ES IST PRESSEALLTAG, dass die Leser selbst bei traurigsten Nachrichten mit Details über das Wie und Was versorgt werden müssen, und genauso gehört es zum Alltag, dass sich die Leser wundern dürfen, wenn ihnen diese Details kurios vorkommen. Als in Florida ein kleines Mädchen von einem Stör, der aus dem Wasser gesprungen war, getötet wurde, blieb unser Leser Dr. V. an der Zusatzinformation hängen, dass Störe "mehr als 2,13 Meter hoch" springen könnten. Was für eine Präzision, dachte er sich, bis ihm der Verdacht kam, dass da jemand Fuß (1 ft = 30,48 cm) in Meter umgerechnet und es mit der Genauigkeit entschieden übertrieben hatte.
DER DICHTER Alfred Lichtenstein hatte es mit dem Zertrümmern. "Viel Himmel liegt zertrümmert auf den herben Dingen", schrieb er, und ferner: "Ein Mann zertrümmert eine morsche Frau." Derlei hat man lange nicht gelesen, doch als sich kürzlich einer unserer Reporter in einem Spandauer Café mit einer Prostituierten traf, geschah dies: "Nina zertrümmert die Vorstadtatmosphäre mit leichten Sätzen . . ." Der Expressionismus lebt.
AUS DER SCHWEIZ meldet sich das Ehepaar A.-R. mit der Frage, ob es "sprachlich unterentwickelt" sei, wenn es an diesem Satz Anstoß nimmt: "Gefahr ist im Verzug, sobald die Lern- und Veränderungsfähigkeit des Systems nicht gefährdet wird." Dazu ist erstens zu sagen, dass Schweizer Leser eine frühe Ausgabe bekommen; später wurde "nicht gefährdet" durch "infrage gestellt" ersetzt, was der Logik des Satzes sehr auf die Beine hilft. Zweitens haben die Eheleute A.-R. natürlich recht mit der dem Wortlaut verpflichteten Notiz, dass eine Gefahr im Verzug möglicherweise nicht termingerecht eintritt. Allerdings wird diese Wendung heute auch so verstanden, dass Gefahr droht. "Er hat sich fortgeschlichen, und es ist Gefahr im Verzug. Folgen Sie mir, meine Herren." So Karl May in "Das Waldröschen oder die Verfolgung rund um die Erde", Band 8.