10 Jahre nach "Katrina":Wie sich New Orleans verändert hat

Jahrestag der Katastrophe

Die Metropole floriert

"Katrina" hinterließ mehr als 1800 Tote, zahllose Obdachlose, ein New Orleans in Trümmern. Zehn Jahre nach der großen Katastrophe floriert die Metropole am Mississippi.

"Unsere Stadt ist wiederauferstanden", verkündete der Bürgermeister von New Orleans, Mitch Landrieu, ein paar Tage vor dem zehnten Jahrestag der Katastrophe. In den frühen Morgenstunden des 29. August 2005 traf ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten von 200 km/h die Südküste der USA: Katrina. Der Hurrikan brachte Vernichtung über die Stadt am Mississippi - und bescherte ihr eine Renaissance. Landrieu sprach von einer Geschichte von "Tragödie und Triumph, Wiedergeburt und Erlösung", die auf einer kollektiven Eigenschaft der Bürger gründe: "Widerstandskraft".

1800 Menschen tötete Katrina allein an der US-Golfküste, die meisten starben in New Orleans. Die knapp 400 000-Einwohner-Metropole war auf die Katastrophe völlig unzulänglich vorbereitet. Als die maroden Deiche brachen, wurden 80 Prozent der Stadt überschwemmt. Die Wassermassen schwollen auf bis zu sechs Meter Höhe an, verzweifelte Einwohner retteten sich auf Dächer - sofern die Häuser noch standen.

Menschen, die nach den ersten Warnungen die Stadt nicht verlassen hatten, weil sie kein Auto besaßen oder ihnen das Geld für eine Fahrkarte fehlte, fanden Zuflucht im Superdome, dem Football-Stadion der Stadt. Doch dort fehlte es am nötigsten, die staatliche Hilfe kam viel zu spät. Ganze vier Tage dauerte es, bis die ersten Lkw mit Nahrung und Wasser für Zehntausende gestrandeter Menschen eintrafen. Schließlich wurde praktisch die gesamte Stadt evakuiert.

New Orleans ist geschrumpft

Nachdem Katrina weitergezogen war, dauerte es Wochen, bis die Fluten abgepumpt waren und die systematische Suche nach Toten begann. Und es dauerte Monate, bevor die Geflohenen in ihre Häuser zurückkehren konnten. Viele kehrten nie zurück, New Orleans hat heute etwa 100 000 Einwohner weniger als vor dem Hurrikan. Katrina war eine der schwersten Katastrophen der US-Geschichte. So synonym steht der Sturm für Tod und Zerstörung, dass er für immer von der Namensliste der World Meteorological Organization gestrichen wurde. Und auch New Orleans hat sein Trauma noch nicht überwunden.

Gleichwohl erlebt die Stadt zehn Jahre später einen ungebrochenen Aufschwung. New Orleans ist angesagt, bei Touristen wie Investoren. In den vergangenen fünf Jahren wurden 14 000 neue Jobs geschaffen. Es gibt 600 Restaurants mehr als vor Katrina und die Hotels sind besser belegt als damals. Mit ihrem Mix aus ausschweifendem Partyleben, vibrierender Musikszene, kreolischer Küche, Kolonialarchitektur und Flusspanorama zieht die Stadt längst wieder Besucher aus der ganzen Welt an.

Aus den Ruinen ist nicht einfach das alte New Orleans wiederauferstanden. Die Stadt hat sich gewandelt, wie Sean Cummings, ein am Wiederaufbau der Innenstadt beteiligter Bauunternehmer, hervorhebt. "So wie ein Individuum in einer traumatischen Phase" habe sich die Stadt nach Katrina die selbstkritische Frage gestellt: "Führe ich das Leben, das ich führen sollte?". Zu den positiven Seiten dieser Wandlung gehört auch die deutlich gesunkene Kriminalität - sie lag 2014 auf dem niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahrzehnten.

Andererseits sind viele Katrina-Schäden längst nicht beseitigt. Weiterhin müssen Häuser, Läden, Krankenhäuser und Deiche aufgebaut werden. Und die sozialen Gegensätze in der Stadt sind nach wie vor extrem: In den Armenvierteln liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei gerade einmal 54 Jahren - 25 Jahre niedriger als in wohlhabenden Stadtteilen.

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