Olching:Veterinäramt beschlagnahmt Greifvögel

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An diesem Dienstag muss der Vogelpark zwei Falklandkarakaras herausgeben, für die kein Herkunftsnachweis vorliegt. Der Verein wehrt sich aber vehement gegen den Vorwurf des illegalen Tierhandels

Von Stefan Salger, Olching/Fürstenfeldbruck

Es gibt Zoff zwischen dem Fürstenfeldbrucker Veterinäramt und dem Olchinger Vogelpark. Zoff, der bereits das Verwaltungsgericht beschäftigt. Weil das einen Eilantrag des Vogelparks abgelehnt hat, werden an diesem Dienstag um zehn Uhr der Chef des Veterinäramts und ein Falkner zwei Greifvögel abholen. Die sind bereits vor zwei Monaten beschlagnahmt worden. Begründung: Ihre Herkunft lässt sich nicht belegen. Es könnte also illegaler Tierhandel sein.

Sascha Kuchenbaur, 24 Jahre alter Greifvogelexperte des Vogelliebhabervereins Olching und Umgebung, steht am Montagnachmittag vor dem neuen Freigehege auf dem Gelände des Vogelparks. Die Greifvogelanlage hat er größtenteils mit eigenen Händen unentgeltlich gebaut. Auf einer Fläche von 440 Quadratmetern gibt es weitere Gehege. Europaweit wohl einmalig ist die Anlage. Oder besser "wäre sie" - denn seit März wartet der Verein auf die Genehmigung durchs Veterinäramt. Eigentlich eine Formalie, aber ohne sie dürfen keine Steinadler, Seeadler oder Gelbkopfgeier hier einziehen. Zurzeit sind hinterm Maschendrahtzaun nur die beiden Falklandkarakaras, auch als Geierfalken bekannt, untergebracht. Das etwa sieben Jahre alte Weibchen sitzt auf einem Ast, das knapp ein Jahr alte Männchen hoppelt über den Boden und lässt sich von Kuchenbaur mit der Hand füttern. Schwarze Federn, gelbes Gesicht, krummer Schnabel. Die Tiere können bis zu 40 Jahre alt werden und eine Flügelspannweite von 1,20 Meter erreichen. Und sie sind neugierig, fast zahm - ideal für Schulklassen, die regelmäßig den Vogelpark besuchen. "Ich habe nichts gegen die Beschlagnahme", sagt Kuchenbaur, "aber mich ärgert, dass wir gar nicht wissen, wie die beiden künftig untergebracht werden und ob es dort Tierärzte und Fachleute gibt, so wie hier. Das Landratsamt macht keine Angaben."

Kuchenbaur wird von einem der 180 Vereinsmitglieder, seinem Falknerkollegen Ferdinand Lieske, begleitet. Nebenan schwirren in Volieren ebenfalls Vögel von Kuchenbaur. Diese hat der selbständige Versicherungsmakler, für den die Vögel seit früher Kindheit ein großes Hobby sind, dem Vogelpark zur Verfügung gestellt. So war das auch mit den Karakaras, die auf den nahe Argentinien liegenden Falklandinseln beheimatetet sind, geplant. Am 8. Februar hat Kuchenbaur das Vogelpärchen gekauft. In den einschlägigen Internetforen hatte er Kontakt zu einem Luxemburger hergestellt. Man traf sich in der Nähe von Stuttgart, weil der Verkäufer angeblich ohnehin Richtung Italien unterwegs war. So etwas sei nicht ungewöhnlich, so Kuchenbaur.

Der Verkäufer übergab die Tiere in ordentlichen Transportkisten und schrieb seine Adresse auf. Die aber war falsch, wie später das Veterinäramt herausfand. Kuchenbaur glaubt nicht, dass es sich um illegal gefangene Wildtiere handelt. Nachzuchten sind in Deutschland keine Seltenheit und werden zu Preisen zwischen 1000 und 1300 Euro gehandelt. "Wenn jemand Vögel einschmuggeln will, würde er sich wertvollere Arten aussuchen." Wie etwa einen Prachthaubenadler. Für solche Tiere werden 100 000 Euro gezahlt. Kuchenbaur kann sich die Sache nur so erklären, dass der Züchter seine Adresse nicht preisgeben wollte, um keine Diebe anzulocken.

Das Landratsamt sieht das kritischer. Veterinäramtschef Hans-Werner Merk selbst äußert sich nicht. Referatsleiterin Sandra Ellmayer stärkt ihm den Rücken: Der "erforderliche Herkunftsnachweis" für die Falklandkarakaras fehle, Kuchenbaur habe nur einen handgeschriebenen Zettel vorgelegt. Unter der dort angegebenen Adresse sei aber eine Bank gemeldet. "In Privatbesitz darf ein solches Tier nicht verbleiben", so Sandra Ellmayer. Auch eine Schenkung an den Vogelpark und damit ein Verbleib in Olching, wie dies Kuchenbaur vorgeschlagen hatte, kam nicht in Betracht. Die Behörde hat offenbar Zweifel an seiner Zuverlässigkeit. Dieser habe auch zwei Singhabichte erst nach einer ausdrücklichen Anfrage angemeldet.

Ein Vorwurf, dem Falkner Ferdinand Lieske widerspricht. Der Verein habe bislang nie jedes Tier einzeln angemeldet, sondern immer abgewartet, bis sich eine Sammelliste lohnte. Das Veterinäramt aber hat den Schluss gezogen, dass Kuchenbaur Kontrollen nicht passen und "nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen scheint". Kuchenbaur glaubt eher an eine Privatfehde von Veterinäramtschef Hans-Werner Merk. Begonnen habe alles, als im April 2014 ein Andenkondor aufgenommen wurde. Es folgte der Ärger mit dem Freigehege, mit einem Entenfütterungsverbot, und es folgten mehrere Gerichtsverfahren. Auch über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme muss das Verwaltungsgericht nun entscheiden. Zumindest bis zu einem Urteil hätte man die Einziehung der Karakaras aufschieben können, findet Kuchenbaur.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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