Maischberger-Talk mit Schweiger und Reschke:Schweiger gibt den Schwarzenegger

Til Schweiger

Omnipräsent in der Flüchtlingsdebatte: Schauspieler Til Schweiger.

(Foto: dpa)

Sandra Maischberger diskutiert mit den prominentesten Köpfen der Flüchtlingsdebatte, Moderatorin Anja Reschke und Schauspieler Til Schweiger. Letzterer poltert: "Sie gehen mir auf den Sack!"

Von Ruth Schneeberger

Schon komisch: Da trifft man Til Schweiger letzte Woche zufällig in einem Restaurant in Berlin. Wundert sich nur ein bisschen über seinen ungewöhnlich eleganten Anzug, schon etwas mehr über die aggressive Grundstimmung und den riesenhaften Leibwächter, der ihn begleitet - und vor allem über ein blaues Auge. "Der wird sich wohl mit einem Asylgegner geprügelt haben", wird am Tisch vermutet.

Klar: Der gebürtige Heuchelheimer ist gerade ständig in den Schlagzeilen für das bürgerliche Engagement gegen Rechts und für Flüchtlinge und lässt sich von der Hetze im Netz den Mund nicht verbieten, sondern teilt selbst tüchtig aus. Doch als Schweiger nach einem Salat, ein paar Gläsern Weißwein und einem kurzen Gespräch über Flüchtlingsheime aufsteht und nebenan im Luxushotel wieder an die Arbeit geht, wird klar: Er dreht hier gerade seinen Kino-Tatort. Deshalb das Veilchen. Kann man schon mal vergessen in diesen Tagen, dass der Mann ja eigentlich Schauspieler ist.

Beschimpft als "Antifa-Nigger-Muslim-Zigeunerhure"

Vergangene Woche diskutierte er mit Dunja Hayali im ZDFdonnerstalk über Flüchtlinge, am Dienstagabend ist er schon wieder zu Gast im TV, in Sandra Maischbergers erstem Talk nach der Sommerpause. Thema in der ARD: Wie gehabt. Allerdings ist Schweiger diesmal nur zeitweise zugeschaltet aus Hamburg, wieder wegen des Drehs. Außerdem zu Gast: ARD-Moderatorin Anja Reschke, die in einem Tagesthemen-Kommentar deutlich Stellung bezogen hatte gegen Rechts und für die Aufnahme von Flüchtlingen. Sie macht deutlich, dass auch die Zuschauerkommentare immer schlimmer würden (unter anderem wurde sie als "Antifa-Nigger-Muslim-Zigeunerhure" beschimpft) - der Zuspruch zu ihrem Kommentar allerdings überwiege.

Wirtschaftsjournalist Roland Tichy, der in einem Kommentar Verständnis für die Pegida-Demonstranten äußerte, nimmt die Rolle des Realpolitikers ein. Er erinnert daran, dass der Platz für ankommende Flüchtlinge erst einmal geschaffen werden müsse - "von der Größe einer Stadt Frankfurt" - und dass es falsch sei, "jetzt die Bevölkerung zu beschimpfen", die schon viel aufnahmebereiter geworden sei als in den 90er Jahren.

Die migrationspolitische Sprecherin der Linken, Sevim Dağdelen, wirft der CSU vor, der parlamentarische verlängerte Arm rassistischer Hetze zu sein und damit in der Bevölkerung Angst zu schüren. Und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer besteht mehrfach auf seiner Forderung, die "40 Prozent Wirtschaftsflüchtlinge" dringend von den Kriegsflüchtlingen zu unterscheiden, denen man sonst nicht ausreichend helfen könne.

Schweiger versus Scheuer

Scheuer ist an diesem Abend Til Schweigers erklärter Gegner. "Sie gehen mir auf den Sack", ereifert sich der Schauspieler, als Scheuer ihn wiederholt unterbricht. "Das ist so schlimm in diesen deutschen Talkshows: Alle reden durcheinander", beschwert er sich. Und wieder an Scheuer gerichtet: "Ich finde das so geil mit Ihren süffisanten Blicken, wie Sie mich jetzt vorführen wollen."

"Ich werde richtig viel Kohle einsammeln"

Der CSU-Generalsekretär spielt auf jüngste Meldungen an, wonach das von Schweiger geplante Flüchtlingsheim in Osterode Probleme bereiten könnte: "Als Zeitungsleser wäre meine Frage: Wann gehen Sie denn mit Ihrem geplanten Flüchtlingsheim an den Start?" Zuletzt war bekannt geworden, dass der Käufer der ehemaligen Kaserne womöglich nicht kreditwürdig ist.

Schweiger sagt dazu: "Das Heim, das ich in Osterode unterstützen will, das kann ich im Moment nicht machen." Die Käufer seien "noch in Verhandlungen mit dem Land". "Aber um nicht untätig rumzusitzen, gehe ich mit meiner Stiftung nach Osnabrück, das wird mein erstes Projekt." In einem dortigen bereits bestehenden Flüchtlingsheim würden "Kleinigkeiten wie Wireless LAN, eine Fahrradwerkstatt, Holzarbeiten und viele Lehrer, die Sprachunterricht geben", benötigt. Dazu werde er an diesem Freitag eine Stiftung gründen, die in sechs oder sieben Wochen handlungsfähig sei. In deren Beirat seien Vizekanzler Sigmar Gabriel, Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner und Schauspielkollege Jan Josef Liefers. "Ich werde mit meiner Stiftung richtig viel Kohle einsammeln, so viel wie es nur geht, und viele werden mitziehen."

"Wir haben so viel Elend über die Welt gebracht"

Schweiger, nomen non est omen, erinnert in solchen Momenten an eine sanftere Ausgabe von Schwarzenegger, der politische Fragen gerne mit seinem Filmimage des zupackenden Actionstars vermischt und vereinfacht. Schweiger zeigt sich an diesem Abend aber vernünftiger, zumindest zeitweise: Er sei nicht der Fachbeauftragte für Flüchtlingsfragen und wisse sehr wohl, dass da "ganz gewaltige Probleme auf unser Land zukommen. Aber man darf nicht vergessen: Wir waren zerbombt. Wir haben so viel Elend über die Welt gebracht. Mit Milliarden ist uns geholfen worden. Wir haben am meisten vom Euro profitiert. Und jetzt heulen wir rum."

Er habe Verständnis dafür, wenn es jemandem selbst schlecht gehe und er deshalb Angst habe vor dem Flüchtlingsproblem. Auch Deutschland könne nicht alle aufnehmen. Dass andere Länder "ihre" Flüchtlinge einfach weiter schickten, sei "nicht fair". Dennoch sei eindeutigeres Handeln "gegen faschistoides Gedankengut" gefragt. Auch im sächsischen Freital, wo Demonstranten "Weg mit dem Dreck" gefordert hatten, was nach Aussagen von Reschke die Initialzündung für ihr Engagement war. Schweiger dazu: "Da sollte man zwei Hundertschaften Polizei hinschicken, die einkassieren und sagen: 'Heute Nacht bleibt ihr mal im Knast.'"

Das Versammlungsrecht dürfe solche Hetze gegen Asylbewerber nicht unterstützen. "Da muss man, finde ich, die Verfassung irgendwie ein bisschen ändern. Die Verfassung kann doch nicht die Leute schützen, die nichts anderes vorhaben, als die Verfassung abzuschaffen."

Schweiger entschuldigt sich

Am Ende entschuldigt sich Schweiger, der zwischendurch laut wird, mit Keinohrhasen-Blick für seinen Ausraster bei Scheuer. Im Vielohrhasen-Gedächtnis der Zuschauer wird dennoch Schweigers Ankündigung bleiben, den CSU-Generalsekretär "beobachten" zu wollen. Auf die Anklage von Schweiger und Reschke, von Politikern viel zu wenig klare Worte gegen Rechts zu hören, beteuert der, diese würden jeden Tag "überall" fallen.

Vor ein paar Tagen noch hatte Schweiger sich auf Facebook geäußert, es ging um die wie üblich verklausulierten Aussagen der Kanzlerin und eine Meldung des ZDF über ihre angeblich klaren Worte: "ZDF, Schuss nicht gehört? Klare Aussagen wären folgende: Wir werden niemals tolerieren, dass Menschen, die vor Krieg und Terror fliehen, in unserem Land bedroht und angegriffen werden! Wir werden jeden, der dies tut, mit aller Härte des Rechtsstaates verfolgen!!!!"

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