Streit um die Flüchtlingspolitik:Spaenle nennt Reiter "blauäugig"

Lesezeit: 2 min

Münchens CSU-Chef empört sich über die Wortwahl des Oberbürgermeisters. Dann zieht er selbst vom Leder.

Von Nina Bovensiepen, München

Das Klima zwischen der SPD und der CSU in München wird immer eisiger. Der Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle äußerte sich am Sonntag empört über die Kritik, die Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Wochenende in einem SZ-Interview am zweiten Bürgermeister Josef Schmid (CSU) geübt hatte.

"Die Äußerungen von Herrn Reiter sind unsäglich, um in dessen Wortwahl zu bleiben", sagte Spaenle der SZ. Die CSU habe in der Flüchtlingspolitik, um die es in der Auseinandersetzung geht, keine Belehrungen nötig. Zudem könne er nur jeden davor warnen, "mit so einer Wortwahl fortzufahren wie sie der Oberbürgermeister gebraucht hat".

Reiter hatte erklärt, mit den Einlassungen zur Flüchtlingspolitik während des Urlaubs des Oberbürgermeisters habe sein Vize Schmid seine Kompetenzen überschritten und falsche Signale gesetzt. Schmid hatte unter anderem falsche Flüchtlingszahlen genannt. Zudem sei es ein Fehler von Schmid gewesen, das Thema Flüchtlinge mit dem Thema Wohnraum zu verknüpfen, indem er Ostdeutschland oder auch östliche Regionen Bayerns ins Spiel gebracht habe.

Flüchtlinge in München
:Streit in der Rathaus-Koalition spitzt sich zu

"Schönreden, Abtauchen, komplett daneben": Beim Thema Asyl wird der Ton zwischen SPD und CSU immer schärfer.

Von Dominik Hutter

Stimmung auf einem absoluten Tiefpunkt

Laut Reiter wird durch die Unterbringung von Flüchtlingen keinem Münchner eine Wohnung weggenommen. "Wer das behauptet, der zündelt", hatte der Oberbürgermeister erklärt. Insbesondere diese Formulierung ist in der CSU auf großes Befremden gestoßen. "Ich weise diese Form der politischen Bewertung der Arbeit des Kollegen Schmid aufs Schärfste zurück", so Spaenle.

Die Stimmung zwischen den beiden Koalitionspartnern CSU und SPD könnte damit wohl schlechter nicht sein. Wie der massive Konflikt zwischen Oberbürgermeister und seinem Vize auszuräumen sein kann, ist derzeit völlig offen. Schmid und Reiter haben sich nicht mehr ausgesprochen, nachdem der OB aus dem Urlaub zurückgekehrt und der zweite Bürgermeister in den Urlaub gegangen ist. Auch langjährige Beobachter der Münchner Rathaus-Politik können sich an eine derart massive Auseinandersetzung zwischen der Nummer eins und der Nummer zwei in der Stadt nicht erinnern.

Nicht nur die Wortwahl stört

Ludwig Spaenle stört sich neben der Wortwahl Reiters auch an dessen inhaltlichen Einlassungen, die "blauäugig" seien. "Wenn er die Frage des Wohnraums tabuisieren will, wie will Herr Reiter bei dem Thema denn vorankommen?", so der Münchner CSU-Chef.

Die steigenden Flüchtlingszahlen bedeuteten eine dramatische Herausforderung. Es sei zwar schön, dass Reiter diese in einem guten Klima bewältigen wolle, aber es sei realitätsfremd zu glauben, dies sei auf dem bisherigen Wege ohne weiteres möglich. Wenn Josef Schmid auf solche Fakten hingewiesen habe, gehe es auch ihm darum, das positive Klima in der Stadt zu erhalten.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDieter Reiter
:"Wer das behauptet, der zündelt"

Münchens Oberbürgermeister nennt Äußerungen seines CSU-Vizes zur Flüchtlingspolitik "absolut unsäglich". Josef Schmid habe seine Kompetenzen überschritten und falsche Signale gesetzt, findet Reiter - Szenen der Zerrüttung in der Stadtspitze

Interview von Dominik Hutter und Inga Rahmsdorf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: