Michael Liendl bei 1860 München:Lustfußballer für die Löwen

Lesezeit: 3 min

"Ich bin jetzt nicht der Spielertyp, der gerne in der Luft herumspringt. Ich will den Ball am Boden haben." - Michael Liendl, 29. (Foto: Philippe Ruiz)
  • Zugang Michael Liendl könnte den verletzten Stephan Hain in der Startelf ersetzen. Möglich, dass 1860 dann nur noch mit einem Stürmer spielt.
  • In Düsseldorf schoss Liendl elf Tore in 52 Spielen und gab 13 Vorlagen. Zuletzt war seine Situation aber schwierig geworden.
  • Der Wechsel nach München ist für den 29 Jahre alten Liendl wohl die letzte Chance, noch einmal in der österreichischen Nationalmannschaft zu spielen.

Von Markus Schäflein

Michael Liendl erhält beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München die Rückennummer zehn, und alleine das bringt selbstredend eine gewisse Erwartungshaltung mit sich. Der Zehner, das ist ja der Spielmacher, der Ballverteiler, der Begnadete - eine Rolle, von der man eine Zeit lang gar glaubte, dass sie in der zweiten Liga zu den aussterbenden Arten gehörte. Als der frühere 1860-Trainer Ricardo Moniz seinen Lieblingsbrasilianer Leonardo auf die Zehn stellen wollte, hieß es an der Grünwalder Straße, diese Position gebe es doch gar nicht mehr.

"Ich bin jetzt nicht der Spielertyp, der gerne in der Luft herumspringt", sagte Liendl, der für rund 400 000 Euro von Fortuna Düsseldorf kam, bei seiner Vorstellung. "Ich will den Ball am Boden haben." Die neue Spielweise des TSV 1860, die Trainer Torsten Fröhling zu etablieren versucht, habe daher den Ausschlag für den Wechsel gegeben, erklärte der Österreicher: "Sechzig hat eine Mannschaft, die Fußball spielen will, was für mich sehr wichtig ist. Die letzten paar Spiele hat sie einen sehr guten Ball gespielt."

Druck? "Damit kann ich ganz gut umgehen"

Vermutlich wird eigens für Liendl das System etwas geändert - wenn er, wie zu vermuten ist, den verletzten Stephan Hain in der Startelf ersetzt. Dann würden die Löwen nur noch mit einem Stürmer spielen. "Ich mache lieber ein bisschen hängend das Spiel, statt ganz vorne an der Front zu spielen", sagte Liendl.

TSV 1860 München
:Nach fröhlingscher Arithmetik auf Platz acht

Torsten Fröhling rechnet vor, dass der TSV 1860 München vier Punkte mehr haben müsste. Um endlich ins Tor zu treffen, denkt der Trainer nun über eine Systemumstellung nach.

Aus dem Stadion von Christopher Gerards

52 Einsätze für die Fortuna mit elf Toren und 13 Vorlagen zeigen, dass Liendl die Zehnerrolle in der zweiten Liga ausfüllen kann - an der Grünwalder Straße sind die Erwartungen aber immer gleich höher als anderswo. Davon lässt sich der 29-Jährige aber nicht beeindrucken. "Der Druck auf meine Person war in Düsseldorf auch schon sehr hoch", berichtet er, "damit kann ich ganz gut umgehen."

Zuletzt allerdings hatte er keine große Lust mehr, mit der Situation bei der Fortuna umzugehen. Er war zwar zu Saisonbeginn immer noch Stammspieler, doch erspürte den Rückhalt nicht mehr wie gewünscht. Als er im Winter 2014 vom Wolfsberger AC aus Österreich nach Düsseldorf kam, war noch Helmut Schulte Sportvorstand bei der Fortuna, "er wollte mich haben", sagt Liendl. Im Mai diesen Jahres wurde Schulte entlassen, und sein Nachfolger Rachid Azzouzi sowie der jetzige Trainer Taskin Aksoy wollten Liendl wohl nicht mehr unbedingt.

"Er ist bei der Fortuna absoluter Stamm- und Führungsspieler gewesen und war nicht so einfach loszueisen", sagte zwar Necat Aygün, der Langzeit-Übergangs-Sportchef des TSV 1860 München, aber das war nur ein Teil der Geschichte. Er habe sich in Düsseldorf "gewisse Dinge anders erwartet, aber auch das ist Fußball", sagte Liendl, "ob ich dort hundert Prozent Rückendeckung gespürt habe, ist im Nachhinein nicht so wichtig."

Er strebt noch immer in die österreichische Nationalmannschaft, für die er bislang einen Einsatz aufweist; mit 29 Jahren drängt die Zeit. Der Wechsel zu den Löwen, bei denen er mit Nationalspieler Rubin Okotie zusammenspielen wird, ist in dieser Hinsicht die wohl letzte Chance. "Klar ist das ein Thema, jeder Spieler, der auf diesem Level spielt, muss dieses Ziel haben", sagte Liendl. "Ich hoffe, dass ich nach guten Leistungen bei 1860 wieder eine Einladung bekomme."

Weder ein "Münchner Kindl" noch ein "Löwen-Baby"

Die besseren Perspektiven veranlassten Liendl zu einem Wechsel, der in privater Hinsicht ungelegen kommt; seine Frau ist hochschwanger und wird das Kind noch in Düsseldorf zur Welt bringen. Es wird also weder ein "Münchner Kindl" noch ein "Löwen-Baby", wie es sich die Boulevardpresse gewünscht hätte. "Wenn eine Frau zwei Wochen vor der Geburt steht, ist so ein Transfer natürlich schwierig", sagte Liendl. "Wir haben noch keine Wohnung in München, sie hätte im Hotel wohnen müssen, es hätte keinen Sinn gehabt, wenn sie mitgekommen wäre."

Der Geburtstermin liegt in der Länderspielpause; Liendl hofft daher, dass er trotz des Wechsels dabei sein kann. Kurz darauf reist er dann erneut nach Düsseldorf - zum Auswärtsspiel. "Es ist natürlich komisch, so kurz nach dem Transfer wieder dort zu spielen", sagte Liendl, "aber daran will ich jetzt noch gar nicht denken." Sondern nur an die erste Partie mit den Löwen, am Montagabend in Bochum. Ob Liendl dann nach nur wenigen Trainingseinheiten mit den Löwen schon von Beginn an spielt, ist offen.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: