Streit um Krematorium:Leichenteile im Bauschutt?

Streit um Krematorium: "Wenn ich jetzt sterb', komm ich dann in Container oder in die Urne?", wird Geschäftsführer Gerhard Büttner von seinen Kunden halbscherzhaft gefragt.

"Wenn ich jetzt sterb', komm ich dann in Container oder in die Urne?", wird Geschäftsführer Gerhard Büttner von seinen Kunden halbscherzhaft gefragt.

(Foto: oh)
  • Das Krematorium in Hohenburg in der Oberpfalz sollen Leichenteile in Fässern und Containern gelagert worden sein.
  • Anwohner haben sich beschwert, die Polizei konnte allerdings keine Beweise finden.
  • Der Bestatter spricht von einer Rufmordkampagne von Neidern, die ihm seinen Erfolg nicht gönnen.

Von Lisa Schnell, Hohenburg

Das Jenseits beschäftigt die Menschen seit eh und je, und durchaus auch der Weg dorthin. Voller Würde und Andacht soll er sein. So versprechen es auch die Betreiber des Krematoriums Hohenburg in der Oberpfalz. "Einfühlsam" würde hier die Seele ins Totenreich begleitet. Manche vermuten an ihrem Wegesrand aber Maden und Fliegen, gar halb verweste Leichenteile und eine Bauschuttentsorgung der Toten. "Wenn ich jetzt sterb', komm ich dann in Container oder in die Urne?", wird Geschäftsführer Gerhard Büttner mittlerweile von seinen Kunden halbscherzhaft gefragt. Zu Recht? Darüber ist in dem kleinen Ort seit Kurzem ein Streit entbrannt.

"Da ist überhaupt nichts dran", sagt Büttner vom Krematorium. Er spricht von einer Rufmordkampagne, von Neidern, die ihm seinen Erfolg nicht gönnen. "Es wurde denunziert und sonst nichts", sagt auch Bürgermeister Florian Junkes (CSU) und er hat auch einen Verdacht von wem: Uli Hager. Für den Hohenburger Bürgermeister einer, "der schon immer stänkert". Der 73-Jährige selbst sieht sich dagegen als "Anlaufstelle für besorgte Bürger". Eine "Riesenschweinerei" sei das, was da im Krematorium passiere. Etwa zwölf Anwohner seien zu ihm, dem pensioniertem Studienrat aus München, gekommen. Was einer von ihnen erzählt, der nicht mit Namen in der Zeitung stehen möchte, klingt wie eine Horrorgeschichte.

"Gestunken hat es unter aller Kanone", erinnert sich dieser. Er hatte sein Auto neben einen Bauschuttcontainer auf dem Parkplatz vor dem Krematorium abgestellt. "Alles war schwarz von Fliegen", sagt er. Im Container hätten weiße, dicke Maden auf kompletten Knochenteilen gewuselt. Ganze Hüft- und Beinknochen will er dort entdeckt haben. Auf einige der Blechfässer, die bei dem Container standen, war ein Aufkleber mit der Aufschrift "Bauschutt" geklebt. Solche Fässer hätte er schon öfters dort rumstehen sehen - genau wie Container. Auch Särge, die sich ungekühlt in der Sonne stapelten, will der Mann beobachtet haben. "Ich dachte immer, Verbrennung sei eine saubere Sache", sagt er, im Bauschutt möchte er später aber nicht landen.

Das Landratsamt ermittelt

Der Mann machte Fotos und verständigte die Polizei. Die konnte am nächsten Tag aber keine Fliegen oder Maden mehr finden, auch keine halbverwesten Leichenteile. Dafür aber einen Container voller Asche mit Resten von "größeren Knochen". Doch der Fall sei "abgeschlossen", die Zuständigkeit liege beim Landratsamt. Das ermittelt nun wegen der "unschicklichen Entsorgung von Leichteneilen" - eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Euro geahndet werden kann. Bis jetzt konnten an Ort und Stelle aber " keine Zustände festgestellt werden, die nicht den bestattungsrechtlichen Vorgaben entsprachen". In den Container konnten die Mitarbeiter vom Landratsamt ihre Nasen allerdings nicht mehr stecken. Der war verschwunden, genau wie die ominösen Fässer. Würden Knochen von Toten wirklich auf dem Bauschutt entsorgt, wäre das "Störung der Totenruhe" und eine Straftat, sagt Jörg Freudensprung vom bayerischen Bestatterverband. Und, wurden sie? "Das wissen wir nicht", heißt es bei der Kriminalpolizei Amberg. Schließlich sei ja das Landratsamt zuständig.

"Das Thema wird in die unterste Schublade gekehrt", sagt Uli Hager, das selbsternannte Sprachrohr der "besorgten Bürger". Da muss Büttner schallend lachen, obwohl es ihm eigentlich so gar nicht lustig zumute ist. Er wisse nicht einmal, wo der Verwaltungschef wohne, und auch sonst könne er alles erklären. In dem Container sei keine Asche gewesen und schon gar keine Knochen. Die einzigen Überreste, die dort lagen, seien die von seinem Verbrennungsofen. Der musste erneuert werden. Der Schamottstein aber sei bröselig wie Sandstein, schwarz von der Verbrennung könne er auch einen Polizeibeamten an Asche erinnern. Die weiß-gelblichen Formationen, in denen mancher eine angekokelte Hüfte oder einen Fuß erkennt, sind nach Büttners Angaben nur Schmelzreste aus einem Sarggriff oder Aluminium. Das viele Weiß komme von den Kissen und Decken im Sarg.

Der Bestatter hat für alles eine Erklärung

Streit um Krematorium: Schwere Vorwürfe: Im Hohenburger Krematorium sollen die Überreste Verstorbener nicht ordnungsgemäß entsorgt worden sein.

Schwere Vorwürfe: Im Hohenburger Krematorium sollen die Überreste Verstorbener nicht ordnungsgemäß entsorgt worden sein.

(Foto: oh)

Auch Freudensprung vom bayerischen Bestattungsverband erkennt auf den Fotos nicht, dass in Hohenburg etwas "massiv falsch gelaufen" wäre. Sein Kollege vom Münchner Krematorium, André Ludwiczak, vermutet auf zwei Bildern eventuell doch Knochen, kann aufgrund der Fotoqualität aber nichts Genaues sagen. Landeten also doch menschliche Knochen auf dem Bauschutt? Krematoriumsbesitzer Büttner beteuert, den Container auf menschliche Asche "durchsiebt" zu haben, bevor er ihn als Bauschutt entsorgte. Auch all die anderen Vorwürfe meint er, entkräften zu können. In den Fässern sei Sorbalit, eine Mischung aus Aktivkohle und Löschkalk, die zum Filtern verwendet wird. Auch dieses Gemisch ähnele Asche.

"Ich habe nichts zu verbergen", sagt Büttner. Immer wieder führe er interessierte Besucher durch das Krematorium. "Ich zeige alles. Das einzige, was ich nicht aufmache, sind die Särge." Bei den angeblich ungekühlten Särgen in der Sonne, die ein Anwohner gesehen haben will, wäre aber selbst das nicht schlimm gewesen. "Die waren leer", sagt Büttner. Ein Mitarbeiter, der einen Sarghandel betreibe, würde sie bei ihm lagern.

Der Bestatter fürchtet um seinen Ruf

Bürgermeister Junkes spricht von einem "Vorzeigebetrieb". Es gab bis jetzt nichts zu beanstanden, heißt es aus dem Landratsamt. Im Haushalt der Gemeinde schlägt sich das Unternehmen dafür sehr positiv nieder. Das "todsichere Geschäft" laufe "top", sagt Junkes. Es sei nicht unwichtig für die Gewerbesteuereinnahmen. Auch den Leichenwagenfahrer, der im Dorf immer seine Leberkässemmel isst, will er nicht missen. Mit Sorge beobachtet Junkes deshalb die "ungute Stimmung" im Ort. "Da lass i mi ned verbrenna" - das höre er jetzt immer öfter.

Gerhard Büttner vom Krematorium in Hohenburg fürchtet massiv um seinen Ruf. Uli Hager wird deshalb bald ein Schreiben vom Rechtsanwalt in seinem Briefkasten vorfinden. Büttner will ihn wegen Rufmordes verklagen. So still und andächtig es eigentlich mit Bestattungen zugehen sollte, in Hohenburg werden sie wohl weiterhin für Unruhe sorgen.

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