Abwertung des Yuan:China, was soll das?

Die chinesische Regierung hat die Währung dreimal in Folge abgewertet. Warum sie damit den IWF beeindrucken will und welche Folgen der Eingriff hat.

Von Marcel Grzanna, Shanghai

Chinas Zentralbank hat am Dienstag von einer einmaligen Abwertung gesprochen, aber am Mittwoch und Donnerstag erneut den Kurs gesenkt - was steckt dahinter?

Die Zentralbank argumentiert mit Begrifflichkeiten. Sie definiert die Abwertung vom Mittwoch als gebündelte Aktion und damit immer noch als "einmalig". Die Bank hat zudem die Option geschaffen, sich jederzeit von weiteren Abwertungen distanzieren zu können. Das gelingt ihr, indem sie offiziell ankündigte, sich bei der Festlegung des täglichen Mittelkurses künftig an den Erwartungen des freien Marktes orientieren zu wollen. Wenn die schwachen Wirtschaftsdaten der Volksrepublik in den kommenden Tagen den Druck auf den Yuan also weiter erhöhen sollten, müsste die Zentralbank gemäß ihres neuen Credos eine weitere Abwertung zulassen. So könnte sie schließlich auch heimische Exporteure stärken. Denn deren Produkte werden auf dem Weltmarkt attraktiver, je geringer der Yuan notiert.

Auf diese Weise nutzt die Zentralbank die Abwertung auch dazu, um beim Internationalen Währungsfonds (IWF) Werbung zu machen für die Aufnahme des Yuan in den Korb der globalen Reservewährungen. "Schaut her: Wir liberalisieren", lautet die Nachricht. Die Reaktion des IWF fiel tatsächlich positiv aus, weil sie die Maßnahme als weiteren Schritt zu einer frei konvertierbaren chinesischen Währung wertete. Die Frage bleibt, an welchem Punkt Peking den Abwärtstrend stoppen wird, um den Abfluss von weiterem Investitionskapital zu vermeiden.

Weshalb ist der Yuan nicht frei gehandelt?

Die chinesische Regierung benutzt den Yuan als Instrument der Wirtschaftspolitik. Über den niedrigen Wert der Währung kann ein Land seine Exporte unterstützen, ein hoher Wert macht Importe billiger. Weil der Yuan viele Jahre stark unterbewertet blieb, wurden auch ausländische Investoren in Scharen angelockt - denn die bekamen in China mehr für ihr Geld als anderswo. So wurde etwa der Bau einer Fabrik vergleichsweise günstig.

Ausländische Investitionen haben einen großen Teil zum chinesischen Wachstum der vergangenen Jahrzehnte beigetragen. Eine Weile war der Yuan sogar fest an den US-Dollar gekoppelt. Diese Bewertung steuerte die chinesische Zentralbank über den Einkauf von US-Dollar. Doch in der Vergangenheit hat sie die Erwartungen des Marktes, denen sie sich nun beugen will, häufig ignoriert und antizyklische Mittelkurse festgelegt. Damit konnte sie zu starke Kursschwankungen in beide Richtungen verhindern. Inzwischen gewährt die Zentralbank bei der Festsetzung des Referenzkurses Schwankungen von zwei Prozent im Vergleich zum Vortag.

Wie unabhängig ist Chinas Zentralbank?

Eigentlich gar nicht. Sie ist der Regierung in Peking untergeordnet und hat deren Anweisungen zu folgen. Es war auch der chinesische Staatsrat, also das Kabinett, der die jüngste Abwertung der Währung beschloss.

Allerdings ist Finanzpolitik in den vergangenen Jahren in China immer komplizierter geworden. Viele Mitglieder der Regierung oder hohe Parteikader sind schlicht überfordert mit den Problemen, mit denen sich eine Zentralbank beschäftigt. Das schafft den Angestellten beim Setzen der Schwerpunkte einen Handlungs- und Einflussspielraum, der mit zunehmender Komplexität immer größer wird. Die Politiker müssen sich auf die Fachkenntnisse der spezialisierten Bürokraten verlassen.

Welche Auswirkungen hat der Eingriff der Zentralbank?

Die Exporteure bekommen durch die Abwertung Luft zum Atmen. Viele chinesische Unternehmen standen wegen ihrer geringen Margen ohnehin unter Druck - der hohe Yuan-Kurs war da eine zusätzliche Last. Jetzt können die Firmen auf eine größere Nachfrage aus den Industrienationen hoffen. Das tut der gesamten Konjunktur gut.

Allerdings wird die Produktion für jene Firmen teurer, die Rohstoffe oder Bauteile aus dem Ausland benötigen. Dafür dürfte die Nachfrage nach heimischen Produkten wieder anziehen, weil die importierten Waren den Konsumenten mehr ans Portemonnaie gehen.

Politisch sorgt die Maßnahme für neue Spannungen zwischen China und den USA. Auch deshalb hagelte es in der größten Volkswirtschaft bereits Kritik aus allen Lagern, weil man dort einen Nachteil für seine eigenen Firmen fürchtet.

Was und wieso will Peking reformieren?

Im Zentrum der Reformbemühungen stehen der Finanzsektor und die staatlichen Unternehmen. Im Wesentlichen geht es um Liberalisierung und den Übergang hin zu einer freien Marktwirtschaft. Das ist nötig, weil der Schwung des bisherigen Wachstumsmodells nach mehr als 30 Jahren abnimmt. Ein fairer Wettbewerb zwischen privaten und staatlichen Firmen kann für die Innovationen sorgen, die Chinas Industrie langfristig genügend Arbeitsplätze verschaffen. Nur dann hätten die Menschen genug Geld, um es an die Unternehmen bei Einkäufen zurückzugeben und den Kreislauf zu befeuern.

Was fürchten deutsche Unternehmen, die nach China exportieren?

Der geringere Wert des Yuan schmälert ihre Gewinne. Das gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Produzenten von Premiumartikeln oder Luxusmarken, die ohnehin schon hoch besteuert werden, spüren erfahrungsgemäß keine Auswirkungen. Ihre Klientel kümmert es wenig, ob sie fünf oder zehn Prozent mehr zahlen müssen. Wenn sie ein Produkt wollen, kaufen sie es. Koste es, was es wolle.

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