Camping am Gardasee:Wohnen mit Seeblick

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Zelt, Caravan, Wohnmobil: Den Münchnern geht es in ihrem Feriendomizil ums Lebensgefühl. Askese ist dabei kein Muss - "Glamping" sei Dank.

Von Dominik Hutter und Melanie Staudinger, Gardasee

Auf dem Campingtisch stehen selbst gekochte Gnocchi mit Tomatensoße, die drei Münchner Studentinnen haben es sich im Schatten vor ihrem grünen Zelt bequem gemacht. Sie haben es gerade erst aufgebaut, zum allerersten Mal, und das in nur einer Viertelstunde. Erster Urlaubstag, Marlene Rilling schaut sich zufrieden um. Der Campingplatz wirkt friedlich, die Parzellen sind von Bäumen gesäumt, bis zum Strand des glasklaren Gardasees ist es nur ein Katzensprung.

"Wir sind zum ersten Mal hier", berichtet sie. Wir, das sind Rilling und ihre Freundinnen Antonia Lesch und Marion Stich, die sich einen Kurztrip gen Süden gegönnt haben. Vier Übernachtungen auf dem Campingplatz Toscolano, der abseits der Hauptstraße Richtung See liegt, umgeben von den Mauern eines Konvents aus dem 14. Jahrhundert.

Die Landzunge von Toscolano-Maderno am Westufer des Sees ist ein Campingparadies, gleich mehrere Plätze reihen sich aneinander. Die drei Studentinnen sind einer Empfehlung von Freunden gefolgt. "Sonst war ich immer bei Peschiera", erzählt Rilling. Mit der Familie, zu Ostern oder Pfingsten. Lesch und Stich hatten vorher keine Verbindung zum Gardasee. Klar war nur: Das Wetter wird schön, die Bergkulisse rund um den See ist traumhaft, und allzu weit ist es auch nicht von München hierher. Da lohnt es sich auch nur für ein paar Tage. Eigentlich wollten die drei für einen längeren Urlaub ans Meer. Das aber hat sich zerschlagen, und so sind sie nun hier. Baden, über die Märkte schlendern, ins Tal der Papiermühlen wandern, und vielleicht nach Sirmione fahren.

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Die Münchner lieben ihre Badegewässer. Besonders aber den südlichsten aller Seen, der weit über den Landesgrenzen liegt: Eine Reise zum Gardasee. Eine Woche lang wird die SZ von dort berichten.

Von Dominik Hutter

Das selbstaufgebaute Zelt ist längst nicht mehr die Regel

Hunderte Campingplätze säumen den Gardasee, und es ist bemerkenswert, wie unterschiedlich sie sind. Das selbst aufgebaute Zelt ist längst nicht mehr die Regel, und auch das Wohnmobil oder der mühsam gen Süden transportierte Wohnwagen sind nur einige von sehr, sehr vielen Möglichkeiten, den Urlaub ohne das Einmieten in einem klassischen Hotel zu verbringen. Plätze wie Toscolano oder das nahegelegene Riviera bieten eine bunte Mischung aller möglichen Campingformen, sie zählen zu den ruhigeren ihrer Sorte. Es gibt freie Flächen, kleine Hütten, und ein paar igluähnliche Wohnkuppeln, die ein wenig so aussehen, wie man sich in alten Filmen die Raumfahrt vorstellt.

Nebenan, im "La Foce", sind festere Bauten installiert - so viele, dass es manchmal aussieht wie in einer US-amerikanischen Vorortsiedlung: provisorisch wirkende Wohnhäuser aus Holz oder Metall, Veranda, dazu ein paar individuelle Accessoires wie Grills oder Blumenkästen, es soll ja nicht alles gleich aussehen. An Stammgästen mangelt es hier überall nicht - auch aus München, wie die Nummernschilder der abgestellten Wohnwagen belegen.

Dennoch ist die Gegend um Toscolano-Maderno nicht "das" klassische Hausrevier der Münchner. Das liegt eher im Osten rund um Bardolino und vor allem an der Nordspitze - bei Riva del Garda, der nach Desenzano zweitgrößten Stadt am Gardasee. Dort, wo der Wind so zuverlässig weht.

Die Jugendgruppe fährt zum Klettern an der See

Tatsächlich zieht in Torbole, wenige Kilometer von Riva entfernt, gerade der Himmel zu. Plötzlich wackelt der blaue Pavillon hier am hinteren Ende des Campingplatzes Maroadi. Doch die Jugendlichen aus Oberhaching haben die Lage voll im Griff. Sofort springen sie auf, öffnen an einer Seite die Planen und schirmen dafür das andere Eck vom beginnenden Regen ab. Situation gerettet, der Gemeinschaftsraum bleibt trocken. "Das ist uns gestern schon passiert", sagt Christian Zahler. Nur dass es da zwei Uhr nachts war und die Mädchen und Jungen zwischen 14 und 16 Jahren im Schlaf erwischt wurden, als ein Gewitter den Norden des Gardasees etwas ungemütlicher machte.

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Vom Zelt bis zum luxuriösen Glamping: Viele Münchner übernachten am Gardasee gern an den Campingplätzen - in den unterschiedlichsten Behausungen.

Zahler ist Sozialpädagoge im Jugendzentrum A12 in Oberhaching. Seit acht Jahren fährt er immer Anfang August mit einer Jugendgruppe an den Lago di Garda - zum Klettern. Die 14 Mädchen und Jungen haben mit ihren vier Betreuern in den vergangenen Tagen schon den Corno di Bo und den Muro dell'Asino bezwungen. Nur in der Nähe von Sarche scheiterten sie. "Wir haben den Eingang nicht gefunden", sagt Zahler und lacht. Er hat eine Zusatzausbildung als Erlebnispädagoge, sonst dürfte er den Trip überhaupt nicht anbieten.

Dass die Gruppe am Campingplatz übernachtet, ist für ihn selbstverständlich. Sechs Zelte haben die Jugendlichen um den Gemeinschaftspavillon und den Versorgungsanhänger aufgestellt. Dazwischen sind Wäscheleinen gespannt - damit die Badesachen trocknen. Die Oberhachinger bringen die Zutaten für Frühstück und Abendessen fast komplett aus München mit. Nur das Hackfleisch für das Chili haben sie frisch gekauft. Getrunken wird Eis- und Krümeltee, die sich schnell und einfach zubereiten lassen. Die Betreuer kochen, die Jugendlichen übernehmen Tischdienste und den Abwasch. Nachtruhe ist pünktlich um 23 Uhr.

Ein Urlaub mit so vielen Jugendlichen wäre im Hostel wohl bequemer. Aber eben nicht so unschlagbar günstig. 300 Euro bezahlt jeder Teilnehmer für zehn Tage - Fahrt, Übernachtung, Verpflegung und der Ausflug zum Vergnügungspark Gardaland inklusive.

Zahler geht es aber nicht nur ums Geld, sondern um das Lebensgefühl auf dem Campingplatz. "Wir sind hier viel flexibler", sagt er. Die Reise wird von der evangelischen Jugend mitorganisiert, hat also auch einen religiösen Hintergrund. Und Andachten lassen sich am Strand viel unkomplizierter und vielfältiger organisieren als im Hotel, wo andere Gäste sich gestört fühlen könnten.

Andere Camper lieben es komfortabler. "Next generation mobile homes" nennt Leonardo van de Loo die bunten Häuschen auf seinem Platz nahe San Felice de Benaco. Die Cottages sind modern eingerichtet, es gibt edle Bäder, großzügige Küchen, ein weißes Ledersofa, Satellitenreceiver und LED-Lampen in der Decke. Drei Schlafzimmer, zwei Toiletten, ein Bad. Neben dem Haus, mit unverstelltem Blick in die Botanik, liegt der eigene Grillplatz. 200 Euro aufwärts kostet hier eine Übernachtung, mit den ranzigen Miet-Trailern früherer Zeiten hat das nichts mehr zu tun.

Und es gibt Glamping. Glamour Camping. Damit sind nicht Cottages gemeint. Van de Loo führt zu einem Riesenzelt mit eigener Hangterrasse und viel Platz drumherum. Hinter den naturfarbenen, mannshohen Stoffwänden verbirgt sich ein großzügiger Wohnraum mit Küchenzeile. Eltern und Kinder haben getrennte Schlafräume, und wenn der Nachwuchs partout in einem kleinen blauen Igluzelt die Nacht verbringen will, haben die Betreiber von "Camping Weekend" schon einmal eines aufgestellt.

Mit Augustinerfähnchen geschmückte Kneipe

"Viele Leute aus München kommen hierher", berichtet der Campingplatz-Manager. Auf einem Luxus-Campingplatz wie "Weekend" kann man seine Kinder im Spielparadies abgeben und sich anschließend von acht Animateuren unterhalten lassen. Der Platz liegt am Hang, im Hintergrund sind der See und die Promenade von Salò zu sehen. Für Heimatverliebte gibt es dort eine mit Augustinerfähnchen geschmückte Kneipe.

Das ist freilich nicht für jedermann das Richtige: Die drei Studentinnen im nahe gelegenen Toscolano-Maderno sind in ihrem Urlaub nicht auf bajuwarisches Nachtleben aus. Abends eine Flasche Wein vor dem Zelt, der würzige Geruch nach trockener mediterraner Vegetation, Himmel und Wärme. Gardasee.

© SZ vom 10.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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