Vaterstetten:Wand zu verkaufen

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Viel los ist schon an der B 304 in Vaterstetten. Aber nicht genug, dass die Lärmschutzwand zum Ostring mit öffentlichem Geld saniert werden muss. (Foto: Christian Endt)

Vaterstetten veräußert den maroden Lärmschutz an der B 304 stückweise an die Anlieger

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde ist nicht gerade für ihre niedrigen Grundstückspreise bekannt, eher im Gegenteil. Doch nun wird in Vaterstetten ein rund 600 Quadratmeter großes Grundstück zum Schnäppchenpreis veräußert, läppische 2,5 Euro pro Quadratmeter soll es kosten und bebaut ist es auch schon. Doch genau diese Bebauung ist der Grund für das überaus günstige Angebot. Denn dabei handelt es sich um eine marode Lärmschutzwand, für deren Sanierung oder Neubau niemand Geld ausgeben möchte.

Bereits im Herbst 2012 hatten Gutachter festgestellt, dass die 1995 gebaute Lärmschutzwand am Ostring, gleich gegenüber der Tankstelle an der B 304, nicht mehr standsicher ist. Für die Gemeinde ergaben sich daraus drei Möglichkeiten, wie man fortfahren kann, erläuterte nun Manfred Weber, Leiter des Vaterstettener Straßenbauamtes, im zuständigen Ausschuss. Entweder die Wand werde ersatzlos abgebaut oder sie werde saniert beziehungsweise neu gebaut oder aber die Eigentümer erwerben die Fläche samt Lärmschutzwand und können dann damit tun, was sie wollen. Für die Kosten gibt es bereits eine Schätzung. Die Experten raten von einer Sanierung ab und empfehlen einen kompletten Neubau. Dieser würde je nach Ausführung zwischen 68 000 Euro bei Holzbauweise und 71 000 Euro bei Holz-Alu-Bauweise kosten, hinzu kämen noch etwa 8500 Euro für die Entsorgung der alten Lärmschutzwand.

Dass dies aus der Gemeindekasse bezahlt wird, scheidet als Option aus, das hatte der Ausschuss bereits Ende vergangenen Jahres beschlossen. Denn es gibt keine Verpflichtung für den Bau eines Lärmschutzes. Nach einem schalltechnischen Gutachten ist es dazu entlang der Bundesstraße nicht laut genug. Das war auch vor 20 Jahren nicht anders, doch damals hatten die Anlieger die rund 85 Meter lange Wand ausdrücklich gewünscht und sich an deren Bau auch mit 20 000 Mark finanziell beteiligt. Von der Tankstelle kamen 23 000 Mark und 20 000 Mark gab die Gemeinde dazu, die außerdem das bundeseigene Grundstück seitdem vom Staatlichen Bauamt Rosenheim pachtete, für aktuell 100 Euro pro Jahr. Doch mittlerweile ist eine solche Kooperation nicht mehr gewünscht oder auch nicht mehr möglich. Denn so sei es eben wegen des Schallgutachtens nicht möglich, von der Tankstelle eine finanzielle Beteiligung einzutreiben. Auch die Anlieger hatten bereits im vergangenen Jahr erklärt, dass sie für eine Sanierung der Wand nicht mitzahlen werden. Da die Gemeinde auf keinen Fall den Neubau der Lärmschutzwand alleine bezahlen wolle, favorisierte die Verwaltung damals den Pachtvertrag zu kündigen und die Wand abzureißen.

Inzwischen zeichnet sich aber eine andere Lösung ab, so Weber, man habe mit allen Anwohnern entlang der Lärmschutzwand gesprochen und alle hätten sich bereit erklärt, das hinter ihren Grundstücken liegende Areal samt Wand zu erwerben. Die 600 Quadratmeter Grund, auf dem die Lärmschutzwand steht, will nun zunächst die Gemeinde vom Bund kaufen und anschließend an die Anlieger stückweise weiterveräußern. Das Straßenbauamt habe bereits erklärt, dass es das Grundstück für verzichtbar halte, so Weber auf eine Nachfrage von Herbert Uhl (FW), ob durch den Verkauf eine eventuelle Erweiterung der B304 beeinträchtigt wäre? Mit Ausnahme von Uhl und Manfred Schmidt (FBU/AfD) stimmten alle Mitglieder des Ausschusses für einen Verkauf der Lärmschutzwand an die Anlieger.

Grund dafür, dass Vaterstetten das Grundstück samt Wand lieber heute als morgen loswerden will, ist auch, dass der Gemeinde derzeit als Pächter die sogenannte Verkehrssicherungspflicht obliegt. Das bedeutet, sie ist dafür verantwortlich, dass von der Lärmschutzwand keine Gefahr ausgeht, falls etwas passiert, ist die Gemeinde haftbar. Nach dem Verkauf geht diese Haftungspflicht auf die neuen Eigentümer über. Künftig müssen diese dafür Sorge tragen, dass ihre neue günstige Immobilie niemanden gefährdet.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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