsessel

Wenn Mark Zuckerberg, der Facebook 2004 in einem Internatszimmer gegründet hat, über sein Werk spricht, dann tut er dies mit nahezu missionarischem Eifer. Er ist getrieben von dem Willen, die ganze Welt zu vernetzen. So hat er vor zwei Jahren eine Initiative namens Internet.org gestartet, die das Internet in schwach entwickelte Regionen bringen will. Dazu hat sich Zuckerberg mit Handy-Herstellern, Netzausrüstern und Mobilfunkanbietern verbündet, die zumindest nach seinem Willen größtenteils den Netzausbau finanzieren sollen. Facebook liefert hingegen die App, durch die die Menschen dort hinaus ins World Wide Web treten. Vodafone-Chef Vittorio Colao klagte bereits, das Projekt sei, "als würde Zuckerberg Philanthropie betreiben, aber mit meinem Geld". Akribisch hat Zuckerberg, der einst Informatik und Psychologie studiert hat, den Abschluss allerdings zugunsten von Facebook sausen ließ, seit dem Börsengang darauf geachtet, dass er die Mehrheit der Stimmrechte behält - und damit die Macht darüber, welchen Kurs der Konzern einschlägt.

Ganz anders sieht es an der Spitze von Twitter aus. Dort steht derzeit Jack Dorsey. Allerdings ist das eher Zufall als ein Zeichen von Beständigkeit. Zuckerberg bringt Leidenschaft für seine Sache mit, Dorsey eher Eitelkeit. Der heute 38-Jährige war 2007 zwar der erste Vorstandsvorsitzende bei Twitter, wenig später wurde er aber von einem der anderen Gründer verdrängt. Dorsey gründete den Bezahldienst Square - und inszenierte sich nebenbei geschickt als wichtigster Kopf hinter Twitter. Im März 2011 kehrte er auch als Manager ins Unternehmen zurück. Als im Juni dieses Jahres Konzernchef Dick Costolo hinwarf, übernahm Dorsey wieder den Chefposten. Twitter führt er allerdings nur im Teilzeitjob. Er selbst traut sich zwar zu, neben Square auch Twitter zu leiten. Sowohl die meisten Aufsichtsräte als auch einige wichtige Investoren halten dies allerdings für Größenwahn. Nur: Ein Nachfolger für den Chefposten bei Twitter ist nicht in Sicht. Der Job ist zwar prestigeträchtig, aber auch alles andere als einfach.

Ein Händchen für die Zukunft

Twitter, so sagte Jack Dorsey, solle so einfach sein wie "aus dem Fenster zu gucken, um zu sehen, was passiert". Man müsse nicht nur das Fenster zur Welt, sondern auch das beste globale Mikrofon werden. Ein schönes Ziel. Wie Twitter allerdings dort hingelangen will, ist bislang völlig unklar. Das nächste große Ding kennt naturgemäß niemand in der Branche. Aber Börsianer wollen wissen, wie sich ein Konzern für die Zukunft rüstet. Und auf diese Frage hat Facebook eindeutig die überzeugenderen Antworten: Der Konzern pumpt viel Geld in die nächste Generation von Diensten - etwa den Chatdienst Whatsapp, die Fototauschplattform Instagram und die Datenbrille Oculus Rift. Sie sollen jenseits des sozialen Netzwerkes, mit dem alles begann, die Zukunft von Facebook sichern. Die Datenbrille, die Anfang kommenden Jahres in die Läden kommen soll, ist ein zentraler Bestandteil von Zuckerbergs Vision. Die virtuellen Welten, die man damit betritt, könnten seiner Ansicht nach irgendwann das sein, was heute noch Videos im Netz sind: ein wichtiger Köder, um Menschen auf eine Internetseite zu locken und dort auch lange Zeit zu begeistern. Für ähnliche Investitionen hat Facebook fast drei Mal so viel Geld auf der hohen Kante wie Twitter: nämlich 11,2 Milliarden Dollar.

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