"Houston" mit Ulrich Tukur in der ARD:Einer zerbricht ganz langsam

Houston/ARD

"Das Ziel des Lebens ist die Weiterentwicklung" - doch Trunschka (Ulrich Tukur) sitzt in Houston fest und jagt ein Phantom.

(Foto: SWR/Lichtblick Media GmbH)

Headhunter Clemens Trunschka wird in die USA geschickt, um einen mysteriösen CEO aufzuspüren. Es ist eine Odyssee ins Nichts.

Von Barbara Oswald

Ein Mann im Anzug steht am Fenster eines Hotelzimmers, in der Hand ein Glas mit Whiskey. Er lässt den Blick über die gegenüberliegenden Hochhäuser schweifen, die, wie sein Hotel, weit über die Stadt hinausragen. Stockwerk reiht sich an Stockwerk, grau an grau. Da sieht er ein weißes Hemd, das von oben herab langsam Richtung Boden sinkt.

Clemens Trunschka beobachtet, wie es im Wind tänzelt, blickt nach oben, ob er erkennen kann, wo es herkam. Doch da ist nur die graue Hausfront, sonst nichts. Das Hemd sinkt immer weiter in die Tiefe, hinab auf die Straßen Houstons, die man von dort oben nur erahnen kann.

Houston, das steht in dem gleichnamigen ARD-Film für die amerikanische Großstadt, in die der Headhunter Clemens Trunschka geschickt wird. Houston steht aber auch für die Firma Houston Petrol, deren mysteriösen CEO Ringer Trunschka treffen soll. So beginnt eine Jagd auf ein Phantom.

"Das Ziel des Lebens ist die Weiterentwicklung"

Regisseur und Autor Bastian Günther schickt einen äußerst einsamen, langsam zerbrechenden Ulrich Tukur auf eine Odyssee ins Nichts. Das Einzige, was ihm Halt geben kann, ist vielleicht noch die Motivations-CD, die ihm sein Freund Hannes überlassen hat. "Das Ziel des Lebens ist die Weiterentwicklung" lernt er davon. Doch in Houston gibt es diese nicht, denn genau so inhaltslos wie sein Auftrag ist die Figur des Alkoholikers Clemens Trunschka selbst.

Jeder gescheiterte Versuch, Ringer zu treffen, führt bei ihm zu größerer Verzweiflung, zu noch mehr Alkohol bis zum kompletten Kontrollverlust. Ulrich Tukur zeigt Trunschkas Leere durch vereinzelte, kleine Gesten, lange Blicke und verzerrte Gesichtsausdrücke.

Der Alkohol, ein stetiger Freund

Und Houston ist wohl auch eine Möglichkeit für Trunschka, seiner Frau aus dem Weg zu gehen, die ihren gemeinsamen Sohn in eine Therapie stecken will. In dieser Beziehung zeigt sich Trunschka ähnlich unbeholfen wie in seinem Beruf. Streifte er zuvor noch durch weite Landschaften bei sich zu Hause, so sitzt er in den USA im Großstadtdschungel fest und wirkt noch kleiner und armseliger.

Nur der Alkohol scheint Clemens ein stetiger Freund zu sein, bis er Robert Wagner kennenlernt. Der amerikanische Hotel-Tester, gespielt von Garret Dillahunt, und der deutsche Headhunter gehen eine Freundschaft ein, die allein von ihrer gegenseitigen Einsamkeit genährt wird. Ein Wechsel zwischen Nebeneinander und Miteinander, sich helfen und sich im Weg stehen zweier verlorener Seelen beginnt. Wagner wird Komplize, er verschafft Trunschka Zugang zu Ringers Golfclub, gräbt schmutzige Details aus. Immer mehr verstricken sich beide in diese Irrfahrt, in unscharfen Bildern der Verlorenheit.

Houston, ARD, 22.45 Uhr.

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