Totilas und Valegro bei der Reit-EM:Der Schöne und der Tänzer

Totilas

Matthias Alexander Rath auf Totilas (u.): Gut drauf in in Aachen

(Foto: dpa)
  • Im Rund der Aachener Soers steht das Duell zweier Pferde an, von denen die Branche spricht - Totilas vs. Valegro.
  • Während Totilas selbst schön ist, wenn er schläft, wird Valego schön, wenn er sich bewegt.
  • Totilas und Verlgro haben schon einmal ein Duell bestritten.

Von Gabriele Pochhammer, Aachen

Die Szene ist angemessen. Im Rund der Aachener Soers, auf dem Rasen, der so heilig ist wie der von Wimbledon, wurde ein Sandviereck angelegt. Hier kämpfen die Dressurreiter um den Titel Europameister in Mannschafts- und Einzelwertung. Für Deutschland reiten Jessica von Bredow-Werndl auf Unée und Isabell Werth auf Don Johnson, Matthias Rath auf Totilas und Kristina Bröring-Sprehe auf Desperados. Am Mittwoch steht also das Duell steht an zwischen den Pferden, von denen die Dressurwelt spricht: Totilas und Valegro unter ihren Reitern Matthias Rath und der Britin Charlotte Dujardin. Zwei Pferde, zwei Reiter, zwei Welten.

Auf der einen Seite Totilas: Er ist schön, wahrscheinlich auch, wenn er schläft. Lackschwarz glänzt sein Fell, nicht nur wenn die Sonne scheint, sondern auch wegen der männlichen Hormone. Vorteil also für Hengst Totilas gegen Wallach Valegro. Den 13-jährigen Braunen könnte man auf den ersten Blick langweilig finden, wenn er am Rande des Abreiteplatzes döst. Er wird erst schön, wenn er sich bewegt. Dann hat er die Anmut eines Tänzers, voller Kraft und Schwung, aber auch mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit, die vielen seiner Konkurrenten im Laufe der Jahre abhanden gekommen ist.

Fury unter den Dressurpferden

Valegro verkörpert das Ziel der klassischen Reitlehre in Vollendung: ohne Effekthascherei die angeborenen Talente des Pferdes zur Geltung zu bringen. Beim 15-jährigen Totilas hingegen ringen Natur und Kunst häufig miteinander. Seine Bewegungen im Trabe erinnern an den Parademarsch preußischer Grenadiere. Doch auch wenn er längst sein Gnadenbrot frisst, wird man ihn ehren als das Pferd, das die Menschen in Verzückung versetzen konnte, quasi der Fury unter den Dressurpferden.

Seine Vita ist zweifellos aufregender als die von Valegro: Unter dem Niederländer Edward Gal trabte er von Sieg zu Sieg, wurde in Kentucky 2010 dreifacher Weltmeister. Für angeblich zehn Millionen Euro wechselte der Hengst zu Paul Schockemöhle. Seitdem sitzt Matthias Rath im Sattel des Rappen, seine Stiefmutter Ann-Kathrin Linsenhoff hatte die Sportrechte von Schockemöhle erworben. Das zweite Leben des Totilas war bisher weit weniger vom Glück begünstigt. Zwar erhielt er einen Leibwächter, eine Facebook-Seite und Kaffeebecher mit seinem Konterfei, aber die Erfolge hinkten den aufgrund des Preises hohen Erwartungen hinterher. Hinzu kamen immer wieder Verletzungen. Jetzt sei sein Pferd aber "gut drauf", sagt Rath

Geld spielt bei den Raths keine Rolle mehr

Das ist Valegro auch. Er kam als junges Pferd aus den Niederlanden in den Stall des britischen Spitzenreiters Carl Hester, der ihn von Charlotte Dujardin unter seiner Aufsicht ausbilden ließ. Ursprünglich wollte Dujardin nur ein Praktikum machen, aber Hester erkannte ihr Talent. Sie brachte Valegro zur Olympiareife. Eine Erfolgsgeschichte begann, zurzeit hält Dujardin alle Titel, die der Dressursport zu vergeben hat, Olympiasiegerin, Weltmeisterin, Europameisterin, Weltcup-Siegerin.

Vom Geld für ihr erstes eigenes Grand-Prix-Pferd kaufte sie sich eine Wohnung. Rath kommt auch in dieser Hinsicht aus einer anderen Welt, zumindest seit sein Vater, der Reitlehrer Klaus Martin Rath, eine der reichsten Frauen Deutschlands, Mannschaftsolympiasiegerin Ann-Kathrin Linsenhoff, heiratete. Geld ist jetzt nicht mehr so wichtig und auch ein Wunderpferd wie Totilas finanzierbar, Medienberater, Mentalcoach und Physiotherapeut dazu.

Totilas hat schon mal gewonnen

Das bisher einzige Duell vor einem Jahr in Aachen gewann Totilas. Jetzt treten sie wieder gegeneinander an. Am Mittwoch und Donnerstag geht es um die Mannschaft, am Samstag um den Einzeltitel im Grand Prix Special, am Sonntag in der Kür. Das ist die Prüfung, in der in Rio 2016 die Einzelmedaillen vergeben werden.

Bleibt abzuwarten, ob Totilas dann antritt. Seine Kür hat Rath bisher nicht öffentlich geritten, für Bundestrainerin Monica Theodorescu kein Thema. "Für uns zählt vor allem die Mannschaft. Wir wollen den Titel von 2013 verteidigen," sagt sie. Dafür braucht sie Totilas. Über alles andere kann man später reden.

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