Gröbenzell:Trennung von der evangelischen Kirche

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"Der FC Bayern lässt sich von der Allianz auch nicht die Aufstellung diktieren", sagt Winfried Bauer, Vorsitzender des Oekumenischen Vereins Gröbenzell.

(Foto: Johannes Simon)

Der Oekumenische Verein ändert seine Satzung und kündigt der Diakonie das Mitspracherecht auf

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Vereinsvorsitzender Winfried Bauer hatte noch einmal leidenschaftlich für die Satzungsänderung beim Oekumenischen Sozialdienst Gröbenzell geworben. "Der FC Bayern München lässt sich auch nicht vom Sponsor Allianz die Aufstellung diktieren", zog Bauer einen erstaunlichen Vergleich. Das wäre gar nicht nötig gewesen, weil die etwa 40 anwesenden Besucher der außerordentlichen Mitgliederversammlung einhellig dafür stimmten, die Mitgliedschaft des Sozialdienstes bei der Diakonie der evangelischen Kirche in der Vereinssatzung zu streichen. Eine "assoziierte Organisation" der katholischen Caritas bleibt der Verein jedoch.

Hintergrund der mehr als zweijährigen Debatte mit Caritas und Diakonie war die Satzungskonstruktion des 1971 gegründeten Gröbenzeller Sozialdienstes, die den Verein zum außerordentlichen Mitglied bei beiden Organisationen machte. Die Vorgabe beider Kirchen, dass vor allem die Leitungsgremien und das leitende Personal einer der beiden christlichen Kirchen angehören müssen, bereitet dem Verein seit mehr als zwei Jahren Probleme. "Wir müssen unsere Aufgaben erfüllen und dafür brauchen wir fachlich qualifiziertes Personal", bekräftigte Bauer, der seit 22 Jahren dem Sozialdienst vorsteht. Da müsse der Verein freie Hand haben und auch konfessionslose Menschen beschäftigen oder in den Vorstand berufen können. "Ich hatte gedacht, dass es mit meiner Kirche Probleme gibt", wunderte sich der katholische Theologe Bauer über die Unnachgiebigkeit der Diakonie.

Er habe immer daran geglaubt, dass sich die Diakonie wie zuvor die Caritas auch auf einen Kompromiss einlasse. Die Caritas hatte der Satzungsänderung zugestimmt, dass der Verein nicht mehr als Mitglied bei ihr ist, sondern zukünftig als assoziierte Organisation geführt wird und nicht mehr dem Personalrecht der Caritas unterliege.

Die evangelische Diakonie bestand darauf, dass das Leitungspersonal des Vereins "ausnahmslos", wie Bauer aus einem Diakonieschreiben vorlas, einen der beiden christlichen Kirchen angehören muss. "Wir können uns nicht vorschreiben lassen, wen wir einstellen", meinte Bauer dazu nachdrücklich. "Wir arbeiten nicht im Auftrag der Kirche." Gefördert werde der Sozialdienst mit hundert Angestellten und einem Haushalt von 1,3 Millionen Euro vor allem von der Gemeinde Gröbenzell, die ihren Förderungsrahmen pro Jahr sogar von 250 000 auf 275 000 Euro aufgestockt habe. Die finanziellen Konsequenzen, die Diakonie nicht mehr als Partner zu haben, halten sich für den Sozialdienst in Grenzen. Auf 1000 Euro bezifferte Bauer auf Nachfrage den jährlichen Zuschuss der Diakonie. Mit den Beiträgen, die der Verein im Gegenzug entrichte, ergebe sich quasi ein Nullsummenspiel.

Der anwesende evangelische Pfarrer der Zachäus-Gemeinde, Stefan Pickart, bedauerte, dass der Verein nun aus der Diakonie aussteige. "Das Dach der Kirche wird verlassen", fügte der Geistliche pathetisch hinzu. "Ich begreife das nicht", widersprach ihm ein älterer Versammlungsteilnehmer, "in welcher Zeit leben diese Herrschaften. Es brennt doch hinten und vorne mit Personal". Eine andere Diskutantin rückte die Historie gerade und meinte: "Der Sozialdienst war keine Initiative der Kirchen. Entstanden ist der Verein aus dem Zusammenschluss von Gröbenzeller Bürgern. Die Kirchen sind nur mit ins Boot genommen worden." Ganz will der Oekumenische Sozialdienst den Kontakt zur evangelischen Kirche auch nicht abbrechen. Die Versammlung stimmte dem Satzungszusatz ebenso einstimmig zu, dass der Verein weiter ein "konstruktives Miteinander" mit den beiden Kirchen am Ort pflegen will.

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