Flüchtlinge:So funktioniert das Asylverfahren

Tausende Flüchtlinge schlagen sich jeden Monat nach Deutschland durch. Und was passiert dann?

Von Katharina Brunner

Schritt 1: Nach Deutschland kommen

Als erstes kommt das Zauberwort. Wenn die Flüchtlinge, die seit Monaten zu Tausenden nach Deutschland kommen, auf Polizisten treffen, dann sagen sie ein Wort: "Asyl". Das ist aber noch kein Antrag, sondern lediglich eine Bitte, die das Verfahren in Gang bringt.

Flüchtlinge: Flüchtlinge kommen auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland, oft haben sie keine gültigen Papiere bei sich.

Flüchtlinge kommen auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland, oft haben sie keine gültigen Papiere bei sich.

(Foto: Illustrator: Jessy Asmus)

Schritt 2: Nach Bundesländern aufteilen

Kommen Menschen nach ihrer Flucht in Deutschland an, ist erst einmal alles easy, zumindest angeblich. Denn Easy - Erstverteilung von Asylbegehren - heißt das System, nach dem ein Platz in einer Erstaufnahme-Einrichtung ermittelt wird. Dahinter steht der "Königsteiner Schlüssel", der den Anteil jedes Bundeslandes festlegt. Reiche Bundesländer und solche mit vielen Einwohnern nehmen mehr Flüchtlinge auf als andere.

Flüchtlinge: Nach der Registrierung wird entschieden, in welchem Bundesland die Prozedur weitergeht.

Nach der Registrierung wird entschieden, in welchem Bundesland die Prozedur weitergeht.

(Foto: Illustrator: Jessy Asmus)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge orientiert sich bei der Verteilung aber nicht nur an der offiziellen Quote, es haben sich auch gewisse Schwerpunkte herausgebildet: Menschen aus dem Libanon etwa kommen meist nach Niedersachsen und Sachsen, Flüchtlinge aus dem Kongo nach München.

Schritt 3: Den Antrag stellen

Fingerabdrücke, Fotos, Personenangaben: Wer in Deutschland einen Antrag auf Asyl stellen will, wird von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Anträgen bei Behörden gibt es dafür kein Formular, das mit der Post geschickt werden kann: Flüchtlinge müssen den Asylantrag persönlich in ihrer Erstaufnahme-Einrichtung stellen. Dort gibt es Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, deren Mitarbeiter über die Anträge entscheiden.

Flüchtlinge: Der Asylantrag kann nur persönlich beim Amt gestellt werden.

Der Asylantrag kann nur persönlich beim Amt gestellt werden.

(Foto: Illustrator: Jessy Asmus)

Schritt 4: Das Dublin-Verfahren überstehen

Die EU-Länder haben unter sich ausgemacht, wer für Asylanträge zuständig ist, wenn Flüchtlinge beispielsweise mit einem Boot nach Italien kommen und dann weiter nach Deutschland reisen. Die Regel: das Land, das die Person zuerst betreten hat. Die Bootsflüchtlinge müssten ihren Antrag also meist in Griechenland oder Italien stellen. Mit einer EU-weiten Datenbank können Mitarbeiter des BAMF überprüfen, ob das zutrifft. Wenn ja, so heißt es im offiziellen Sprachgebrauch, werden die Menschen überführt, also ausgewiesen.

Tatsächlich tritt dieser Fall aber immer seltener ein: Im zweiten Quartal dieses Jahres wurden lediglich 931 Asylbewerber tatsächlich überstellt - also nur jeder dreizehnte Flüchtling, für dessen Asylantrag das BAMF eigentlich ein anderes EU-Land für zuständig hielt.

Schritt 5: Wichtige Fragen in der Anhörung beantworten

Der wichtigste Termin ist die Anhörung. Der BAMF-Mitarbeiter, der über den Antrag entscheidet, stellt entscheidende Fragen: Was sind die Gründe der Flucht? Welche Verfolgung und Bedrohung gab es konkret? Gibt es dafür Beweise wie Briefe oder Medienberichte? Was würde bei einer Rückkehr passieren?

Diese Anhörungen sind nicht öffentlich. Neben dem BAMF-Mitarbeiter dürfen zwei weitere Personen anwesend sein: ein Dolmetscher und eine Vertrauensperson.

Während der Anhöhrung entsteht ein schriftliches Protokoll, auf dessen Basis entschieden wird. Tonaufnahmen oder Wortprotokolle gibt es nicht. Fallen dem Asylbewerber später noch wichtige Dinge ein, kann es sein, dass sie wegen "verspäteten Vorbringens" ignoriert werden.

Flüchtlinge: Das Protokoll sollte geprüft werden.

Das Protokoll sollte geprüft werden.

(Foto: Illustration: Jessy Asmus/ Sz.de)

Es ist vorgesehen, dass dieses Gespräch kurz nach dem Antrag stattfinden soll. Aufgrund der großen Anzahl an Asylsuchenden kann es aber auch Monate dauern, bis ein Termin gefunden ist.

Schritt 6: Den gesetzlichen Schutz prüfen lassen

Das Asyrecht ist ein Grundrecht, garantiert im Artikel 16a des Grundgesetzes. Doch in der Praxis kommt dieses Grundrecht kaum zur Anwendung, im ersten Halbjahr nur in einem Prozent der Fälle. Denn auf das Asylrecht kann sich laut Artikel 16a nicht berufen, wer über ein sicheres Drittland - etwa Österreich - einreist.

Ist ein Asylantrag erfolgreich, dann in den meisten Fällen auf Grundlage des §3 Asylverfahrensgesetz, weil der Asylsuchende den BAMF-Mitarbeiter von einer "begründeten Furcht vor Verfolgung" überzeugen kann. Gründe, die anerkannt werden, sind Verfolgung auf Grund von:

  • Rasse
  • Religion
  • Nationalität
  • politischer Überzeugung oder
  • der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Homosexualität)

Bleiben darf auch, wem das Amt "subsidiären Schutz" nach §4 Asylverfahrensgesetz zubilligt, weil im Heimatland etwa die Todesstrafe oder unmenschliche Behandlung drohen.

Flüchtlinge: Asylheime sind keine Bleibe auf Dauer.

Asylheime sind keine Bleibe auf Dauer.

(Foto: Illustrator: Jessy Asmus)

Schritt 7: Asyl - ja oder nein?

Die Entscheidung des Bundesamt-Mitarbeiters bekommt ein Asylsuchender als Bescheid per Brief. Ist der Bescheid negativ, fordert der Staat die Person auf, auszureisen. Passiert das nicht freiwillig, droht Abschiebung.

Gegen die Entscheidung kann ein abgelehnter Asylsuchender innerhalb von zwei Wochen klagen - allerdings nur, wenn der Antrag nicht "offensichtlich unbegründet", also vollkommen unglaubwürdig, oder "unzulässig" ist, weil ein anderer EU-Staat für die Person zuständig ist.

Genehmigt das BAMF den Antrag, bekommt die Person eine Aufenthaltserlaubnis. Sie gilt bei anerkannten Flüchtlingen für drei Jahre, anschließend bekommt sie eine unbefristete Niederlassungserlaubnis, falls sich die Verhältnisse in ihrem Heimatland nicht geändert haben. Wer einen subsidiären Schutzstatus hat, darf mindestens ein Jahr bleiben. Die Aufenthaltserlaubnis wird danach um jeweils zwei Jahre verlängert, wenn die Schutzgründe noch bestehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: