Zukunft von Medien und Politik:Was wir dürfen, was wir müssen

Edward Snowden

NSA-Mitarbeiter Edward Snowden leakte massenhaft Daten. Der Fall demonstriert, dass Regierungen, die das Maß verlieren, heute mit viel Widerstand rechnen müssen.

(Foto: Ole Spata/dpa)

Warum es keinen patriotischen Journalismus geben darf, sondern nur einen unabhängigen: vier Thesen zum verantwortungsvollen Umgang mit Staatsgeheimnissen.

Von Georg Mascolo

Am 21. August 1998 erschien in der Washington Times, dem konservativsten der Hauptstadt-Blätter, ein Report über den Al-Qaida-Anführer Osama bin Laden. Die Geschichte enthielt wenig Neues. Nur im 21. Absatz, so würde es später die Regierung behaupten, verbarg sich einer der schlimmsten Fälle von Geheimnisverrat der amerikanischen Geschichte. Bin Laden, so stand es da, bleibe "über Computer und Satelliten-Telefone mit der Welt in Verbindung".

Erst Jahre später, nach den Anschlägen des 11. September, begannen die Vorwürfe. Regierungsbeamte erklärten, Bin Laden habe direkt nach der Veröffentlichung aufgehört zu kommunizieren, keine Anrufe mehr bei Gefolgsleuten, keine Anrufe mehr bei seiner Mutter in Saudi-Arabien. Die beste Chance, ihn zu orten und zu töten, sei durch Journalisten zunichte gemacht worden. "Man kann eine direkte Verbindung zwischen der Veröffentlichung und den Ereignissen des 11. September ziehen", behauptete der frühere Chef einer CIA-Einheit, die Bin Laden erfolglos gejagt hatte. Auch US-Präsident George W. Bush wiederholte den Vorwurf.

Die Botschaft war klar: Es klebt Blut an den Händen von Journalisten, wenn sie sensible militärische Informationen oder Geheimdienst-Interna publizieren.

Inzwischen haben amerikanische Journalisten die Geschichte noch einmal überprüft, es überwiegen die Zweifel an der Darstellung der Regierung. Eine einfache Internet-Recherche förderte zutage, dass das Time-Magazin schon zwei Jahre zuvor über Bin Laden und sein Satelliten-Telefon berichtet hatte. Vor allem aber hatte die US-Regierung unmittelbar vor Erscheinen des Berichts in der Washington Times Dutzende Cruise Missiles auf ein Al-Qaida-Trainingslager abgeschossen und so versucht, Bin Laden zu töten. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass es die Bomben und nicht die Medien waren, die Bin Laden dazu brachten, seine Telefone wegzuwerfen. Dass der Terroristenführer auch später nicht getötet wurde, lag am Unvermögen der Regierung. Nicht an den Journalisten.

In Berlin glauben manche, Geheimnisverrat sei heute so üblich wie falsches Parken

Heute geht es angeblich wieder um Leben und Tod, dieses Mal nicht in Washington, sondern in Berlin. So jedenfalls behauptet es Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen, der Mann, der auch die Ermittlungen gegen zwei Journalisten von Netzpolitik.org lostrat. Nach einem Bericht des Spiegel hat Maaßen Abgeordneten des Bundestages gedroht: Eines Tages könnten die Amerikaner wegen der vielen Durchstechereien aus dem Bundestag an Journalisten die Zusammenarbeit mit den deutschen Geheimdiensten einschränken. Komme es dann zu einem Anschlag in Deutschland, seien die Parlamentarier schuld.

Maaßens schrillen Ton mögen viele in der Regierung nicht, aber seine Kritik teilen sie: Es komme einfach zu viel heraus, ein verschärfter Konkurrenzkampf der Medien, angetrieben noch von einer umtriebigen Blogger-Szene und Wikileaks, führe zu einem unhaltbaren Zustand. Die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA, die neue Nato-Strategie gegenüber Russland, Dokumente über die Verhandlungen über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP - nichts mehr bleibe vertraulich. Kanzleramts-Chef Peter Altmaier warnte unlängst: Dies alles "schade der Außen- und Sicherheitspolitik" Deutschlands. Manche der Verantwortlichen klingen, als sei Geheimnisverrat in Berlin-Mitte heute so üblich wie falsches Parken.

Wahrscheinlich deshalb haben viele im Regierungsapparat, die früh von den hoch-umstrittenen Landesverrats-Ermittlungen gegen die Netzpolitik-Journalisten Markus Beckedahl und Andre Meister wussten, auch nicht interveniert. Sondern die Sache laufen lassen. Dass der Justizminister mit Unterstützung der Kanzlerin die Sache stoppte, gefällt ihnen nicht. Sie sehen es so: Der Verrat von Staatsgeheimnissen, egal ob vorsätzlich oder fahrlässig, ist strafbar. Also müssen die Journalisten, die so etwas veröffentlichen, auch bestraft werden. So wie ein Arzt, der einen Kunstfehler begeht.

Die Akte bei der Bundesanwaltschaft kommt nun ins Archiv, ein neues Verfahren dieser Art wird es vermutlich so schnell nicht geben. Netzpolitik.org braucht keinen Anwalt, sondern einen zweiten Buchhalter für die vielen Spenden, die seit Bekanntwerden der Affäre eingehen. Aber wenn viele Medien dies zu Recht als Sieg der Pressefreiheit feiern - die Debatte wird bleiben. Welche Geheimnisse eines Staates dürfen, ja müssen Journalisten veröffentlichen? Wo verlaufen die Grenzen, und nach welchen Maßstäben entscheiden sie? Der Welt-Herausgeber Stefan Aust kommentierte: "Nicht mehr die journalistische oder politische Notwendigkeit steht da gelegentlich im Vordergrund, sondern der Triumph angesichts der zugespielten oder gehackten Datenbestände, ganz egal woher sie stammen, ganz egal zu welchem Zweck sie einem zugespielt werden." Und der BGH-Richter Thomas Fischer mahnte in einem Beitrag für Zeit Online: "Man darf auch keine Staatsgeheimnisse verraten."

Vier Thesen lassen sich treffen - die erste: Es wird weitere Leaks geben

Die Behauptung des Verfassungsschutzes, die von Netzpolitik.org veröffentlichten Unterlagen über den Ausbau der Internet-Überwachung könnten ein Staatsgeheimnis sein, glauben sie nicht einmal im Kanzleramt. Aber was ist denn nun ein Staatsgeheimnis?

In Deutschland sind solche Debatten über den sogenannten publizistischen Landesverrat seit den Tagen der Spiegel-Affäre nicht mehr geführt worden. Es lohnt also zunächst ein Blick nach Amerika, wo Fragen von Pflicht und Verantwortung der Medien seit Jahren teils erbittert erörtert werden. Amerika hat eine sehr freie Presse - und Regierungen, die vor allem nach dem 11. September für zahlreiche militärische und geheimdienstliche Exzesse verantwortlich sind. Aus den USA stammt auch das relativ neue massenhafte Leaken von Datenbeständen, zuletzt durch den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden. Bücher sind inzwischen über dieses neue Phänomen erschienen, Regierung, Journalisten, Akademiker und Think-Tanks streiten darüber. Vier erste Feststellungen lassen sich treffen.

Zum Ersten: Es wird weitergehen. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen wird es weiter zu Leaks kommen, ja, es könnte sich noch beschleunigen. Auf einer Konferenz in Washington berichtete US-Professor Peter Swire, Mitglied einer von Präsident Barack Obama eingesetzten Kommission zur Überprüfung der NSA-Praktiken, von den Sorgen der US-Regierung. Man versuche nun mithilfe technischer Vorkehrungen zu verhindern, dass ein nächster Snowden erneut riesige Datenbestände herunterlädt.

Für die US-Regierung ist Edward Snowden ein Verräter. Im Silicon Valley ist er ein Held

Ein Erfolg wäre schon, wenn sich künftige Fälle auf das Ausdrucken von Material beschränken. Papier lässt sich schlechter herausschmuggeln als ein schlichter USB-Stick. Swire zitierte einen Regierungsbeamten: "Eine Festplatte kann dir den ganzen Tag versauen." Im goldenen Zeitalter der Überwachung ist es für Regierungen und ihre Geheimdienste so einfach wie nie, enorme Datenmengen zu stehlen. Aber für Whistleblower war es auch nie einfacher, die Geheimnisse eines Staates zu stehlen.

Zweitens steigt die Wahrscheinlichkeit eines Geheimnisverrats, je umstrittener oder gar rechtswidriger eine Regierung handelt. Sind alle eigenen Beamten - oder die Abgeordneten, die die Exekutive überwachen - von Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit heikler Aktionen überzeugt, bleibt Geheimes in der Regel auch geheim. Wo aber Zweifel wachsen, kommt es zu Leaks.

Beispiel Deutschland: In diesen Tagen sind es die vertraulichen Protokolle über die TTIP-Verhandlungen, die vor allem vom Essener Recherchebüro Correctiv veröffentlicht werden, zum Ärger der EU und Bundesregierung. Da offenbar viele der eigenen Beamten und Abgeordneten Transparenz statt Geheimverhandlungen wollen, lässt sich nichts dauerhaft vor der Öffentlichkeit verbergen.

Vor allem der Fall Snowden demonstriert, dass Regierungen, die das Maß verlieren, heute mit viel Widerstand rechnen müssen: Für die US-Regierung ist Snowden ein Verräter. Fällt sein Name dagegen im Silicon Valley, gibt es donnernden Applaus für einen Whistleblower, der die Exzesse der elektronischen Überwachung offenlegt. Und gerade hier, unter den Computer-Nerds, versuchen US-Geheimdienste, ihren Nachwuchs zu rekrutieren. Sie brauchen deren technische Fähigkeiten. Einen regelrechten "kulturellen und philosophischen Riss" diagnostiziert Professor Swire. Der nächste Snowden kommt also bestimmt, vielleicht wieder aus den USA, womöglich aber auch aus Europa. Vielleicht sogar, notwendig wäre es, aus China oder Russland.

Drittens ist eine gesetzliche Regelung wie in Deutschland, die den Journalisten zum Täter macht, eine schlechte Idee. Schon die CIA träumte in den Fünfzigerjahren von einem solchen Gesetz. In einem seiner letzten Auftritte mahnte der scheidende NSA-Chef Keith Alexander strafrechtliche Sanktionen gegen Medien an.

Überzeugen konnte das US-Präsident Barack Obama offenbar nicht. Zu schmal ist der Grat für eine Regierung, die Medien mithilfe des Strafrechts zu kontrollieren und zu zensieren. Zu groß wäre die Versuchung, auch eigenes Fehlverhalten und Regelbruch mithilfe des Geheim-Stempels vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Die Folter in Abu Ghraib war ebenso ein Staatsgeheimnis wie die Foltergefängnisse der CIA. Das Abhören der Kanzlerin durch die NSA war es auch. Sollten Journalisten, die darüber berichten, vor ein US-Gericht gestellt werden?

Wegen solch schwieriger Fragen der Abgrenzung lieben vor allem Diktaturen Gesetze zum Schutz von Staatsgeheimnissen: Im Nahen Osten sind sie einer der häufigsten Anklagepunkte gegen Journalisten. In Russland dürfen Medien neuerdings nicht einmal mehr straffrei darüber berichten, wie viele Soldaten bei sogenannten Sondereinsätzen - etwa im Osten der Ukraine - gestorben sind. Statt Journalisten verfolgt die Obama-Regierung heute die Informanten und Whistleblower - die allerdings mit großer Härte und mithilfe des noch aus dem Ersten Weltkrieg stammenden "Espionage-Act". Mindestens acht solche Fälle gibt es in Obamas Amtszeit bislang. Alle seine Vorgänger, George W. Bush eingeschlossen, brachten es gerade mal auf drei Fälle. Zuletzt traf es einen von Obamas liebsten Generälen: Er soll der New York Times gesteckt haben, dass die USA mithilfe des Computerwurms "Stuxnet" den ersten Schlag im Cyber-Krieg führten. "Stuxnet" legte Teile des iranischen Uran-Anreicherungsprogramms lahm.

In den USA halten die Medien oft heikle Informationen zurück. Aus Rücksicht oder aus Feigheit?

Viertens kommt es vor allem auf die Journalisten an. Auf ihre Kompetenz und ihr Verantwortungsgefühl. In seinem gerade erschienenen Buch Das Dilemma der Staatssicherheit nennt der Princeton-Professor Rahul Sagar die "Möglichkeit von nicht autorisierten Veröffentlichungen die größte und verlässlichste Garantie" gegen staatliche Überreaktion. Aber eine grenzenlose Transparenz dürfe es ebenfalls nicht geben. Gefordert sei Mäßigung und Abwägung in den Redaktionen.

In den USA hat sich über die Jahre ein System der Selbstkontrolle und des vertraulichen Dialogs mit der Regierung entwickelt. New-York-Times-Chefredakteur Dean Baquet schilderte dem Spiegel, dass sich die US-Regierung manchmal alle zwei bis drei Wochen an das Blatt wende: DieTimes hat die Regierung zuvor mit ihren Erkenntnissen konfrontiert, diese erhebt dann Einwände aus Gründen der Geheimhaltung oder weil Menschenleben in Gefahr geraten könnten. Einmal meldete sich die CIA unmittelbar vor Redaktionsschluss bei Baquet und bat, nicht über die Existenz einer geheimen US-Drohnen-Basis in Saudi-Arabien zu schreiben. "Viele glauben, dass die Presse irgendwie feige ist und die Regierung nur anrufen und sagen muss: Veröffentlichen Sie das nicht. Das entspricht nicht der Realität. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen ich es für gerechtfertigt halte, Dinge zurückzuhalten."

Die Liste der zurückgehaltenen Informationen ist lang: Die Times schrieb lange nicht über die NSA-Überwachung in den USA, die Washington Post hielt die Namen der europäischen Länder zurück, in denen es CIA-Geheimgefängnisse gab. Vieles aus dem Snowden-Material ist bis heute nicht publiziert. Selbst der frühere CIA-Vize Michael Morell lobt Journalisten dafür: "Man muss anerkennen, dass die Reporter einige der sensibelsten Informationen nicht veröffentlicht haben." Viele Medien in den USA, auch die New York Times, sind wegen angeblich zu großer Zurückhaltung und übertriebener Nähe zur Regierung in die Kritik geraten. Snowden entschied sich deshalb, seine Unterlagen nicht der Times anzuvertrauen. Chefredakteur Baquet sagt heute, dass die Entscheidung, die Existenz der Drohnenbasis zunächst zu verschweigen (später wurde es doch publiziert) ein Fehler war. Inzwischen sagt er selbstkritisch: "Wir waren zu zurückhaltend." Die "Stuxnet"-Geschichte wurde publiziert, obwohl sie eine streng geheime Operation offenlegte. Denn warum auch sollten Medien regelmäßig und unter Applaus westlicher Regierungen etwa über Cyber-Angriffe aus Russland und China berichten, aber nicht über solche ihrer eigenen Regierung? Einen patriotischen Journalismus sollte es nicht geben. Nur einen unabhängigen.

Die unbedingte Geheimhaltung dient in Berlin leider auch dazu, Fehlverhalten zu vertuschen

Von der in Amerika üblichen Ernsthaftigkeit ist die deutsche Debatte leider weit entfernt. Zugleich bemühen sich auch deutsche Journalisten um Abwägung und Zurückhaltung. Als der Spiegel über fast eine Million von Wikileaks zur Verfügung gestellte interne US-Dokumente berichtete, blieb vieles vertraulich: die Namen von Informanten etwa, die Nato-Truppen in Afghanistan, über die Taliban berichteten. Diese Zeitung verzichtete unlängst darauf, die Suchkriterien zu beschreiben, mit denen an europäischen Grenzen nach IS-Rückkehrern gefahndet wird. Viele andere Redaktionen kennen ähnliche Fälle: Vor allem wenn es um Leib und Leben geht, ist Zurückhaltung Pflicht.

Das Staatsgeheimnis soll den Staat schützen - nicht vor Peinlichkeiten

Nach Darstellung der Bundesregierung ist es aber bis heute häufig so, dass Journalisten sie nicht einmal mit ihren Erkenntnissen konfrontierten. Damit sei jede Diskussion darüber, ob es berechtigte Gründe für eine Geheimhaltung geben könnte, unmöglich. Wahr ist allerdings auch, dass die Bundesregierung in solchen Fällen für Journalisten oft kein guter und fairer Gesprächspartner ist. Zu häufig wird in Berlin nicht unterschieden, ob ein Vorgang nur politisch heikel oder tatsächlich ein Staatsgeheimnis ist. Aber das sogenannte Staatsgeheimnis schützt den Staat. Es schützt nicht vor Peinlichkeiten. Die unbedingte Geheimhaltung dient heute in Berlin leider auch dazu, eigenes Fehlverhalten zu vertuschen.

Über die bewusste Irreführung der Öffentlichkeit bei den sogenannten No-Spy-Verhandlungen mit den USA will das Kanzleramt bis heute kaum sprechen. Begründung: geheim. Im Kanzleramt empörte man sich auch über die Berichterstattung zu der Operation "Eikonal", einer gemeinsamen Abhöraktion von BND und NSA an einem Frankfurter Internet-Knotenpunkt. Begründung: streng geheim.

Dabei legte erst die Berichterstattung offen, dass Parlament und Öffentlichkeit getäuscht wurden; sie führte zu einem regelrechten Aufstand in der einst so staatstragenden G-10- Kommission des Bundestages, die Abhörmaßnahmen der Geheimdienste in Deutschland genehmigen muss. Und sie führte schließlich zu der Erkenntnis, dass ausgerechnet der BND den USA dabei half, europäische Politiker und EU-Institutionen abzuhören. Nach wie vor unternimmt die Bundesregierung alles, um den wahren Umfang der Kooperation mit der NSA geheim zu halten.

So darf in diesen Tagen nicht das Parlament, sondern nur ein Sondermittler die Listen mit den von der NSA an den BND gelieferten Zehntausenden Suchbegriffen einsehen: Die Namen der von der NSA ausspionierten europäischen Politiker und Spitzenbeamten gelten in Berlin als Staatsgeheimnis. Was also würde ein Journalist tun, wenn er diese Listen in die Hand bekäme?

Die Namen von abgehörten Terroristen blieben geheim. Die von abgehörten europäischen Politikern müssten veröffentlicht werden. Der Geheimnisbruch, womöglich gar Landesverrat, wäre in diesem Fall geradezu Pflicht. Das Recht der Öffentlichkeit auf Information würde überwiegen.

Justizminister Heiko Maas will nun aber ohnehin überprüfen lassen, ob das Strafgesetzbuch reformiert werden muss, ob solche Veröffentlichungen in Deutschland weiter bestraft werden könnten. Die Paragrafen, die den Verrat von Staatsgeheimnissen für Journalisten unter Strafe stellen, könnten womöglich verschwinden. Umso wichtiger würden dann klare Regeln und Maßstäbe: Journalisten dürfen nur veröffentlichen, was auch im öffentlichen Interesse liegt und Menschen nicht in Gefahr bringt. Wenn es um sensible, ja geheime Vorgänge geht, sind Gespräche zwischen Regierung und Journalisten keine Kungelei oder Selbstzensur, sondern Handwerk. Denn auch die Medien müssen sich rechtfertigen für das, was sie veröffentlichen - und für das, was sie zurückhalten. Es ist eine große Verantwortung, und man muss sorgsam mit ihr umgehen.

Mit genau dieser Maßgabe hatte Edward Snowden die NSA-Dokumente an Journalisten übergeben: "Ich verlasse mich auf euer journalistisches Urteil, nur solche Dokumente zu publizieren, die die Öffentlichkeit sehen sollte und deren Veröffentlichung unschuldigen Menschen keinen Schaden zufügt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: