Kanzlerin in Heidenau:"Wir sind das Pack" - Rechte pöbeln gegen Merkel

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  • Kanzlerin Angela Merkel reist zum Flüchtlingsheim in Heidenau - und wird dort mit Buhrufen und rechtsextremen Parolen empfangen.
  • Merkel betont, es gebe "keine Toleranz" gegenüber Rechtsextremen.
  • Sie würdigt die vielen Helfer, die es ermöglicht hätten, die Erstaufnahmeeinrichtung in dem sächsischen Ort in wenigen Tagen einzurichten.
  • Explizit dankt sie denen, die "Hass ertragen müssen" und das tun.

Buhrufe für Merkel in Heidenau

Am Wochenende kam es vor der Notunterkunft für Flüchtlinge im sächsischen Heidenau zu massiven Ausschreitungen von Rechtsextremen. Nach dem Besuch von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) am Montag verschafft sich nun auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Bild von der Lage. Als sie ankommt, wird sie von Demonstranten mit Buhrufen empfangen.

Gegenüber vom Flüchtlingsheim versammelt sich eine Gruppen von etwa 200 Demonstranten. Einige von ihnen sind an ihrer Kleidung und durch darauf zu sehende Symbole eindeutig als rechtsextrem erkennbar. Sie machen durch Trillerpfeifen auf sich aufmerksam und skandieren Slogans der Pegida-Bewegung wie "Lügenpresse" und "Wir sind das Volk" sowie den Nazi-Terminus "Volksverräter".

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Von Hannah Beitzer, Berlin

Auch der Ruf "Wir sind das Pack" ist zu hören, eine Anspielung auf Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Dieser hatte bei einem Besuch in Heidenau die Rechtextremen, die sich am Wochenende vor der dortigen Flüchtlingseinrichtung schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert hatten, als "Pack" bezeichnet.

Merkel: Dank an Helfer, die "Hass ertragen"

Lange war beklagt worden, Merkel äußere sich nicht klar genug zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen. Nach ihrem Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung findet die Kanzlerin jedoch deutliche Worte: "Es gibt keine Toleranz gegenüber denen, die die Würde anderer Menschen infrage stellen. Es gibt keine Toleranz gegenüber denen, die nicht bereit sind, zu helfen, wo rechtlich und menschlich Hilfe geboten ist", sagt sie im Anschluss an Gespräche mit Flüchtlingen und Helfern in der Notunterkunft.

Merkel dankt explizit den vielen Helfern vor Ort. Vor allem denen, die "Hass ertragen müssen" und das tun. Je mehr Menschen dabei mithelfen würden, "umso stärker werden wir sein".

Merkel betont, dass die menschliche und würdige Behandlung hilfsbedürftiger Menschen "Teil unseres Selbstverständnisses" ist. "Deutschland hilft, wo Hilfe geboten ist", sagt sie. Das müsse nun natürlich in die Praxis umgesetzt werden, in einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen. Dafür seien auch Gesetzesänderungen notwendig. Merkel spricht von einer "riesigen Herausforderung", die nur zusammen zu bewältigen sei.

Ihre Abfahrt wird begleitet von neuen Rufen und Hupkonzerten der Demonstranten. "Verpiss dich!", ruft einer der Fremdenfeinde der Kanzlerin hinterher.

Tillich spricht mit Gegnern des Flüchtlingsheims

Einige Minuten vor Merkel war Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich bei der Notunterkunft angekommen, die in einem ehemaligen Baumarkt eingerichtet worden ist. Er unterhielt sich mit Gegnern des Flüchtlingsheims. Diese beschwerten sich, dass sie vom SPD-Vorsitzenden Gabriel als "Pack" bezeichnet wurden. Sie hätten nur friedlich demonstriert.

Um die Sicherheit der Flüchtlinge in der Einrichtung zu sichern, hatte die Polizei eine Schutzzone eingerichtet. Beim heutigen Merkel-Besuch wird die sächsische Polizei von Beamten aus Hannover unterstützt. Bisher halten sich die Demonstranten aber an die Sicherheitszone.

© SZ.de/dpa/anri/mane/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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