Volleyball:Jetzt noch geiler

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Die Vorfreude beim "Geilsten Club der Welt" auf die neue Saison - die zweite in der Bundesliga - ist groß: Tobias Neumann (hi.) und Julius Höfer. (Foto: Johannes Simon)

Herrsching startet zwar erst im Oktober in die Bundesliga-Saison. Aber die Planungen sind schon abgeschlossen. Der Klub hat drei Nationalspieler verpflichtet, der Etat steigt um 50 Prozent. Bleibt das Problem mit der zu kleinen Halle

Von Sebastian Winter, Herrsching

Ende Juli war Schlossgartenfest in Herrsching, auch die ortsansässigen Erstliga-Volleyballer ließen sich dort gerne blicken. Knapp drei Monate vor dem Saisonstart wollten sie mal wieder ein wenig auf sich aufmerksam machen, mitten in ihrer sehr langen Sommerpause. Herrschings ehemaliger Mittelblocker Thomas Ranner, der den TSV aus Studiengründen nach nur einer Saison wieder verlassen hat, reiste extra aus seiner Heimat Tübingen an, stellte sich hinter die Bar und mixte stundenlang Cocktails. Die Herrschinger hat das gefreut, auch aus PR-Gründen: Denn Ranners Besuch signalisierte, dass selbst die Ehemaligen gerne zu ihrem Klub zurückkehren. Zu einem Verein übrigens, bei dem sich seit dem Saisonende ziemlich viel verändert hat.

In Ferdinand Tille und Patrick Steuerwald hat Herrsching zwei langjährige Nationalspieler verpflichtet, die in München wohnen und seit langer Zeit in der Region verwurzelt sind. Beide sind mit Generali Haching Pokalsieger geworden, Tille hat im Herbst 2014 bei der WM in Polen Bronze mit der deutschen Mannschaft gewonnen. Es sind Identifikationsfiguren, die Herrschings noch immer recht unerfahrene Mannschaft führen sollen. Solche Spielertypen, das haben die Verantwortlichen vergangene Saison öfter bemängelt, hatten dem TSV bei seiner Premiere in der ersten Liga gefehlt. Außerdem kamen in Phillip Trenkler, 22, ein Annahmespieler aus dem erweiterten Kader der deutschen Nationalmannschaft und der Slowake Peter Ondrovic, eines der größten Mittelblock-Talente seines Landes. "Die Kaderplanung ist damit abgeschlossen", sagt TSV-Manager Fritz Frömming.

Große Erfahrung, gepaart mit sehr talentierten Perspektivspielern - das Ziel der Herrschinger Transferpolitik ist klar: sich nach dem Aus in den Pre-Playoffs in diesem Spieljahr weiter oben zu positionieren. Wobei sie gerne noch einen sehr guten Annahme-Außen-Spieler verpflichten würden. Einen wie Luke Smith, der aber noch besser annehmen kann als der Australier, den Herrsching nach Finnland ziehen ließ. Doch für so einen Mann fehlt momentan das Geld. Obwohl Herrsching auch diesbezüglich einen großen Sprung nach vorne gemacht hat. Jedenfalls sagt Frömming: "Ich denke, wir werden bei 450 000 Euro rauskommen."

Das sind jene 50 Prozent mehr Budget, die sich die Verantwortlichen gewünscht haben - in der vergangenen Saison mussten Frömming und Trainer Max Hauser noch mit knapp 300 000 Euro auskommen. In Smith hatten sie gerade mal einen vollwertigen Profi im Kader. Nun trainiert die Hälfte der Mannschaft unter professionellen Bedingungen, was bis zu zehn Balleinheiten pro Woche bedeutet und zusätzliches Krafttraining. Herrschings Manager und das Helferteam hatten viel Arbeit, "ich hätte es mir leichter vorgestellt dieses Jahr", sagt Frömming: "Wir wollten schon die Fünf davorhaben, aber das werden wir nicht schaffen" - die halbe Million Euro werden sie also wohl nicht ganz erreichen.

Zwar sind keine wichtigen Sponsoren abgesprungen, aber es ist auch nicht so, dass die etablierten Partner nun den Tresor öffnen und Geld auf die Volleyballer herabregnen lassen. Sie sind vorsichtig, das muss sich auch der ambitionierte Klub nun eingestehen. Aber insgesamt dürfen sie in Herrsching durchaus zufrieden sein, finanziell und personell.

Am 24. Oktober startet ihre Saison mit einem Heimspiel gegen Lüneburg, dem ebenso ambitionierten Mitaufsteiger aus dem vergangenen Jahr. Lüneburg hatte Herrsching damals eine empfindliche 0:3-Niederlage am Ammersee zugefügt. In der anfangs so stimmungsvollen Nikolaushalle war es am Ende sehr ruhig geworden. Es war für Herrsching ein kleiner Vorgeschmack darauf gewesen, was sie in der höchsten Spielklasse erwartet. Sie haben dem Druck standgehalten. Dass wegen des Rückzugs Hachings und der Insolvenz von Dresden früh feststand, dass alle Mannschaften die Klasse halten, hat die TSV-Spieler zugleich enorm beruhigt.

Ein weniger beruhigendes Thema ist die Halle. Die Herrschinger bräuchten dringend eine moderne Spielstätte, die Liga wünscht sich mittlerweile Event-Arenen mit einer Mindestkapazität von 2500 Zuschauern. Die alte Nikolaushalle fasst nur 1000 Fans, sie ist außerdem zu flach - und hat nicht unbedingt Event-Charakter, trotz der guten Stimmung bei Heimspielen des "Geilsten Clubs der Welt". Kommende Spielzeit dürfen die Herrschinger dort noch mit einer Ausnahmegenehmigung der Liga spielen, die Saison 2016/17 wohl auch. "Aber prinzipiell ist klar, dass wir nicht ewig dort sein können", sagt der Marketing-Verantwortliche des TSV, André Bugl. Es gibt eine Arbeitsgruppe, die Planspiele entwirft, spruchreif ist noch nichts. Aber das Thema wird der Klub wohl oder übel noch länger behalten.

Ansonsten läuft vieles bei Herrschings Volleyballern gut, auch bei der Planung der Trainingsspiele sind sie einen Schritt nach vorne gekommen. Am 10. Oktober kommt das Tirol Volleyballteam Innsbruck zu Besuch, österreichischer Serienmeister und Champions-League-Teilnehmer.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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