Balkanstaaten:Serbien und Kosovo erzielen Durchbruch in Streitfragen

  • In den Verhandlungen über eine Normalisierung ihrer Beziehungen sind Serbien und Kosovo ein wesentliches Stück vorangekommen.
  • Einer der zentralen Punkte betrifft die Situation der serbischen Minderheit in Kosovo. Für diese wurden dem serbischen Ministerpräsidenten zufolge "umfassende Befugnisse" vereinbart.
  • Die Lösung ihrer Konflikte ist die Voraussetzung für die Annäherung der beiden Balkanstaaten an die EU.

Einigung in Streitfragen

Serbien und Kosovo haben sich in ihrem seit Langem schwelenden Konflikt in wesentlichen Streitpunkten geeinigt. "Das heutige Ergebnis stellt einen richtungsweisenden Erfolg im Prozess der Normalisierung dar", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstag nach Gesprächen mit den Regierungschefs beider Länder, Aleksandar Vučić und Isa Mustafa, in Brüssel.

Eine der wichtigsten Abmachungen betrifft die Integration der serbischen Minderheit in Kosovo. Die auf 50 000 Menschen geschätzte serbische Minderheit lebt hauptsächlich im Norden des Kosovo, ansonsten wird das Land fast nur noch von Albanern bewohnt. Strittig war die Frage, mit welchen Rechten die serbischen Gemeinden ausgestattet werden sollen.

Serbiens Ministerpräsident Vučić sprach nun von "umfassenden Befugnissen" für die serbische Minderheit. "Wir bringen gute Vereinbarungen mit nach Hause", kündigte er im staatlichen TV-Sender RTS an.

Medienberichten zufolge darf die serbische Minderheit eine "parlamentarische Versammlung" sowie einen Präsidenten und Vizepräsidenten wählen. Sie erhält zudem Finanzhilfen aus Belgrad.

Andere Vereinbarungen betreffen Konflikte in der Energie- und Wasserversorgung, der Telekommunikation und der Verkehrsinfrastruktur. Auch bezüglich der Öffnung einer von Serben blockierten Brücke über den Ibar-Fluss in der zwischen Serben und Albanern geteilten Stadt Mitrovica wurde eine Einigung erzielt.

Wichtiger Schritt für Anbindung an die EU

Den beiden Balkanstaaten war eine weitere Annäherung an die Europäische Union in Aussicht gestellt worden, wenn sie ihre Konflikte lösen. Mogherini sagte, die erzielten Vereinbarungen würden beide Seiten in die Lage versetzen, "auf ihrem europäischen Weg voranzukommen".

Das zu mehr als 90 Prozent von ethnischen Albanern bewohnte Kosovo war nach dem Kosovo-Krieg 1998/1999 unter internationale Verwaltung gestellt worden. 2008 erklärte sich die frühere serbische Provinz einseitig für unabhängig. Mehr als 90 Länder, darunter die USA und die meisten EU-Staaten, erkennen die Unabhängigkeit mittlerweile an, nicht jedoch Serbien.

Auch die serbische Minderheit im Kosovo akzeptiert die Souveränität des Kosovo nicht. Besonders im serbisch dominierten Norden sind die ethnischen Spannungen groß. Für Zündstoff sorgen überdies Forderungen der albanischen Minderheit in Serbien nach Autonomie oder sogar den Anschluss an Kosovo.

2013 schlossen Belgrad und Priština unter Vermittlung der Europäischen Union ein Abkommen zur Normalisierung ihrer Beziehungen. Die Vereinbarung ermöglichte es Serbien, im Jahr darauf Beitrittsgespräche mit der EU aufzunehmen. Auch Kosovo will der Europäischen Union beitreten.

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