Audi:Die zweite Heimat

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Audi-Chef Rupert Stadler machen auch die Marktschwächen in Russland und Brasilien zu schaffen.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Der Autohersteller Audi hatte sich an hohe zweistellige Zuwächse in China gewöhnt und muss bescheidener werden. Auch andere Märkte machen Probleme.

Von Thomas Fromm

Dass Rupert Stadler seit Jahren zu den überzeugten China-Fans in der Autogemeinde gehört, ist kein Geheimnis. Seit die Ingolstädter Ende der 80er Jahre begannen, in großem Stil den chinesischen Markt aufzurollen, ging es nur: nach oben. Es begann schon Ende der 80er Jahre mit der Lizenzproduktion des Audi 100 in Changchun, später kamen der A6 und der Q5. Audi wurde schnell zum Hof-Ausstatter des chinesischen Verwaltungsapparates und lieferte lang gestreckte Limousinen für Beamte und Politiker. Die anderen waren noch mit Europa und den USA beschäftigt, als man in Ingolstadt verstand: Wer mit dem chinesischen Staat im Geschäft ist, hat irgendwann auch den Privatmarkt. Und als der Konzern im Frühjahr 2009 eine Tochtergesellschaft in China gründete, sprach Stadler von "größerer Nähe zu unserem zweiten Heimatmarkt". Heimat, das klang bodenständig, so als würde Stadler über seine Kindheit im bayerischen Eichstätt sprechen. China als Heimat, diese griffige Formulierung benutzten dann auch noch andere Automanager in den Jahren darauf.

Aber auf keinen Hersteller traf das wohl so zu wie auf Audi.

Dann kamen die Einschläge, zum ersten Mal seit vielen Jahren. Im Mai und Juni verkaufte Audi zwei Mal hintereinander weniger Autos in China, und als man vor einer Woche bekannt gab, dass der langjährige China-Chef Dietmar Voggenreiter zum Jahresende zurück nach Ingolstadt geholt wird, wurde gerätselt: War das nun ein turnusmäßiger Wechsel? Oder hatte da jemand die Konsequenzen aus dem China-Geschäft gezogen?

Die Frage stellte sich auch an diesem Donnerstag, als Stadler die Halbjahreszahlen von Audi kommentieren musste. Stadler, der Mann, der so gerne vom zweiten Heimatmarkt und auch sonst druckreifen Manager-Jargon spricht, sagte: Nein, ein Zusammenhang zwischen der Voggenreiter-Personalie und der Lage am chinesischen Markt sei "bullshit". Niemand hätte ernsthaft glauben können, dass der chinesische Markt für immer und ewig zweistellig wachsen würde.

"Bullshit", das ist im Sprach-Repertoire des Audi-Chefs eine neue Variante. Vielleicht meinte er es einfach so, wie er es sagte. Also: alles Quatsch. Vielleicht aber machen Chinas Käufer in diesen Zeiten einfach nur nervös, und da rutscht einem so etwas schon mal raus.

Ein Drittel ihrer Autos verkaufen die Bayern in China, es ist der wichtigste Markt. Und eigentlich galt das Ziel, in diesem Jahr 600 000 Autos zu verkaufen. Eine Zahl, die man am Donnerstag so nicht wiederholen wollte.

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