FC Bayern im Supercup:Guardiolas empfindliche Antennen

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Pep Guardiola (re.): In Wolfsburg nicht gerade in Hochstimmung

(Foto: AFP)

Genervt, zerknirscht, ungeduldig: Pep Guardiola wirkt nach der Supercup-Niederlage, als sei er nur noch auf schnellen Erfolg fixiert. Ein starkes Zeichen, dass es seine letzte Saison beim FC Bayern wird.

Kommentar von Christof Kneer

Um zu ermessen, wie verwundbar der Supercup-Verlierer aus München in dieser Saison ist, lohnt sich ein kleiner Blick auf den Spielplan. Am ersten Spieltag empfängt der FC Bayern den Hamburger SV, gegen den er sich schon häufiger sehr schwergetan hat. Allerdings liegt diese Zeit schon das eine oder andere Jahrzehnt zurück, im aktuellen Jahrzehnt hat sich eher der HSV, sagen wir: schwergetan. In den letzten fünf Spielzeiten haben sich die Hamburger gegen Bayern eine seriöse Tordifferenz von 5:39 erwirtschaftet. In zehn Spielen haben sie einmal 1:1 und zweimal 0:0 gespielt, aber das waren nur kuriose Ausreißer. Die Standardergebnisse lauteten 0:5, 0:6, 0:8 oder auch 2:9.

Am zweiten Spieltag spielen die Bayern in Hoffenheim, dann spielen sie zweimal nacheinander zu Hause, am fünften Spieltag dürfen sie nach Darmstadt. Zur Verwundbarkeit der Bayern lässt sich also sagen, dass sie vermutlich schon sieben Punkte vorne liegen, bevor sie den Rivalen Wolfsburg und Dortmund, natürlich zu Hause, begegnen.

Zwei Wochen vor dem Ligastart liegen bereits drei einleuchtende Gründe vor, warum die Bayern schon wieder Meister werden könnten. Grund eins: der Spielplan. Grund zwei: eine lange Sommerpause, in der sich die Bayern bedrohlich erholen konnten. Grund drei: der Supercup. Bevor die Bayern zuletzt dreimal in Serie Meister wurden, haben sie dreimal in Serie den Supercup verloren.

Gewinnen ist gerade noch wichtiger als wichtig

Es ist keine neue Erkenntnis, dass es bei Bayern ums Gewinnen geht, aber zurzeit ist Gewinnen für diesen Verein vielleicht noch ein bisschen wichtiger als wichtig - das ist der Eindruck, den Klub und Trainer gerade vermitteln. Sie fühlen sich nach der Vorsaison ("nur" ein Titel) unter Zugzwang - besonders Pep Guardiola, dessen empfindliche Antennen natürlich jene ersten leisen Signale empfangen, die vor allem die Öffentlichkeit, aber auch der Verein ("ohne Pep geht die Welt nicht unter") gerade senden.

Es hat nach dem Spiel in Wolfsburg keine neuen Sätze zur Zukunft des Trainers gegeben, aber die Debatte wurde mit Bildern fortgesetzt. Guardiolas Miene war eine Mischung aus Zerknirschtheit (über die Niederlage) und Genervtheit (über die Fragen) unschwer zu entnehmen; es ist nicht mehr zu übersehen, dass er die Debatte anstrengend findet. In dieser Gemengelage, sagen Vertraute, definiere sich dieser Coach mehr denn je über Erfolg; er wirke deutlich stärker aufs aktuelle Resultat fixiert als auf die mittel- oder langfristige Weiterentwicklung der Elf in seinem ursprünglichen idealistischen Sinn.

Er hat sich einen Außenbahn-Artisten gewünscht (Douglas Costa), damit er im Champions-League-Halbfinale nicht wieder plötzlich ohne Flügel dasteht; er hat auch die Personalie Vidal begrüßt, weil ihm dieser wilde Mensch zwar keine katalanischen Passkaskaden, aber Wehrhaftigkeit im entscheidenden Moment garantiert.

Im Moment wirkt Pep Guardiola, als setze er alles auf die neue Saison. Und zumindest in Wolfsburg wirkte er auch so, als könnte die neue Saison tatsächlich seine letzte in München werden.

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