Erklärung gegen Fremdenhass:Frei.Wild verärgert Fans

Erklärung gegen Fremdenhass: Einige Fans wollen der Band den Rücken kehren.

Einige Fans wollen der Band den Rücken kehren.

(Foto: Robert Haas)
  • Die Band hat auf ihrer Homepage eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie sich von Pegida und der AfD distanziert.
  • Besonders unter den rechten Fans sorgt das für Entrüstung. Sie kehren der Band den Rücken.
  • Trotz der klaren Positionierung bleibt Frei.Wild nach rechts offen.

Von Antonie Rietzschel

Die Südtiroler Band Frei.Wild hat viele Fans, sehr viele. Der Journalist Hannes Grassegger hat sie mal in einer großartigen Reportage als Mitglieder eines Stammes beschrieben, mit eigenen Ritualen und Stammesfarben, die das Merchandise der Band vorschreibt: schwarz-weiß-rot.

Obwohl Frei.Wild eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Bands ist, gibt es immer wieder Ärger um ihre vor Heimatliebe strotzenden Lieder. Weil Sänger Philipp Burger früher selbst rechtsextrem war und die Band auch in der Neonaziszene angepriesen wurde, stellen sie Kritiker immer wieder in diese Ecke. Die Folge sind Probleme mit Konzertveranstaltern, wie zuletzt in Hamburg. Die Vorwürfe haben die Fans eng zusammenrücken lassen. Je härter die Kritik, desto stärker die Bindung. Nun ist es die Band selbst, die ihre Fangemeinde spaltet.

Mitglieder der Band werden als Ja-Sager beschimpft

Angesichts der zunehmenden Angriffe gegen Flüchtlinge hat die Band auf ihrer Internetseite ein Statement veröffentlicht. Darin bedankt sie sich ausdrücklich bei den Fans, die Zivilcourage zeigen. Und in bisher ungewohnt deutlichen Worten distanziert sie sich von Fremdenhass. "Wer solche Menschen hier wieder bedroht und terrorisiert, der ist schlichtweg ein asoziales Arschloch ohne Verstand", heißt es da. Anhänger von Pegida und der AfD seien "Idioten". Schließlich stellt die Band ihre Fans vor die Wahl. Wer nicht so denke wie sie, solle sich verpissen. "Wir sind die gänzlich falsche Band für euch."

Auf der Internetseite aber auch auf Facebook wurde das Statement vor allem von denjenigen kommentiert, die Frei.Wild offensichtlich nicht mehr will. Sie beschimpfen die Band als "Ja-Sager", die sich hätten kaufen lassen. "Vergesst Frei Wild" schreibt einer. Ein anderer fragt, ob der Band-Account gehackt wurde.

Auf der rechtsextremen Seite Political Incorrect, die Frei.Wild bisher als Verfolgte des Systems feierte, heißt es, die Band habe beschlossen, sich passgenau ins "Land der Vollidioten" zu integrieren. Der Rechtspopulist Jürgen Elsässer fordert die Fans in einem Blogeintrag auf, auf dem nächsten Konzert mit Pegida- und Deutschlandflaggen aufzutauchen.

Die Songs bleiben

Frei.Wild hat sich in der Vergangenheit wiederholt von Rechtsextremismus distanziert. Bei den Konzerten bekommen die Türsteher eine Liste mit rechtsextremen Symbolen, auf die sie achten sollen. Wer nicht schon am Eingang rausgezogen wird, muss damit rechnen, von den Fans gemeldet zu werden. Wer bei Facebook Thor Steinar mag, muss damit rechnen, aus bestimmten Frei.Wild-Gruppen ausgeschlossen zu werden. All das ist lobenswert - dennoch ist und bleibt Frei.Wild offen nach rechts, daran kann auch das aktuelle Statement nicht rühren. Die Band singt weiter Lieder, in denen sogenannte "Moralapostel" und "Gutmenschen" diffamiert werden - Begriffe, die auch die rechtsextreme Szene im Zusammenhang mit Flüchtlingshelfern benutzt. Zu den unter Frei.Wild-Fans beliebtesten Liedern gehört "Südtirol". Darin heißt es:

"Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik an diesem heiligen Land, das unsre Heimat ist."

Oder im Song "Wahre Werte":

"Wann hört ihr auf, eure Heimat zu hassen? Wenn ihr euch ihrer schämt, dann könnt ihr sie doch verlassen."

In einer aktuellen Fan-Studie erzählen Anhänger von Frei.Wild aller politischer Richtungen, dass sie in den Texten ihre eigene Lebenssituation wiedererkennen würden. Das liegt auch an der Uneindeutigkeit der Texte, wie bei den Patriotismus-Songs "Südtirol" oder "Wahre Werte". Das führt letztendlich dazu, dass die Band Fans gefunden hat, die sie jetzt angeblich nicht mehr haben will.

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