Streit über Milliardenkredit:Griechenland steht vor Neuwahl

Greek PM Tsipras in the central committee of SYRIZA party

Ministerpräsident Tsipras steckt in einem Dilemma: Er steht zwar vor einer Einigung über ein Hilfspaket, dagegen aber rebellieren Parteifreunde.

(Foto: Orestis Panagiotou/dpa)

Alexis Tsipras entgleitet der Streit im Linksbündnis Syriza. Er braucht aber Rückhalt für das angestrebte Hilfspaket - die Verhandlungen darüber seien "in der letzten Phase".

Von Mike Szymanski, Athen

Griechenland steuert immer deutlicher auf Neuwahlen zu, wenn eine Einigung mit den europäischen Kreditgebern über ein drittes Hilfspaket erreicht ist. Regierungschef Alexis Tsipras bekommt den Richtungsstreit in seinem Linksbündnis Syriza über ein drittes Hilfspaket einfach nicht unter Kontrolle. Nun heißt es in der Syriza-Partei, es sei keine Frage mehr, ob es Neuwahlen gebe, sondern wann. Regierungssprecherin Olga Gerovasili erklärte: "Wahlen im Herbst sind wahrscheinlich."

Im Gegenzug für Milliardenhilfe aus Brüssel verlangen die Geldgeber weitere harte Sparanstrengungen von den Griechen. Mehr als 30 Abgeordnete von Syriza wollen diese Politik nicht mittragen. Vor einer Woche hatte Tsipras in einer mehr als zwölfstündigen Syriza-Sitzung versucht, die Abweichler zu isolieren. Die Mitglieder könnten umgehend über den Kurs abstimmen. Die Partei könne nur geschlossen Erfolg haben. Man verständigte sich auf einen Parteitag im September. Dennoch führen seine Kritiker den Richtungsstreit mit unverminderter Härte fort.

Der Anführer der Abweichler, Panagiotis Lafazanis, hat die Abgeordneten erneut aufgefordert, gegen das Hilfspaket zu stimmen. "Wir unterstützen die Regierung darin, unser Programm umzusetzen", sagte er. Syriza sei nicht mit dem Versprechen gewählt worden, die Sparpolitik fortzusetzen. Der Abgeordnete Kostas Lapavitsas bringt bereits offen eine Spaltung von Syriza zur Sprache, falls es zu Neuwahlen kommt. Er könne nicht für eine Partei antreten, die diese Sparpolitik verfolge. Nikos Filis, Fraktionssprecher von Syriza, zeigte sich verärgert über die neue Attacke der Abweichler. Er könne ihr Vorgehen nicht verstehen, die Konsequenz wäre, dass die Regierung scheitert. Er würde aber auch nicht zögern, ein "frisches Mandat" für Tsipras' Politik zu holen.

Im Linksbündnis wird über den richtigen Zeitpunkt für Neuwahlen debattiert. Bisher galt: Wenn das Hilfspaket verabschiedet ist, könne man den Streit in Ruhe aufarbeiten. Weil allerdings die Hoffnung schwindet, den Konflikt überhaupt noch beilegen zu können, gibt es nun die Idee, die Neuwahlen noch vor dem Sonderparteitag anzusetzen. Dies würde die Gegner um Lafazanis umgehend zu einer Entscheidung zwingen: Bleiben sie in Syriza oder gehen sie mit einer eigenen Partei in die Wahl? Tsipras könnte Neuwahlen unmittelbar nach der Einigung mit den Kreditgebern ausrufen. Die wird für den 20. August erwartet. Die Abstimmung wäre dann wohl einen Monat später.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte über die Verhandlungen: "Alle Berichte, die ich erhalte, deuten auf eine Einigung diesen Monat hin, vorzugsweise vor dem 20." Tsipras erklärte, man befinde sich in der "letzten Phase". Griechenland hofft, dass 25 Milliarden Euro frischer Kredite sofort nach einer Einigung freigegeben werden. Bis zum Jahresende will Athen dann über Erleichterungen bei den bereits vorhandenen Schulden verhandeln. Im Mittelpunkt der Gespräche am Mittwoch stand die geplante Privatisierung von Staatsvermögen. Es soll ein spezieller Fonds mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro geschaffen werden. Mit einem Teil der Erlöse soll Griechenland Schulden zurück bezahlen. Die Banktitel an der Athener Börse stürzten den dritten Tag in Folge ab.

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