Schwimm-WM:Geplante Weltrekorde

Lesezeit: 2 min

Katinka Hosszu: Weltrekordhalterin über 200 Meter Lagen (Foto: Getty Images)

Nach 2009 dachte man, die irren Anzug-Weltrekorde im Schwimmen würden ewig halten. Aber die Funktionäre haben alles getan, um eine neue Flut auszulösen.

Kommentar von Claudio Catuogno

Schwimm-Weltrekorde sind toll, finden Schwimm-Funktionäre. Sie sind sozusagen das Premiumsiegel: Wo "WR" draufsteht, ist beste Spitzensportunterhaltung drin. Es müssen ja nicht gleich so viele sein wie 2009, als mehr oder weniger jeder, der es geschafft hat, einen der Ganzkörperanzüge aus Polyurethan anzulegen ohne ihn zu zerreißen, zum potenziellen Rekordschwimmer mutierte. Wie am Krabbeltisch will man seine Rekorde auch nicht verscherbeln. Aber so ein, zwei pro Finalabend dürfen's schon sein. Bei der WM in Kasan kommt man gerade ziemlich genau auf diesen Schnitt.

Da ist es eine Kuriosität am Rande, dass der Brite Adam Peaty, der bei der EM 2014 in Berlin die Bestmarke über 50 Meter Brust unterbot, bis heute darauf wartet, dass diese anerkannt wird. Das ist bisher an einem Formfehler gescheitert. Weltrekordler müssen auf Epo getestet werden, aber bei Peaty hat ein Berliner Kontrolleur vergessen, auf dem Formular ein entsprechendes Kreuzchen zu machen. Also wurde nicht getestet. Also kein Weltrekord. Oder doch? Der Schwimm-Weltverband Fina hat sich mit dem Fall noch nicht abschließend befasst, "aus zeitlichen Gründen".

Weltrekorde sind wichtig - als Zirkuseinlagen fürs Publikum

Weltrekorde sind halt wichtig, solange die Kameras an sind. Als Zirkuseinlage fürs Publikum. Danach kann man sie auch mal ein Jahr liegen lassen.

Ach, es gibt gerade jeden Tag eine neue Kuriosität aus dem Fina-Kosmos zu vermelden. Die Kuriosität des Montags hatte Generalsekretär Cornel Marculescu geliefert, als er stolz mitteilte, in Kasan würden 3000 Dopingtests genommen. Aber als er dann noch mal drüber nachdachte, war er sich nicht mehr sicher, ob es doch nur 300 sind.

Und Adam Peatys 26,62 Sekunden von Berlin haben sich jetzt ja auch schon wieder erledigt: Cameron van der Burgh schwamm am Dienstag im Vorlauf genauso schnell. "WR"! Toll! Peaty wiederum im Halbfinale? 26,42. "WR"! Super!

Nach 2009 dachte man zunächst, die irren Anzug-Rekorde würden nun ewig in den Listen stehen. Aber es ist wie mit einer Sucht: Die Funktionäre litten unter Rekord-Entzug. Sie führten schrägere Startblöcke ein, sie erlaubten hier und da ein paar Unterwasser-Kicks, das alles bringt ein paar Zehntel. Und auch das Schwimmen selbst hat sich weiterentwickelt, viele Erkenntnisse aus der Anzugs-Ära ließen sich für die Zeit danach nutzen. Jetzt gibt es also wieder Rekorde.

Wahr ist aber auch: Ob es nun 300 oder 3000 Dopingtests sind, ist im Grunde egal, so lange die in der Szene gebräuchlichen Schnellmacher gar nicht gefunden werden können. Aber darüber zu reden, hieße ja einzugestehen, dass Weltrekorde doch nicht nur toll sind.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: