Munich Re:Die Zahlen sind besser als die Lage

Verwüstung nach Windhose

Ruine nach dem Sturm: Beschädigtes Haus nach einem Tornado im bayerisch-schwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg.

(Foto: Lukas Barth)

Der weltweit größte Rückversicherer hat Glück: Er muss für weniger Katastrophen zahlen. Also wird den Aktionären ein höherer Gewinn versprochen.

Von Friederike Krieger, München

Der schwere Orkan "Niklas" von Ende März, die heftigen Hitzegewitter im Sommer, die viel Regen und starke Windböen mit sich brachten, Tornados, die bei Augsburg und Mainz Schneisen der Verwüstung schlugen - auf den ersten Blick scheint dieses Jahr keine katastrophenarme Zeit zu sein. Doch aus Sicht der Rückversicherer gab es schon weitaus schlimmere Jahre zu beklagen.

Das weitgehende Ausbleiben großer Schäden ist für die Branche Segen und Fluch zugleich. Das zeigen auch die Zahlen, die der weltweit größte Rückversicherer Munich Re am Donnerstag präsentiert hat. Weil der Konzern im zweiten Quartal 2015 kaum von großen Schäden belastet wurde und ein gutes Kapitalanlageergebnis erzielte, schraubte Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard das Gewinnziel nach oben. Statt den 2,5 Milliarden Euro bis drei Milliarden Euro, die er zu Jahresbeginn in Aussicht gestellt hatte, will er 2015 jetzt mindestens drei Milliarden Euro verdienen.

Davon hat Munich Re in den ersten sechs Monaten bereits 1,9 Milliarden Euro erwirtschaftet. "Der Faktor Glück spielt hier eine Rolle", gab von Bomhard mit Blick auf die geringe Belastung aus Großschäden zu. Im ersten Halbjahr musste der Konzern nur 87 Millionen Euro für Schäden aus Naturkatastrophen zahlen; im Vorjahr waren es 327 Millionen Euro. Teuerster Schaden waren Überschwemmungen im Norden Chiles, die mit 45 Millionen Euro zu Buche schlugen.

Mehr Konkurrenz, härtere Kontrolle, niedrige Zinsen - die Branche kämpft an vielen Fronten

Von Bomhard warnte aber, aus den guten Ergebnissen den Schluss zu ziehen, alles sei in Ordnung. "Die Zahlen sind besser als die Lage", sagt der Manager. "Das Umfeld ist nach wie vor außerordentlich herausfordernd." Die Schwierigkeiten reichen von politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten über das Niedrigzinsumfeld und eine verstärkte Regulierung bis hin zu neuen Risiken wie Cyberattacken. Das größte Problem aber ist die angespannte Lage im Rückversicherungsmarkt.

Es gibt ein Überangebot an Rückversicherungsschutz, auch gespeist durch branchenfremde Investoren wie Hedge- oder Pensionsfonds, die auf der Suche nach renditeträchtigen Anlagen in den Markt investieren. Dem steht eine schrumpfende Nachfrage gegenüber. Versicherer wie Allianz, die sich mit den Rückdeckungen gegen Großschäden absichern, zentralisieren den Einkauf dieser Policen im Konzern zunehmend und benötigen in der Summe oft weniger Schutz. Die Preise sind deshalb stark unter Druck. Auch das Ausbleiben großer Naturkatastrophenschäden, das Munich Re zu einem hohen Gewinn verholfen hat, wirkt sich negativ auf die Preise aus: Den Rückversicherern fehlen damit die Argumente für Preiserhöhungen.

Munich Re sieht allerdings etwas Licht am Ende des Tunnels: Bei der sogenannten Erneuerungsrunde zum 1. Juli, in der vor allem Rückversicherungsverträge in den USA, Australien und Lateinamerika neu verhandelt wurden, beobachtete der Konzern sinkende Preise von nur noch 2,1 Prozent. Bei den Verhandlungen zum 1. Juli 2014 waren es noch 3,6 Prozent gewesen.

Ob das schon eine Trendwende hin zu höheren Prämien andeutet, wagen Experten aber zu bezweifeln. "Von steigenden Preisen ist die Branche noch weit entfernt", sagte Roland Vogel, Finanzchef der Hannover Rück, bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am Mittwoch.

Wie Hannover Rück bemüht sich auch Munich Re, in der Durststrecke die Preisdisziplin hochzuhalten, um sich keine unprofitablen Verträge einzuhandeln. "Wir machen nicht jedes Geschäft mit", sagte Torsten Jeworrek, der im Vorstand für das Rückversicherungsgeschäft zuständig ist. Deshalb ging das Unternehmen mit 1,2 Prozent weniger Prämieneinnahmen aus den Vertragsverhandlungen zum 1. Juli heraus, als es hineingegangen war.

Zudem versucht Munich Re, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen, indem der Konzern direkt Geschäft mit großen Industrieunternehmen macht und sie zum Beispiel gegen Cyberrisiken absichert.

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