FC Bayern beim Vorbereitungscup:Fußballzerstörer erzürnt Guardiola

  • Beim Testturnier im heimischen Stadion besiegt der FC Bayern den AC Mailand mühelos 3:0.
  • Doch das phasenweise dynamisch schöne Spiel rückt in den Hintergrund, weil sich Bayern-Trainer Pep Guardiola massiv über Nigel de Jong aufregt.
  • Zugang Kimmich muss wegen des Niederländers verletzt den Rasen verlassen.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Ein knallrotes Shirt mit düsteren Streifen, dazu eine schwarze Hose, so kleidete sich diesmal der Fußballtrainer Josep Guardiola - wer es mit der Farbenlehre genau nimmt, kommt um die Erkenntnis nicht herum: Da hatte einer einen Tag mit teuflischer Würze erwischt. Das Gewand des Bayern-Trainers passte zu seiner Gemütslage. Guardiola fehlten eigentlich nur noch zwei Zorneshörner und eine Feuerharke zum vollkommenen Belzebub.

Sein Temperament entlud sich beim Sommerkick im Sponsoren-Cup gegen den AC Mailand, den die Münchner 3:0 (1:0) gewannen, vor allem in Richtung einer Person: Nigel de Jong, Kapitän der Italiener und Fußballfiesling am Rande der Gemeingefahr. Über die Männerfreundschaft der beiden kann sich die Welt selbst ein Bild machen, ein Videoschnipsel ihrer Keilerei im Kabinengang hat es längst ins Internet geschafft:

Bereits zuvor hatten sie sich auf dem Feld minutenlang angegiftet. Für ein Freundschaftsspiel lieferte der Abend gehörig Gesprächsstoff, der sich so zusammenfassen lässt: Guardiola wütete zwischen Dünnhäutigkeit und berechtigtem Ärger herum - während seine Mannschaft demonstrierte, welch explosiver Fußball mit den Zugängen Arturo Vidal und Douglas Costa in dieser Saison möglich ist. "Ich bin sehr zufrieden", sagte Guardiola hinterher, als er um ein Statement zum Spiel gebeten wurde. Das Problem: Er sah überhaupt nicht zufrieden aus.

Und das hatte mit de Jong zu tun, dem Aua-Austeiler aus Amsterdam. Der 30-Jährige Mittelfeldwühler ist seit Jahren als Etymologie-Pate im Fußballhandbuch vermerkt - und zwar unter der Rubrik "gut in die Zweikämpfe kommen". Wo de Jong auftaucht, materialisiert sich die Welt des Schmerzes, das wissen sie in Hamburg (wo er einst wirkte) ebenso wie auf internationaler Ebene. Im WM-Finale 2010 legte de Jong mit Zweikampfführung in fortgeschrittenem Härtegrad gegen ganz Tiki-Taka-Spanien sein Gesellenstück ab, inzwischen hinterlässt er in Italiens Liga seine Spuren.

In München bekam nun Mitte der ersten Hälfte Joshua Kimmich einen saftigen Hieb aufs Knie ab, der den Bayern-Profi zur Aufgabe zwang. Er musste für David Alaba vom Feld und humpelte später in den Bus.

"Ich bin traurig wegen Joshua"

"Es ist nur ein Schlag", erklärte der Neue, der diesmal im Mittelfeld als Sechser von Anfang an vorspielen durfte. Bei den Bayern hoffen sie auf eine schnelle Genesung seines Pferdekusses, denn diesen 8,5-Millionen-Kimmich wollte Guardiola eigentlich noch öfter testen. "Ich bin traurig wegen Joshua", grummelte der Katalane, ehe er mit einem Riesensatz vom Podium der Pressekonferenz stürmte und selbst den Mediendirektor seines Klubs sprachlos zurückließ.

In Guardiola kochte die Wut über den Fußballzerstörer de Jong - dabei hätte sich der Bayern-Coach durchaus über ein paar interessante sportliche Erkenntnisse freuen können. Mit Sven Ulreich, Kimmich, Vidal, Costa und Rückkehrer Pierre-Emile Höjbjerg hatte er überraschend alle aktuellen Zugänge dieses Sommers aufgeboten. Und das funktionierte gegen eine auffällig lustbefreite Elf aus Mailand prächtig.

Vor allem Costa (erst links, dann rechts) und Vidal (als Müller-Ersatz) deuteten in ihren offensiven Rollen eine Halbzeit lang an, wohin die Reise im Bayern-Kosmos zukünftig gehen kann: Im Überschallmodus nach vorne. Sie bereichern Guardiolas Spielidee mit reichlich Dynamik und Sinn fürs Vertikale, wie man es sonst nur von Arjen Robben gewohnt ist.

Dafür gab es reichlich Lob, zum Beispiel von Sebastian Rode, der im rechten Mittelfeld mit einigen Läufen Wohlwollen beim Trainer hervorrief. "Arturo macht einen super Eindruck, er ist kopfballstark und aggressiv. Und Douglas ist eine Rakete, er ist pfeilschnell." Mit ihren Qualitäten scheiterten die neuen Lieblinge des Publikums (deutlich vernehmbare "Ouhs" und "Aaahs") nur knapp am Torerfolg - Vidal köpfelte an die Latte, während sein brasilianischer Kollege bei einem Alleinsprint frei vergab. "Wir konnten heute wieder einiges ausprobieren. Mit ihnen haben wir zwei gute Spieler hinzubekommen", freute sich auch Philipp Lahm.

Dass die alten auch nicht schlecht sind, bewies die Torfolge: Das 1:0 (24. Minute) erzielte der emsige Juan Bernat mit einem Brachialgeschoss, das Milan-Verteidiger Christian Zapata noch abfälschte. Den zweiten Treffer besorgte Mario Götze (74.), dem die neue Zielstrebigkeit im Bayern-Spiel sichtlich Spaß machte und das 3:0 durch Robert Lewandowskis Volleyschuss (85.) leitete Thomas Müller mit hübschem Lupfer ein. In einer idealen Bayern-Welt wäre angesichts zahlreicher weiterer Möglichkeiten sogar ein noch schöneres Ergebnis drin gewesen, aber dafür ging es wohl um zu wenig.

Das Schöne soll mit der Effizienz eine Symbiose bilden, das wünscht sich Guardiola von seinem Team. Dafür, das bewies dieses Spiel, stehen dem Bayern-Trainer nun alle Mittel zur Verfügung. Die nächste Übungseinheit unter Wettkampfbedingungen steigt an diesem Mittwoch um 20.45 Uhr. Dann trifft der deutsche Meister bei seinem Vorbereitungs-Turnier auf Real Madrid. Teuflische Würze nicht ausgeschlossen - denn es spielt ja Sergio Ramos mit.

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