Ende der Reise:Wiegen und fliegen

Dass Koffer am Flughafen genau gewogen und vermessen werden, daran hat man sich gewöhnt. Aber einige Airlines wollen jetzt auch das Gewicht ihrer Passagiere genau ermitteln - das wirft einige Fragen auf.

Von Leonie Gubela

Bislang wurde an Flughäfen nur zu gerne mit zweierlei Maß gemessen. Denn anders als beim Passagier, der sich selbst bei 2,50 Meter Körpergröße und 180 Kilogramm für den gleichen Preis in den Flugzeugsitz fallen lassen kann wie die zierliche Dame nebendran, gibt es für das Gepäck klare Vorgaben. Die Konfrontation mit den Koffer-Pfunden findet gleich an mehreren Stationen statt: Schon in der Eingangshalle des Terminals warten Waagen für die Selbstkontrolle, ehe bei der Gepäckabgabe am Check-in-Schalter klare Tatsachen geschaffen werden. Noch härter hat es das Handgepäck, wo es nicht nur ein Höchstgewicht von acht Kilogramm zu berücksichtigen gilt. Wie einer flunkernden Model-Anwärterin, der von Heidi Klum persönlich das Maßband angesetzt wird, muss sich das verdächtige Stück in einem vorgefertigten Behältnis mit den Koffertraummaßen 55-45-25 verstauen lassen können.

Die zentralasiatische Fluggesellschaft und angeblich sogar überregional bekannte Uzbekistan Airways will die Diskriminierung des Gepäcks jetzt ein für alle Mal beenden: Der Besitzer soll von nun an mit auf die Waage. Im Grunde ist das nur ein weiterer, völlig logischer Schritt in der lange überfälligen Gleichstellung von Mensch und Koffer, die bei den Sicherheitskontrollen dank der Einführung des Bodyscanners längst geschaffen wurde. Nur besonders sensible Schwergewichte sind den ambitionierten Plänen der usbekischen Fluglinie nicht gewogen und fürchten eine Erörterung der eigenen Leibesfülle vor einer gaffenden Schlange Mitreisender sowie die Offenlegung der Daten. Doch die würden freilich streng vertraulich behandelt, beschwichtigt Uzbekistan Airways, es gehe allein um die Sicherheit. Mit dem "Preflight-Weighing" wolle man lediglich das Gewicht des Fliegers errechnen. Das Wiegen bedeute keinesfalls, dass der etwas beleibtere Gast von nun an zur Kasse gebeten werde, betonen die Sprecher der Fluggesellschaft.

Die kleine, im Südpazifik verkehrende Samoa Air ist da weniger zartbesaitet. Seit drei Jahren werden die Ticketpreise auf "Pay-As-You-Weigh"-Basis ermittelt - bei der Flugbuchung muss in einem Online-Formular neben herkömmlichen Personalien auch das Körpergewicht angegeben werden. Wer schummelt, wird beim Einchecken per Waage entlarvt - wie sonst nur Koffer oder Rucksack. Wie erleichternd ist da doch die Gewissheit, dass sich der Reisende vor Flugantritt wenigstens noch nicht in die airlineeigene Passagierpassform pressen muss.

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