Natur in der Großstadt:Was man gegen nervige Tiere tun kann

Spechte, die Fassaden demolieren, Schnecken, die Salat wegfressen - und die vielen Wespen. Hier ein paar Tipps, wie man gegen Plagegeister vorgeht, ohne großen Schaden anzurichten.

Von Günther Knoll

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Salatliebhaber Schnecken

Nacktschnecken

Quelle: Manfred Neubauer

Das Gesprächsthema füllt ganze Abende unter Gartenfreunden: Die Schnecken, die den Salat auffressen, die Blumen sowieso, und dabei überall ihre schleimigen Spuren hinterlassen. Was tun dagegen? Die Bierfalle, die das Getier nur zum Massengelage lockt, Schneckenkorn, das erwiesenermaßen schädlich ist, die mühsame Prozedur des Absammelns, bei der man sich vorkommt wie Sisyphos beim Steinerollen? Hartgesottene greifen da einfach ganz brutal zur Gartenschere.

Der Öko-Tipp aber lautet: Ein naturnaher Garten hat auch Platz für Igel, Blindschleichen, Kröten, denen die Schnecken als Nahrung dienen; ja kein englischer Rasen, denn der treibt die Schnecken nur verstärkt zur Massenflucht ins nächste Beet, wo es feuchter und kühler ist und wo sie Nahrung finden.

Eine Schnecke kann in einer Nacht locker einen Salat vertilgen. Die Fiesesten sind die Nacktschnecken. Gehäuseschnecken sind relativ harmlos, da sie zum Großteil absterbendes, verrottendes Grünzeug fressen und auch nur in geringen Populationen auftreten. Außerdem fressen sie sogar die Gelege der Nacktschnecken. Gartenexperte Harald Schwinghammer rät zu Laufenten, die Schnecken lieben. Um sich solche zu halten, muss der Garten schon groß genug sein. Man kann die Enten inzwischen aber auch für bestimmte Zeit mieten.

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Insektenfresser Wespe

Wespe

Quelle: dpa

Wespen lieben Bienenstich - mit dieser Weisheit versuchte früher ein Bäcker in einer oberbayerischen Kleinstadt die Insekten von seiner Ware wegzulocken, indem er ihnen abseits der Kuchentheke ein üppiges Stück Blechkuchen dieses Namens hinstellte. Es werden alle möglichen Hausmittel gehandelt, wenn es darum geht, die schwarz-gelbe Gefahr loszuwerden: Knoblauch, Rauch, Basilikum, ein großes Stück Melone als Ablenkungsmanöver, nachhaltigen Erfolg garantiert das alles nicht. Das Problem ist, dass die Wespe - der Weps, wie ihn der Bayer halb respektvoll, halb verächtlich nennt - auf das scharf ist, was auch wir gerne mögen.

Wespen stechen nur, wenn sie sich bedroht fühlen, weiß man beim Bund Naturschutz, deshalb sollte man nie nach ihnen schlagen, das mache sie nur aggressiver. Hat man ein Wespennest im Haus oder im Garten, sollte man nicht versuchen, es selbst zu entfernen, sondern das Spezialisten überlassen.

Bei Hornissen muss die Untere Naturschutzbehörde informiert werden. Wespen sind nützlich, weil sie Fliegen und andere Insekten fressen. Doch weil ihre Stiche schmerzhaft sind und für Allergiker sogar bedrohlich, stehen sie im Ruf gefährlicher Plagegeister. Ob es heuer tatsächlich mehr sind als sonst, kann man nur schätzen. Der heiße und trockene Sommer hat ihre Entwicklung sicher begünstigt.

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Allesfresser Wühlmäuse

Rötelmaus oder Waldwühlmaus Myodes glareolus Kroatien Europa ibxshu03938520 jpg

Quelle: imago/imagebroker

Erdhaufen im Garten: Der Laie glaubt sofort zu wissen: Aha, der Maulwurf! Dabei ist es oft nicht dieser unterirdisch werkelnde blinde Geselle, sondern seine Verwandte, die Wühl- oder auch Schermaus. Während der Gärtner auf den Maulwurf im Garten als Kampfgenossen gegen so manchen Schädling zählen kann, ist vor den Zähnen der Maus nichts sicher. Sie liebt Gelbe Rüben ebenso wie Sellerie und Tulpenzwiebeln, und auch die Rinde von Wurzelstöcke schmecken ihr. Deshalb sind es nicht so sehr die ästhetisch bisweilen störenden Erdhaufen, die den kleinen Nager unbeliebt machen, sondern die Fraßschäden, die er verursacht.

Zum Glück ist die Wühlmaus in den Stadtgärten eher selten, sie macht sich lieber in der Landwirtschaft und in großen Obstgärten zu schaffen. Schon am Haufen lässt sich erkennen, wer da - im Wortsinn - zu Gange war: Der Maulwurfausgang liegt inmitten des Hügels, der der Maus etwas seitlich versetzt. Als Hausmittel gegen die Wühlmaus werden gehandelt: vergrabene Hundehaare oder Flaschen, sogar ebenfalls in der Erde verbuddelte mechanische Wecker.

Auch Buttersäure, mit der man die Gänge präpariert, soll helfen, weil die Maus einen starken Geruchssinn hat. Harald Schwinghammer von der Stadtgärtnerei rät zur Falle, nur die garantiere das gezielte Einfangen der Tiere.

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Lichtscheue Dickmaulrüssler

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Quelle: imago stock&people

Er ist so gefräßig, wie sein Name klingt: Der gefurchte Dickmaulrüssler, der zur Familie der Rüsselkäfer gehört, kann unter Pflanzen selbst im Dachgarten oder auf dem Balkon oder sogar im Zimmer großen Schaden anrichten. Der etwa ein Zentimeter große grauschwarze Käfer mit braunen Flecken wird oft mit Pflanzensubstrat eingeführt. Man bekommt ihn nur schwer zu Gesicht, weil er dämmerungs- und nachtaktiv ist. Tagsüber versteckt er sich auch in der Erde, die Larven sind sowieso unterirdisch zugange.

An den Fraßspuren ist der Befall gut zu erkennen: Der Käfer verursacht den sogenannten Buchtenfraß an Blättern, er befällt gerne Zierpflanzen wie Alpenveilchen, Kirschlorbeer, Efeu, Rosen, Rhododendron oder Fuchsien. Die Larven fressen den Wurzelbereich an, so dass die Pflanze welk wird oder ganz abstirbt. Absammeln der Käfer am besten nachts mit Taschenlampe hilft nur bedingt, die Tiere vermehren sich auch ungeschlechtlich, so dass ein einzelner übersehener Rüssler wieder Hunderte Eier ins Erdreich legen kann.

Gegen die Larven können Nematoden, also bestimmte Fadenwürmer eingesetzt werden. Diese dringen durch die Haut oder Körperöffnungen in die Käferlarven ein und führen in wenigen Tagen zum Tod. Manche setzen lieber auf das großzügige Entfernen der befallenen Pflanzen.

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Gewürzverachter Ameisen

Größenvergleiche von Hirnarealen wenig aussagekräftig

Quelle: Jens Kalaene/dpa

Der Nutzen von Ameisen ist unbestritten, deshalb sollte man sie im Garten respektieren. Wenn einem allerdings so ein ständig wachsendes Ameisenvolk zur Last wird, dann lässt es sich auch umsiedeln. Einfach einen Blumentopf mit Holzwolle füllen, mit der Öffnung nach unten auf das Ameisennest setzen und warten, bis die Tiere eingezogen sind. Dann kann man das ganze Volk an einen anderen Ort transportieren.

Brutaler ist da schon der Einsatz von Wasser, so dass die Tiere von sich aus nach einem neuen Unterschlupf suchen. In den meisten Fällen ist es die schwarzbraune Wegameise, die sich im Garten ansiedelt. Die nimmt mitunter, angelockt meist von Lebensmitteln, den Weg ins Haus. Da ist es wichtig, alle Fugen und Ritzen dichtzumachen mit Lehm, Leim oder Silikon. Angeblich soll schon ein dicker immer wieder aufgefrischter Kreidestrich die Ameisen abhalten.

Als wirkungsvoll gelten auch Gewürze, deren Aroma der Mensch als angenehm empfindet, die Ameise aber eher abschreckt: Lavendel, Zimt, Zitronenschale oder auch Thymian und Majoran. Komplizierter wird es, wenn sich die glänzend schwarze Holzameise im Haus eingenistet hat, meist im Boden oder im Gebälk. Das kann zu schweren Schäden an der Bausubtanz führen. Doch es gibt nichtchemische Mittel, die helfen.

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Wasserscheue Blattläuse

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Quelle: imago stock&people

"Die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln ist grundsätzlich unzulässig." Was tun, wenn dieser unmissverständliche Satz im ökologischen Kriterienkatalog für Münchens Bauherren steht, andererseits aber die Pflanzen im Garten gerade von Blattläusen befallen sind?

Wegspritzen, sagen die Experten. Dazu eignet sich ein Wasser-Schmierseife-Gemisch ebenso wie der Abguss in Wasser eingelegter Brennnesseln. Im Grunde genüge Wasser, weiß Harald Schwinghammer, Mitarbeiter der Münchner Stadtgärtnerei und zuständig für Kleingärten. Eine Blattlaus allein ist ein ungefährliches, nur wenige Millimeter großes Tierchen. Gefährlich wird sie durch Massenauftritte. Blattläuse können sich explosionsartig vermehren und dann befallen sie gefräßig jedes Grün, aus dem sich Pflanzensaft saugen lässt.

Für Ameisen sind die süßen Ausscheidungen der Läuse, der Honigtau, ein Leckerbissen. Der Hobbygärtner aber ärgert sich, wenn Rosen oder Beerensträucher abgefressen werden, zumal die Blattlaus auch Pflanzenviren übertragen kann. Schwinghammer erinnert sich an einen Blattlausbefall auf Bäumen am Viktualienmarkt. Die Stadt habe deshalb mit der Feuerwehr für frühmorgens einen Termin vereinbart. Doch dann habe ein kräftiger Regen den Spritzeinsatz unnötig gemacht. Also: Wasser Marsch!

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Plagegeist Stechmücke

Mücke

Quelle: dpa

Die Stiche jucken unangenehm, und wenn sich nachts einer der Plagegeister ins Schlafzimmer verirrt, dann kann sein Surren einem den letzten Nerv rauben. Ja: Stechmücken sind lästig. Gegenwärtig ist es zum Glück zu heiß und vor allem zu trocken, als dass sie sich noch einmal stark vermehren könnten. Doch im Frühsommer bei entsprechender Feuchtigkeit können sie so massenhaft auftreten, dass sie als Landplage betrachtet und wie zum Beispiel am Chiemsee großflächig bekämpft werden.

Das ist nach Meinung des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) umstritten, den die eingesetzten Mittel können auch der übrigen Fauna schaden. Außerdem spielen die Mücken laut LBV eine wichtige Rolle in der Lebensgemeinschaft aquatischer und terrestrischer Gebiete. Gerade durch ihr periodisches Massenauftreten während der Fortpflanzungszeit sind sie eine wichtige Nahrungsquelle - in ihrer Larvenform im Wasser für Fische, und ausgewachsen als Nahrung für Vögel und Fledermäuse. Deshalb sollte man alles tun, um die natürlichen Fressfeinde der Mücken zu schützen.

Allein durch entsprechende Kleidung, Mückengitter oder -schutzmittel kann man sich diese Insekten eigentlich leicht vom Leib halten. Die Regentonne im Garten sollte man immer abdecken, um so eine Eiablage zu verhindern.

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Poltergeist Steinmarder

Vogelgrippe bei Steinmarder auf Rügen - Erster Nachweis weltweit

Quelle: dpa

Er galt schon einmal als fast ausgerottet: Der Steinmarder wurde noch vor 50Jahren bejagt, weil sein Fell begehrt war. Inzwischen hat sich der Bestand erholt, der Marder hat vor allem in der Stadt einen neuen Tummelplatz gefunden, wo er sich mindestens so gut verstecken kann wie in freier Natur und wo er auch leicht Beute findet. Als geschickter Kletterer liebt er Dachböden.

Oft bekommt man von dem heimlichen Mitbewohner lange nichts mit, bis er sich durch seine unangenehm riechenden Hinterlassenschaften verrät oder nachts als Poltergeist im Gebälk unterwegs ist. Lässt er sich häuslich nieder, kann das teuer werden, ebenso wie wenn er im Motorraum des Autos alles mögliche anbeißt. Denn er gräbt seine Tunnelgänge auch gerne in die Dachisolierungen.

Weil er ein empfindliches Gehör hat, sollen Radiomusik, klingelnde Wecker oder Ultraschall zur Vergrämung helfen. Um seinen Geruchssinn zu stören, werden Hundehaare oder Toilettensteine empfohlen. Selbst wenn diese Mittel helfen, langfristig garantieren sie keinen Erfolg. Der Marder wird zwar womöglich das Weite suchen, ein anderer aber das verlassene Revier besetzen. Die Tiere unterliegen dem Jagdrecht, also ist die Jagdbehörde einzuschalten, wenn man sie los werden will. Wichtig ist es in jedem Fall, alle Schlupflöcher dicht zu machen.

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Spechtloch als Marktlücke

Buntspecht

Quelle: Rainer Jensen/dpa

Im Winter am Futterhäuschen, da ist der Buntspecht eine Attraktion. Doch wenn der gern gesehene Gast zum Untermieter wird, der Lärm macht und Schaden verursacht, dann hört jeder Spaß auf. Buntspechte sind Kulturfolger, in der Umgebung von Menschen findet der Vogel Bedingungen, wie sie für ihn besser kaum sein könnten: Auf Antennen lässt's sich nun mal lauter trommeln als auf Ästen im Wald. Und weil der Spechtmann dieses Balzritual am liebsten frühmorgens vollzieht, kann das ganz schön auf die Nerven gehen.

Besonders angetan haben es dem Specht die Dämmungen von Gebäuden: Darin kann er seine Wohn- oder Nisthöhle leichter zimmern als in einem Baumstamm. Die Löcher, die er da hinterlässt, werden nicht nur gerne von anderen Tieren genutzt, durch sie dringen Feuchtigkeit und Kälte ein. Sie können zu größeren Schäden in den gedämmten Fassaden führen. Hat der Specht erst einmal ein Loch in die Fassade gehauen, hilft Zustopfen wenig. Der Vogel ist hartnäckig, er probiert es an der gleichen Stelle oder daneben wieder.

In einer Broschüre mit dem Titel "Wer klopft denn da?" beschäftigt sich auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) mit diesem für viele Hausbesitzer lästigen und auch kostenintensiven Phänomen. "Spechte als Fassadenhacker" ist der Untertitel. Auch die Vogelschützer haben das Problem erkannt. Sie weisen aber Hausbesitzer gleich mal darauf hin, dass Spechte unter keinen Umständen getötet werden dürfen, weil sie unter Naturschutz stehen. Vergrämen heißt das Fachwort. Das ist so einfach nicht. Alte CDs, Bauabsperrbänder, Wimpelgirlanden, auch Attrappen von Greifvögeln, Klatschen und Rufen - nachhaltige Wirkung garantiert das alles nicht, Spechte sind schlau. Sie merken bald, dass ihnen da keine echte Gefahr droht.

Der LBV schlägt als wirksamen Schutz die Begrünung der Fassade oder das Anbringen von glattem Putz sowie von glatten Verkleidungen an Überhängen und Ecken vor, weil diese der Vogel zuerst anfliegt. Dass Spechtschäden kein Einzelfall mehr sind und Hausbesitzer vor größere Probleme stellen können, haben auch Industriekletterer erkannt. Einige bieten in der Firma "Der Spechtfritze" ihre Dienste bei Reparatur und Bekämpfung an. "Beinahe jeden Tag", antwortet Firmeninhaber Oliver Köhne aus Ismaning auf die Frage, wie oft er im Einsatz sei. Für die Kletterer habe sich eine Marktnische ergeben, schließlich ließen sich viele Spechtlöcher an Fassaden tatsächlich "nur per Seilzugang" wieder verschließen. "Licht, Lärm, Bewegung und Barrieren" sind für Köhne Abwehrmittel. Er selbst bietet Verschalungen an oder auch spezielle Leuchten, die dem Specht das Leben schwer machen sollen.

© SZ vom 11.08.2015/vewo
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