Serie: "Vater, Mutter, Firma":Überschäumender Erfolg

Die Auer Schlossbrauerei liefert ihre Biere bis nach Asien und an die englischen Fußballvereine Manchester United und FC Chelsea. Heuer steuert sie auf ein Rekordjahr zu. Die Familie Beck von Peccoz leitet das Unternehmen in der sechsten Generation

Von Peter Becker, Au

Was haben auf dem Innenhof einer Hallertauer Brauerei ganze Paletten von Singha-Bierträgern zu suchen? Auf den Kisten und Fässern der Auer Schlossbrauerei sollte üblicherweise ein Geißbock statt eines buddhistischen Fabelwesens zu sehen sein. "Wir stellen in Au das Bier für sämtliche thailändische Lokale in Deutschland her", sagt Geschäftsführer Baron Michael Beck von Peccoz. Und nicht nur das: Sein Unternehmen, das vor wenigen Wochen das 425-jährige Bestehen gefeiert hat, beliefert die englischen Fußballvereine Manchester United und FC Chelsea mit dem thailändischen Kultgetränk. In Tanks, denn in den britischen Stadien sind Flaschen verboten. Vor dem Verkauf wird das Bier in PET-Flaschen umgefüllt.

Es kann passieren, dass Weltenbummler in New York oder China sich ein Bierchen gönnen, ohne zu wissen, dass es in der gut 6000 Einwohner zählenden Marktgemeinde am südlichen Rand der Hallertau gebraut wurde. "Das steht nicht unbedingt überall drauf", hat Beck von Peccoz während seiner Festrede zum Brauerei-Jubiläum gesagt. Er deutet bei einem Brauerei-Rundgang auf eine Palette. Die Flaschen sind gefüllt mit einer Berliner Weißen, die für einen New Yorker Importeur bestimmt sind. Weitere große recycelbare Bierbehälter stehen zum Export nach China bereit. Die Lieferungen werden zum Hamburger Hafen geschafft und von dort aus an ihre Bestimmungsorte verschifft.

Serie: "Vater, Mutter, Firma": Michael Beck von Peccoz prüft die Fässer für den Export.

Michael Beck von Peccoz prüft die Fässer für den Export.

(Foto: Marco Einfeldt)

Beck von Peccoz stimmt zu, wenn von seiner Familie als Brauerei-Dynastie die Rede ist: "Alle Generation waren leidenschaftlich im Brauwesen aktiv." Sein Cousin Frederico Freiherr von Beck-Peccoz ist Geschäftsführer einer Brauerei in Kühbach bei Aichach, Schwester Caterina ist ebenfalls in der Schlossbrauerei aktiv. Nach seinem Ur-Großvater Willibald Viktor hat Beck von Peccoz eines der Weißbiere im Sortiment der Schlossbrauerei benannt. Dieser hat in seinem Testament zwei Generationen übersprungen und Caterina sowie Michael Beck von Peccoz als Nacherben eingesetzt. Der 53-Jährige leitet nun deren Geschicke in der sechsten Generation. 1846 haben seine Vorfahren die Brauerei nebst dem dazugehörigen Schloss der Familie Montgelas abgekauft. Beck von Peccoz hat Industriekaufmann gelernt. In die Braukunst selbst hat er bei einem Technikum in der ehemaligen Dachauer Schlossberg-Brauerei hineingeschnuppert. "Das Bier, das ich braue, möchte niemand trinken", sagt er und lacht.

Im Winter wohnt Beck von Peccoz mit seiner Familie in München. Im Sommer zieht er nach Au. Dann finden dort überall Bierfeste statt. Er pflegt den direkten Kontakt mit den Hallertauern. Frau und Kinder sind oft dabei. "Es gehört zu einer Brauer-Familie dazu, geschlossen aufzutreten", sagt Beck von Peccoz. Der heimische Markt, den die Schlossbrauerei mit ihren Traditionsbieren vom Hellen über verschiedene Weißbiere bis zu Pils und Limonaden bedient, ist eines der Standbeine des mittelständigen Unternehmens, das 38 Beschäftigte zählt. Dessen Ausstoß könnte in diesem Jahr bei 55 000 Hektolitern Bier liegen. Das wäre ein Rekordjahr. Die Schwelle zur Großbrauerei liegt bei 100 000 Hektolitern. "Wir sind also eine richtig mittlere mittelständische Brauerei", sag Beck von Peccoz.

Serie: "Vater, Mutter, Firma": In der Brauerei könnten in diesem Jahr 55 000 Hektoliter in die Flaschen gefüllt werden.

In der Brauerei könnten in diesem Jahr 55 000 Hektoliter in die Flaschen gefüllt werden.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Baron betont, dass es bei dieser Menge bleiben soll. "Wir möchten nicht dem Wahnsinn verfallen, irgendwann 80 000 Hektoliter brauen zu wollen", betont er. Das sei ein Fehler, den andere vor ihm gemacht hätten. In den Siebzigerjahren zum Beispiel, als sich die Brauereien einen ruinösen Wettbewerb darum lieferten, wer die meisten Pachtgaststätten auf sich vereinte, die von ihnen Bier bezogen.

"Damals ging vieles schief", stellt Beck von Peccoz fest. Gewinnbringend war das Geschäft nicht. Viele Gaststätten standen leer, trotzdem standen die Brauereien finanziell bei den Hausbesitzern in der Pflicht. Vielmehr waren die Vertreter mehr damit beschäftigt, Außenstände einzutreiben denn neues Bier zu verkaufen.

Beck von Peccoz ist seit 1987 in der Geschäftsführung der Schlossbrauerei vertreten. Seit 2007 leitet er die Geschicke alleine. Verändert hat sich in den vergangenen zehn Jahren viel. Das Gerangel um jeden Hektoliter zu jedem Preis in einem übersättigtem Wettbewerb ist vorbei. Sukzessive hat Beck von Peccoz sich von mehr als 80 Pachtgaststätten getrennt. Nur noch zwei gut gehende sind übrig geblieben: eine in München und eine in Neustadt an der Donau. Ansonsten beliefert die Schlossbrauerei einige Wirtschaften in der Region. Und natürlich den hauseigenen Schlossbräukeller mit seinem Biergarten.

Wo auch die Grafen Montgelas Bier brauten

Die Schlosschronik von Au berichtet, dass im Jahr 1590 ein gewisser Schwaiger bei der Schlossherrschaft als Hofbräu Bier gebraut hat. Vor kurzem feierte das Unternehmen deshalb sein 425-jähriges Bestehen. Schlossherr war zu jener Zeit ein Sigmund von Thurn. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Besitzer. Auf die Freiherrn von Thurn (1472 - 1642) folgte das Geschlecht der Freiherrn von Fraunhofen (1644 - 1669). Das wohl bekannteste Adelsgeschlecht, das jemals das Auer Schloss und die dazugehörige Brauerei sein Eigen nannte, waren die Grafen Montgelas (1833 - 1845). Der Vorbesitzer, ein gewisser Maderney, soll den Besitz aus Frust über die schlechte Zahlungsmoral der Hallertauer Wirte an Graf Maximilian von Montgelas verkauft haben. So berichtet es Heimatforscher Hans Neumayer aus Rudelzhausen. 1846 hat die heutige Schlossherrschaft, die Familie von Beck-Peccoz, die Auer Brauerei mit allen Besitzungen erworben.

Dazu gehörte auch die Schlossbrauerei in Haag/Amper. 1874 hat die Familie Beck die Haager Liegenschaften mitsamt ihrem weit über den Landkreis Freising hinaus bekannten Biergarten an die Gebrüder Hörhammer aus Zolling verkauft. "Die Kraft und Macht der Holledau, die liegt im Bier von Au", heißt ein gern zitierter Spruch. Sogar Frieden stiftende Wirkung dichtete die damals erscheinende "Auer Zeitung" den Kreationen der Schlossbrauerei an. Dem wiederum sprechen die zahllosen Raufereien unter den Hopfenzupfern Hohn, die oft nur mit Polizeigewalt geschlichtet werden konnten. beb

Ein großer Teil der Produktion der Schlossbrauerei geht in den Export. 2013 lag der Anteil laut dem Informationsblatt "Schloss-Post", mit dem das Unternehmen seine Kunden, Geschäftspartner und Freunde versorgt, bei 20 Prozent. Ein großer Coup war dabei die Zusammenarbeit mit der thailändischen Boon Rawd Brewery, die vor vier Jahren einen Hersteller für ihr Singha-Bier in Deutschland suchte und in der Schlossbrauerei fand. Auch wer nach Berlin, Prag oder an den Gardasee fährt, hat gute Chancen, dort auf der Suche nach Auer Bier fündig zu werden. Hauptabsatzmärkte sind Italien und China.

Drittes Standbein der Schlossbrauerei ist das Craft-Beer, das sich seit einiger Zeit zu einem Hype entwickelt hat. Wobei der Ausdruck "Craft", der "Handwerk" bedeutet, dem Geschäftsführer der Schlossbrauerei nicht so recht behagt. Er legt Wert darauf, dass alle Biere, die das Unternehmen verlassen, nach bester handwerklicher Brauerkunst hergestellt sind.

Kreationen sind das unfiltrierte Kellerbier "Hallertauer", mit Mandarina-Hopfen gestopft. Der Erfolg gibt der Schlossbrauerei, sich auf die Herstellung von Craft-Bieren einzulassen, recht. "Es ist das Hauptgetränk im Biergarten", sagt Beck von Peccoz. Eigentlich nur als Saisonbier gedacht, gibt es die Sorte aufgrund des großen Erfolgs das ganze Jahr über.

Dem klassischen India Pale Ale (Ipa) nachempfunden ist der "Hopfull". Dies ist eine Kreation des Braumeisters Stefan Ebensperger und des Hallertauer Brauexperten Fritz Briem. Dieser hatte als Technischer Direktor der Boon Rawd Brewery seinerzeit den Kontakt zur Schlossbrauerei hergestellt, als es um die Lizenz zum Brauen des Singha-Bieres ging. Das "Hopfull" ist aus mehreren Hallertauer Hopfensorten gebraut, wobei die letzte, der Aromahopfen "Saphir", erst bei der Lagerung des Bieres zugegeben wird. Im Brauerjargon heißt dies "Hopfen stopfen". Im Winter bietet die Brauerei ein "Dark Ale" an.

Jetzt im Sommer steht den Biergenießern allerdings nach leichteren Sorten wie dem Summer-Ale der Sinn. "Es enthält weniger Alkohol und ist sehr fruchtig", beschreibt Beck von Peccoz den Geschmack. Auch diesem Bier werden mehrere Hopfensorten zugesetzt.

Für Beck von Peccoz ist es eine Freude, im Biergarten zu sitzen und den Leuten zuzusehen. Kaum bestellt sich einer so ein Sommerbier, dann mache dies schnell die Runde und viele andere ziehen nach. Im Getränkemarkt ist es eine Rarität - kein Wunder bei einem Träger-Preis von fast 50 Euro. Darum bietet es die Brauerei als Sixpack an. Da könne sich jeder nach seinem Bedarf bedienen, sagt der Baron.

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