Bei uns in Hamburg:Auf der Schippe

In Hamburg kennt man sich aus mit allen Facetten des Spotts. Hamburg hat der Welt Karl Lagerfeld geschenkt und sich selbst das Hamburger Wetter. Da ist es nur logisch, dass in Hamburg auch die eigenen Unzulänglichkeiten gnadenlos benannt werden.

Von Angelika Slavik

In Hamburg kennt man sich aus mit allen Facetten des Spotts. Hamburg hat der Welt Karl Lagerfeld geschenkt und sich selbst das Hamburger Wetter, mehr muss man eigentlich nicht sagen: Das Hamburger Wetter beschert, zumal im Sommer, auch noch dem Einwohner des ödesten Kuhdorfs ein Gefühl gottgewollter Überlegenheit, schließlich darf er sich mit Stechmücken und Sonnenbrand rumplagen, Sommerproblemen eben, während die hanseatischen Schnösel Ende August ihre Wintermäntel ausführen müssen. Es kommt doch immer mal wieder ein Schauer, nicht wahr? Karl Lagerfeld wiederum hat den Spott auf ein völlig neues Niveau geführt, er hat ihn als Grundhaltung etabliert und bleibt dabei doch stets und fast schon rührend gerecht: Anzugfuzzis und Jogginghosenträger, Kanzlerinnen und Männermodels, jeder kriegt von Lagerfeld ungefragt eine vor den Latz geknallt.

Da ist es nur logisch, dass in Hamburg auch die eigenen Unzulänglichkeiten gnadenlos benannt werden. Und die größte Unzulänglichkeit Hamburgs ist die Elbphilharmonie. Die Elbphilharmonie soll irgendwann mal ein Konzerthaus werden, bis dahin ist sie so etwas wie die hanseatische Variante des Berliner Flughafens - irgendwas ist immer. Der BER und die Elbphilharmonie teilen zudem das aktuell angestrebte Eröffnungsdatum, das da lautet: vielleicht möglicherweise 2017 oder auch nicht. Viel Zeit also, um sich in der Kunst des Spottens zu üben.

Die Betreiber des Miniaturwunderlands, einer Art Modellbau-Erlebnispark, gehen da mit gutem Beispiel voran und schicken in diesen Tagen Autos mit Werbeaufklebern durch die Stadt. Darauf steht: "Wunder gibt es immer wieder!" Und ein dezenter Hinweis darauf, dass die Elbphilharmonie bei ihnen durchaus schon in Betrieb ist - die Modellbauer haben die großen Bauherren überholt. Im Miniaturwunderland kann man das Konzerthaus schon besichtigen, sogar mit musikalischer Untermalung. Auch die Menschen des Teeproduzenten Messmer warben schon mit einem bösen Bild der Elbphilharmonie-Baustelle, frei nach dem Motto: "Abwarten und Tee trinken." Und die Billigfluggesellschaft Easyjet? Die ließ ihre Werbung gleich direkt auf den Boden vor der unglückseligen Baustelle sprühen: "Wir bringen Sie zu fertigen Sehenswürdigkeiten!" Und das ab 39 Euro pro Strecke, das ist doch mal ein Angebot, oder?

Himmel, nett ist das wirklich nicht. Aber wie hat schon der alte Lagerfeld gesagt: "Hamburg ist das Tor zur Welt - aber eben nur das Tor."

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