Syrien:Ein neuer Feind

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Die USA wollen eigens ausgebildete Rebellen in Nordsyrien gegen jegliche Angriffe verteidigen. Damit könnten sie auch bald die Truppen des Assad-Regimes bombardieren - ein Novum im syrischen Bürgerkrieg.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die USA werden künftig vom Pentagon ausgebildete Rebellen in Nordsyrien mit Luftangriffen gegen jegliche Attacken verteidigen. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates bestätigte eine entsprechende Anordnung von Präsident Barack Obama. Damit ist nicht mehr ausgeschlossen, dass die USA auch Truppen des Regimes von Baschar al-Assad bombardieren, sollten diese die Rebellen attackieren.

Offizielle in Washington spielten die Gefahr herunter, dass es zum Schlagabtausch mit dem Regime kommt. Sie wiesen darauf hin, dass Assad bislang die US-Luftangriffe gegen den Islamischen Staat (IS) hingenommen habe - in der Erwartung, dass er auch die Rebellen-Einheit nicht attackieren werde. Sie soll sich ausschließlich gegen den IS richten, nicht gegen das Regime. Zudem haben sich die Regierungstruppen weitgehend aus der Region zurückgezogen, die in der Hand der Terrormiliz IS und der mit al-Qaida verbundenen Nusra-Front ist. Das Risiko eines Aufeinandertreffens ist gering, Allerdings hält das Regime noch Teile der Stadt Aleppo und einen Korridor dorthin. Washington will vermeiden, tiefer in den Bürgerkrieg hineingezogen zu werden, und hat sich auf Luftangriffe auf den IS und wenige andere extremistische Islamisten-Gruppen beschränkt. Dies gelte auch weiterhin für offensive Operationen, hieß es. Die USA würden aber zum Schutz der von ihnen ausgebildeten Verbände "die notwendigen Schritte ergreifen". Dazu zähle "defensive Luftunterstützung". Das Pentagon bildet in der Türkei Syrer aus, die nun auch helfen sollen, eine Sicherheitszone an der Grenze zur Türkei zu kontrollieren, auf deren Einrichtung sich Ankara und Washington jüngst nach einem IS-Anschlag im türkischen Suruç mit 32 Toten geeinigt hatten. Ziel des Programms ist es, 5400 Kämpfer gegen den IS in die Schlacht zu schicken; 3000 von ihnen sollten bis zum Ende des Jahres eine sechswöchige Ausbildung durchlaufen haben. Das Programm kommt allerdings nur schleppend in Gang, unter anderem weil die Amerikaner die Rebellen auf Verbindungen zu extremistischen Organisationen prüfen und die Rekrutierung schwierig ist. Viele sunnitische Syrer sehen den eigentlichen Feind im Assad-Regime und schließen sich lieber Gruppen an, die gegen die Regierung in Damaskus kämpfen. Laut US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatten Mitte Juli "weniger als 60" Rebellen das Training durchlaufen.

Augenfällig war die Änderung der amerikanischen Einsatzregeln am Freitag geworden. US-Kampfjets bombardierten bei Azaz nördlich von Aleppo Einheiten der Nusra-Front, die eine andere Rebellengruppe angriffen, die unter dem Namen 30. Division firmiert. Sie arbeitet mit den Amerikanern zusammen und stellte einige der Rekruten, die bislang die Ausbildung in der Türkei durchlaufen haben. Zwei Anführer der Gruppe gerieten in Gefangenschaft der Nusra-Front, fünf Kämpfer wurden getötet und 18 weitere verwundet. Nach US-Angaben blieben allerdings jene 54 Rebellen unverwundet, die erst am selben Tag nach Vollendung des Trainings in der Türkei nach Syrien zurückgekehrt waren. Die Amerikaner hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass die Nusra-Front die Gruppe attackieren würde, da beide gegen den Islamischen Staat kämpfen. Allerdings hat die Nusra-Front auch schon in der Vergangenheit andere Gruppen von Regierungsgegnern zerschlagen, die mit dem Westen kooperiert hatten. Man werde "die Hand der Amerikaner in Syrien abschneiden", teilte die Nusra-Front mit.

In Washington wurde klargestellt, dass die neuen Regeln zur Verteidigung mit Luftschlägen nicht für die von den USA unterstützten Rebellen im Süden Syriens gelten. Sie werden in einem anderen Programm vom Auslandsgeheimdienst CIA ausgebildet - und sollen auch gegen Assads Truppen kämpfen.

© SZ vom 04.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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